Vermählung von Zartheit und Raffinesse
Es gibt Luxus-Restaurants, die stauben so langsam vor sich hin. Oft weiß man nicht recht, ob sie noch so richtig existieren, weil man kaum etwas von ihnen hört, wie zum Beispiel das „Alt-Luxemburg“ oder „Ana e Bruno“, selbst das „Margaux“ ist so ein Kandidat.
Wenn man nach langer Zeit mal wieder ins „First Floor“, dem Gourmet-Restaurant des Hotel „Palace“ kommt, lässt diese Angst sofort nach. Maître Uwe Lein und Sommelier Gunnar Tietz schwingen sich agil wie eh und je durch die gut besetzten Stuhlreihen. Matthias Buchholz hat sein Küchenreich fest im Griff, obwohl er gerade erst aus Bangkok zurückkam und ihn noch ein gehöriger Jetlag plagt.
Und siehe da, ein paar Veränderungen gibt es doch im „First Floor“. Die Lichtdecke ist nicht mehr in Jugendstil, sondern in reinem Weiß gehalten, das wirkt sofort moderner und etwas heller. Der Salon nebenan wird demnächst zur Zigarrenlounge umgearbeitet. Und die Russinnen am Nebentisch stammen auch nicht gerade aus der Zeit, als die edlen Rosenholz-Täfelungen gefertigt wurden.
Buchholz’ Küche kommt moderner und leichter daher denn je.
Das Carpaccio vom Attersee-Ochsen mit Tatar von Langustinen ist herrlich aromatisch und macht Appetit auf mehr. Das Panna Cotta von Kohlrabi mit Estragon und Flusskrebsen ist ein erster Höhepunkt, es passt wunderbar zum 96er Champagne Taittinger.
Der confierte Heilbutt mit Zitrusfumet ist so leicht, als schwebe er über dem Teller und wolle gerade erst zur Landung ansetzen. Ein weiterer Höhepunkt ist das geräucherte Kaninchen auf mariniertem Kopfsalat, tolle Aromen, zwei Michelin-Sterne leuchten hell.
Den Rehrücken auf Sellerie mit Herzkirschen und Pfifferlingen hätte ich ein zweites Mal essen können. Zartheit und Raffinesse vereinen sich. Dazu der Blaufränkisch Mariental von Ernst Tribaumer – himmlisch. Und der Exotenschaum mit Kokosnusseis ist ein Traum.
Trotz der Klasse ist das „First Floor“ nicht das teuerste Restaurant der Stadt, dafür gibt es ganz andere Beispiele. Die Menüs kosten zwischen 75 und 105 Euro, das 3-gängige Lunch Menü 39 Euro.
Das „First Floor“ bietet eine wunderbare Küche! Hatte ich wirklich etwas anderes erwartet? Buchholz tanzt nicht auf allen Hochzeiten und bringt hier eine der klassischsten Küchen immer noch weiter nach vorn. Kongenial begleitet von Gunnar Tietz, dem Berliner Sommelier des Jahres.
First Floor
Budapester Str. 45, Tel: 25.02.10.20, www.firstfloor.palace.de
Öffnungszeiten: Mo–Sa 12–15 Uhr sowie 18 bis 23 Uhr
Karten: alle Plätze: 60
Fazit: Leichte Aromenküche mit Noblesse. Auf diesem Niveau kochen in Berlin nur noch Thomas Kammeier im „Hugos“, Christian Lohse im „Fischers Fritz“, Thomas Neeser im „Adlon“ und Bobby Bräuer in der „Quadriga“ – die einzigen Aspiranten der Hauptstadt auf einen zweiten Michelin-Stern.
Niko Rechenberg schreibt auch das Wein-Blog in DIE WELT:
www.welt.de/z/plog/blog.php/nikos_weinwelten/restaurant-tip/2006/10/15/first_floor
Matthias Buchholz wird von der www.kochende-leidenschaft.de vertreten. Er benutzt, wie auch Thomas Kammeier Kasumi Messer: www.kasumi-messer.de