Himbeerkuchen mit Rosengelee und Milcheis
Alexander Hess in Deidesheim kocht groß auf im neuen Gault Millau – Weitere Aufsteiger: Christian Knefler in Frankweiler und Alexander Oos in Trittenheim
Küchenchef Alexander Hess vom neueröffneten „Freundstück“ in Deidesheim ist für die französische Gourmet-Bibel Gault Millau die kulinarische Entdeckung des Jahres in Rheinland-Pfalz. In die Phalanx der 25 besten Köche des Landes kochten sich auch Christian Knefler vom Frankweiler Restaurant „Weinstube Brand“ und Alexander Oos vom Trittenheimer „Wein- und Tafelhaus“ in der jetzt erscheinenden Deutschlandausgabe 2007.
Hess, „der vom Start weg deutlich machte, dass er seine Zeit bei großen deutschen Köchen nutzte, gefiel besonders durch das feine Gefühl für Harmonie: köstlich seine Variation von Thunfisch mit Ananas oder das optimal gebratene Wolfsbarschfilet auf hervorragendem Gemüse mit Olivengnocchi und feiner Thymiansauce“. Er bekam vom Gault Millau, der nach dem französischen Schulnotensystem urteilt, 16 von 20 möglichen Punkten, die für einen „hohen Grad an Kochkunst, Kreativität und Qualität“ stehen. Eine höhere Note haben in Rheinland-Pfalz nur 9 Köche.
Knefler bot „kräftige Aromen sowohl beim Blut- und Leberwurststrudel mit Kartoffel/Meerrettich-Brei und Sauerkraut als auch beim chinesisch gewürzten Stubenküken mit feinster Sauce auf Sojabasis, jungen Erbsenschoten und Möhren/Ingwer-Törtchen“. Alexander Oos, der „ambitioniert im Mainstream mit populären Stilelementen und Produkten aus aller Welt kocht“, beeindruckte durch „Meeresfrüchtesalat mit guten Jacobsmuscheln und Hummer sowie Perlhuhnröllchen mit Gemüserisotto“. Beide verbesserten sich auf 15 Punkte und zählen damit zu den 25 besten Köchen zwischen Rhein und Mosel.
Ihre Spitzenplätze in der kulinarischen Hitparade des Landes verteidigten souverän Helmut Thieltges vom „Waldhotel Sonnora“ in Dreis bei Wittlich und Hans-Stefan Steinheuer von „Steinheuers Restaurant zur alten Post“ in Bad Neuenahr. Thieltges bekam wieder die Höchstnote 19,5 Punkte, Steinheuer erneut 19. Beide gehören damit zu den 7 besten Köchen in Deutschland.
Thieltges, bei dem „ Perfektion bis ins geringste Detail Evangelium ist“, brillierte mit „harmonisch gerundeten Kulinarkunstwerken auf betörenden Tellern wie die hierzulande nirgendwo übertroffene Entenbrust mit Gewürzhaut, glacierten Nektarinen und Farce aus Gänseleber und Entenkeule im Wirsingblatt oder in der Schale gegrillte Langustine inmitten von Tintenfischen auf schmeichelndem Schneckenrisotto“. Steinheuer, „einer der Kreativsten und Intelligentesten an deutschen Herden, imponierte „mit Geistesblitzen wie Landei mit Kaviar und Speckschaum, Steinbutt mit Schneckenkruste, Pastis/Schnecken-Sauce und Süßkartoffelpüree, Himbeeren auf bretonischem Mürbeteig mit Rosengelee und Milcheis“.
Ihre 17 Punkte aus dem Vorjahr erreichten wieder durch interessante Gerichte: Wolfgang Becker von „Becker’s Restaurant“ in Trier („fast roher, sehr zarter Thunfisch auf Ingwer-Möhren mit Limonenschaum“), Jörg Glauben vom „Tschifflik“ in Zweibrücken („Entenbrust auf gegrillter Ananasscheibe, umrahmt von Mangoldgemüse und Entenfleisch im Ausbackteig, mit aromareicher Sauce aus Tonkabohnen“), Karl Emil Kuntz von der „Krone“ in Herxheim („typisches Gericht für die manchmal geradezu anstrengende Üppigkeit und Großzügigkeit: im Wirsingblatt gebackene Praline von Wachtel und Gänseleber auf karamellisiertem Apfel/Sellerie-Würfeln in kräftiger Glasur von Aceto Balsamico und Meaux-Senf“), Johann Lafer vom „Le Val d’ Or“ in Stromberg („schöner als bei Pfirsichsoufflé mit mildem Ingwereis oder dreierlei Crème brûlée mit fernöstlichen Aromen können die Blutzuckerwerte nicht klettern“), Dieter Luther vom Restaurant „Luther“ in Freinsheim („dass ihm nach Jahren der Avantgarde noch immer etwas einfällt, zeigt er beim Salat von Kaninchenrücken mit Gänseleberparfait und Orangen/Chili-Chutney“), Stefan Neugebauer vom „Schwarzen Hahn“ in Deidesheim („die Desserts wie etwa die Kombination von Weinbergpfirsich und weißer Schokolade mit Olivenöleis sind kleine Kunstwerke“) und Harald Rüssel vom „Landhaus St. Urban“ in Naurath bei Trier („ein Meisterwerk ist die Rotbarbe mit tiefer Krustentiersauce, ganz zartem und unaufdringlichem Salat von rohen Artischocken und gerösteten Brotscheiben“).
Die Tester beschrieben und bewerteten dieses Jahr insgesamt 101 Restaurants in Rheinland-Pfalz. 89 Küchenchefs zeichneten sie mit einer oder mehreren Kochmützen aus, wofür die Künstler am Herd mindestens 13 von 20 möglichen Punkten erreichen mussten, was einem Michelin-Stern nahe kommt. Das gelang auch den erstmals bewerteten Lokalen „Lohspeicher“ in Cochem und „Maus im Mollers“ in Mainz (beide 14/20) sowie „Gaul’s“ in Mainz und „Bagatelle“ in Trier (je 13/20).
Im Vergleich zur Vorjahrsausgabe servierte der wegen seiner strengen Urteile und deren zuweilen sarkastischer Begründung von den Köchen gefürchtete, von den Feinschmeckern mit Spannung erwartete Gault Millau in Rheinland-Pfalz 6 langweilig gewordene Restaurants ab und nahm 9 inspirierte Küchen neu auf, 12 wurden höher und 3 niedriger bewertet.
Außerdem testete der im Münchner Christian Verlag erscheinende Reiseführer für Genießer (900 Seiten, 30 €) die beiden nobelsten Kreuzfahrtschiffe der Welt: die „Seven Seas Voyager“, deren Küche der junge Brandenburger Cornel Ruhland dirigiert (zuvor im Club Aldiana in Tunesien), und die „Crystal Serenity“ mit dem US-japanischen Starkoch Nobu Matsuhisa. Ferner beschreibt und klassifiziert er 420 Hotels.
Die besten Restaurants des Gault Millau in Rheinland-Pfalz
1. Waldhotel Sonnora in Dreis bei Wittlich (19,5 Punkte),
2. Steinheuer’s Restaurant zur alten Post in Bad Neuenahr (19 Punkte),
3. Schwarzer Hahn in Deidesheim,
Luther in Freinsheim bei Mannheim,
Zur Krone in Herxheim bei Karlsruhe,
Landhaus St. Urban in Naurath bei Trier,
Le Val d’ Or in Stromberg,
Becker’s Restaurant in Trier,
Tschifflik in Zweibrücken (alle 17 Punkte),
10. Gasthaus zur Malerklause in Bescheid bei Trittenheim,
Landhaus Mühlenberg in Daufenbach bei Trier,
Freundstück* in Deidesheim,
Metzlers Gasthof in Hackenheim bei Bad Kreuznach,
Der halbe Mond in Mainz,
Brogsitter in Bad Neuenahr,
Le Temple du Gourmet in Neuhütten,
Alte Pfarrey in Neuleiningen,
Scharff’s Restaurant in Wartenberg (alle 16 Punkte).
*Newcomer