JazzFest Berlin ’06 – Programmvorschau und Tagestipps

Programmvorschau | Tagestipps

Mittwoch 01.11. | 20:00 Uhr
Ort: Delphi – Filmpalast

Filmpremiere: Play Your Own Thing –
Eine Geschichte des Europäischen Jazz
D 2006, 86 Minuten
Regie · Julian Benedikt

Der deutsche Regisseur Julian Benedikt hatte bereits mit seinem Blue Note-Film bewiesen, dass er ein sensibles europäisches Auge auf Optik und Seele des amerikanischen Jazz hat. In seinem neuen Dokumentarfilm porträtiert er nun den europäischen Jazz. Zu Wort kommen nicht nur ältere und jüngere Protagonisten unterschiedlicher europäischer Jazz-Auffassungen. Hauptdarsteller ist die Musik selbst, die Benedikt gleich einem Klang-Bildner ins Bewusstsein des Zuschauers zoomt und in oft krassen Schnitten in ihrer ganzen Vielfalt zu einem bunten Mosaik verblendet. Der Filmemacher dringt in ein komplexes Klangbiotop ein, das vom Mittelmeer bis an den Polarkreis reicht. Er stellt Fragen und findet Antworten, die neue Fragen provozieren. Am Ende dieses Films, der weder belehrt noch eine lineare Geschichte repetiert, kann sich jeder Zuschauer sein eigenes Bild vom europäischen Jazz in Geschichte und Gegenwart machen.

Mittwoch 01.11. | 22:30 Uhr
Ort: Quasimodo
Simply Acoustic Trio
Marcin Wasilewski · piano
Slawomir Kurkiewicz · bass
Michal Miskiewicz · drums

Marcin Wasilewski, Slawomir Kurkiewicz und Michal Miskiewicz wurden außerhalb Polens als Begleit-Band von Tomasz Stanko bekannt. Dabei hatte der Trompeter nur auf ein Trio zurückgegriffen, das bereits seit vielen Jahren eingespielt war. Als Simple Acoustic Trio erschlossen Wasilewski und Co dem vorübergehend erstarrten polnischen Jazz eine neue Hörergeneration.
Die Musik des Trios entspricht der Cover-Grafik ihres ersten Albums für ECM. Spuren im Schnee, die früher oder später ihre eigene Logik und Formensprache entfalten. Die Kommunikation zwischen den drei jungen Musikern funktioniert im Blindflug, sie brauchen nicht einmal Sichtkontakt, um die abstraktesten Ver- und Entflechtungen vorzunehmen, sich in klassischen Piano-Trio-Kosmen auszudehnen und gleichzeitig vergessen zu machen, dass man nur Piano, Bass und Schlagzeug hört. Ähnlich den unvergesslichen Gruppen um Krzysztof Komeda setzen sie die unerhörte Leichtigkeit des Klangs mit Ehrfurcht gebietender Ernsthaftigkeit um.

Samstag 04.11. | 20:00 Uhr
Ort: Haus der Berliner Festspiele, Große Bühne

Eddie Bo and his Band
hr-Bigband feat. Billy Cobham and Jerry Goodman,
‘A Celebration of the Mahavishnu Orchestra’
arranged and conducted by Colin Towns
Ort: Haus der Berliner Festspiele, Große Bühne

Eddie Bo and his Band
Edwin J. Bocage · piano, vocals
Louis ‘Red’ Morgan · saxes
Jimmy ‘Bean’ Ballero · guitar
Richard ‘Tricky Dick’ Dixon · bass
Dwayne Nelson · drums

Die subtropische Schwüle von New Orleans bringt einen besonderen Musikerschlag hervor, der vom geheimnisvollen Voodoo-Zauber der Sümpfe ebenso durchdrungen ist wie von der trunkenen Buntheit des Mardi Gras. Der Pianist und Sänger Edwin Joseph Bocage, kurz Eddie Bo, stammt aus einer Musikerdynastie, die schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in vielen wichtigen Bands von New Orleans mitmischte. Aus Piano-Stilistiken von Art Tatum über Oscar Peterson bis Professor Longhair destillierte Eddie Bo seinen individuellen Cocktail aus R&B, Bebop und Funk. Er schrieb Hits für Etta James und Little Richard und begleitete unter anderem Joe Turner, Johnny Adams und die Algiers Brass Band. Seine Kraft und Leidenschaft trug dem „Ein-Mann-Orchester alter Schule“ (New York Times) Vergleiche mit James Brown und George Clinton ein. Seine perkussiv rollenden Grooves, sein wirbelndes Pianospiel und sein entrücktes Vokal-Stakkato mögen Langzeit-Fans des Festivals an James Booker erinnern.

hr-Bigband feat. Billy Cobham and Jerry Goodman,
‘A Celebration of the Mahavishnu Orchestra’

arranged and conducted by Colin Towns
Colin Towns · conductor
Jerry Goodman · violin
Heinz Dieter Sauerborn · alto-,soprano sax, flute
Oliver Leicht · alto-, soprano sax, flute
Tony Lakatos · tenor-, soprano sax, flute
Julian Argüelles · tenor sax, flute
Rainer Heute · baritone sax, bass clarinet
Tobias Weidinger · trumpet, flugelhorn
Martin Auer · trumpet, flugelhorn
Thomas Vogel · trumpet, flugelhorn
Axel Schlosser · trumpet, flugelhorn
Günter Bollmann · trombone
Peter Feil · trombone
Christian Jaksjø · trombone
Manfred Honetschläger · bass trombone
Martin Scales · guitar
Peter Reiter · piano, fender rhodes, keyboard
Thomas Heidepriem · electric bass
Billy Cobham · drums

Es gibt leichtere Übungen im Jazz, als Songs, die ursprünglich für kleinere Besetzungen entstanden sind, in einen Big Band-Kontext zu transformieren. Der hr-Bigband gelingt es jedoch unter Leitung des englischen Klangmagiers Colin Towns, mitten in Herz und Seele der explosiven Spiritualität von John McLaughlins Mahavishnu Orchestra einzudringen. Towns, der in den Siebzigern die Tasten für die Ian Gillan Band drückte und gerade erst das Kernschaffen Frank Zappas orchestrierte, vermag den Geist der Seventies ohne Energieverlust einer Hörwelt des neuen Jahrtausends einzuverleiben. Mit Drummer Billy Cobham und Geiger Jerry Goodman, dem Motor und einer Lead-Stimme des originalen Mahavishnu Orchestras, verfügt das Projekt über zwei Autoritäten, die es für dieses schwierige Unterfangen geradezu prädestinieren. Birds of Fire – a Celebration of the Mahavishnu Orchestra ist ein lebendiges Stück musikalischer Geschichtsaneignung, das ohne Nostalgie und falsch verstandene Heldenverehrung auskommt.

Sonntag, 05.11. | 20:00
Ort: Haus der Berliner Festspiele, Große Bühne
New Birth Brass Band
Allen Toussaint’s Jazzity Project

New Birth Brass Band
Cayetano ‘Tanio’ Hingle · bass drum
Kerry ‘Fat Man’ Hunter · snare drum
Reginald Stewart · trombone
Kenneth Terry · trumpet
Ariam Macklin · tuba
Calvin Johnson · guitar

New School statt Oldtime, Louis Armstrong meets Chuck D. Der New Orleans Jazz ist so lebendig wie nie zuvor. Die New Birth Brass Band, ein neues Aushängeschild für NYNO-Labelchef und Starproduzent Allen Toussaint, liefert den vitalen Beweis für die anhaltende Fähigkeit der Wiege des Jazz, immer neue Spielweisen zu absorbieren, ohne ihren genuinen Zauber preiszugeben. Indem sie den Druck und die Passion einer klassischen Marching oder Mardi Gras-Band mit der aktuellen Brisanz von Rock, Funk und HipHop verknüpft, führt die New Birth Brass Band konsequent die Ansätze der Dirty Dozen Brass Band fort. Gerade die kollektive Power, die sich im Sound des Sextetts entlädt, ist in höchstem Maße infektiös und mit urbanen Sounds rund um den Globus kompatibel. Nach dem Hurrikan Katrina klingt die Musik der Marschkapelle wie der konzentrierte Ausdruck trotzigen Überlebenswillens einer Gemeinde, deren Klangtradition längst zu einem der eindrucksvollsten Kulturdenkmäler der Menschheit geworden ist.

Allen Toussaint’s Jazzity Project
Allen Toussaint · piano, vocals
Bill Solley · guitar
Chris Severin · bass
Herman LeBeaux Jr. · drums

Der Pianist, Sänger, Produzent, Komponist und Arrangeur Allen Toussaint verkörpert wie kein zweiter die Musik seiner Heimatstadt New Orleans. Seine fünf Jahrzehnte währende Karriere ließ ihn zur R&B-Ikone werden. Er schrieb geniale Songs wie den oft gecoverten Klassiker Working in a Coalmine für Lee Dorsey. 1998 erfolgte die populärmusikalische „Seligsprechung“ zum Mitglied der Rock’n’Roll Hall of Fame. Geschult am Pianostil von Professor Longhair ist er immer ein Homeboy in seiner Stadt geblieben, der sich lieber in seinen gleichermaßen legendären Sea-Saint Studios abschottete und Produktionen mit den Meters, Vorläufer der heutigen Neville Brothers oder Dr. John betreute als die Live-Bühnen der Welt zu suchen.
„Die Jazzity-Idee kam von meinem Sohn Reginald, der mir klar machte, dass ich noch nie ein Jazzalbum aufgenommen hätte, und ich dachte, dass die Zeit gekommen sei. Schließlich habe ich mein ganzes professionelles Leben lang Jazz gespielt. Es war eine sehr persönliche Erkundung und das Album gefällt mir sehr.“

Eintrittspreise
Haus der Berliner Festspiele
alle Veranstaltungen € 28,00 | 21,00 | 15,00 | 8,00
außer 05.11. 15:00 | € 22,00 | 18,00 | 12,00 | 8,00

Babylon Berlin:Mitte
Veranstaltungen am 3. und 4.11. | € 20,00
Veranstaltungen am 2. und 5.11. | € 14,00

Delphi
alle Veranstaltungen € 8,00

JazzFest@A-Trane
alle Veranstaltungen € 10,00

Quasimodo
alle Veranstaltungen € 14,00

UdK Konzertsaal Bundesallee
alle Veranstaltungen € 6,00

JazzFest-Pass
Garantiert Eintrittskarten für alle Veranstaltungen (außer A-Trane), wenn Sie diese bis eine halbe Stunde vor Konzertbeginn an der Abendkasse abgeholt haben.
€ 80,00

JazzFest-Junior-Pass
Für Schüler, Studenten, Erwerbslose etc. (Bescheinigung notwendig)
Garantiert Eintrittskarten für alle Veranstaltungen (außer A-Trane), wenn Sie diese bis eine halbe Stunde vor Konzertbeginn an der Abendkasse abgeholt haben.
€ 50,00

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