Christian Kolb

Kinder von gesunden Lebensmitteln zu überzeugen, ist oft schwierig. Der Bio-Koch Christian Kolb gibt Tipps, mit welchen Tricks man Kinder dennoch zu einer gesunden Ernährung bringen kann.

ZDF: Christian Kolb, Sie haben als Mitglied der Kochvereinigung „BIOSpitzenköche“ auch viel mit Ernährungsfragen in Kindergärten und Schulen zu tun. Wie gelingt es, Kinder mit gutem und gesundem Essen anzufreunden?

Christian Kolb: Oft wird noch in Familien so gekocht, dass Kinder nur das fertige Produkt serviert bekommen. Es ist aber sehr sinnvoll, mit ihnen auch mal zusammen zu kochen. So sehen die Kinder, was Mutti aus diesen einzelnen Zutaten macht – und wie diese Sachen schmecken, bis sie auf den Teller kommen. Damit ist das Kind beteiligt, kann den gesamten Prozess verfolgen, vielleicht sogar mithelfen. Das Kind stellt das Essen sozusagen mit her.

ZDF: Kinder von klein auf mitzunehmen in die Küche und ihnen klarzumachen, wie überhaupt Essen entsteht, erhöht die Chancen, dass sie auch Gesundes essen?

Kolb: Genau. Nur den Begriff „gesund“ würde ich ganz weglassen. Das ist, was die Eltern ganz gerne sagen: „Das musst du essen, das ist ganz gesund, da wirst du groß und stark“. Ab einem gewissen Alter aber sagen die Kinder: „Ich will gar nicht groß und stark werden – und gesund interessiert mich schon gar nicht. Ich will was Lustiges, Peppiges haben.“
Deswegen hat die Industrie ja sehr schnell solche Formen wie Kartoffelmännchen und ähnliches entwickelt. Diese Formen erinnern an Spielsachen, das finden Kinder toll. Aber wenn das Kind schon früh mitarbeitet und versteht, was die Mutter macht, hat „Gesundes“ schon eine höhere Akzeptanz.

ZDF: Ernährung ist, gerade bei jüngern Leuten, doch auch etwas Zeitgeistiges. Essen wird als „fun“ aufgefasst, als Spielerei. Früher sagte man immer: Man spielt nicht mit dem Essen. Heute ist das vielleicht genau umgekehrt – und die Hauptkunden bei Fastfood sind Kinder und jüngere Erwachsene. Wie können Eltern dem entgegentreten? Wie die Kids aus den Buletten-Ketten locken?

Kolb: Das ist ein Riesenproblem, weil die Werbung sehr geschickt aufgebaut ist und suggeriert, das sei ganz tolles „Food“. Ich stelle mit Kindern genau diese Produkte selber her, aber mit sehr hochwertigen Produkten. Zum Beispiel arbeite ich mit Vollkornmehl, um Hamburger-Brötchen zu machen. Oder ich arbeite in das Hackfleisch Gemüse oder andere Gewürze mit ein, die die Kinder gern mögen.
Das Ketchup mache ich selber aus Tomatenmark, Honig, Äpfeln und Zwiebeln. Und lasse dann verkosten – damit die Kinder sehen, wie das funktioniert. Das ähnelt dann schon noch – äußerlich – diesem Junk-Food. Aber wenn das Kind dann in einen normalen Hamburger von irgendeiner Kette beißt, merkt es schon, dass dieser nicht so lecker schmeckt.

ZDF: Ist es ein bisschen Ihre Philosophie, die Kinder dort abzuholen, wo sie eigentlich sind? Sie nicht zu zwingen, sondern „auszutricksen“?

Kolb: Genau. Es gibt noch einen sehr schönen Trick, den Eltern einfach anwenden können. Es gibt viele Leute, die gerne Müsli mit Obst essen, oder sehr viel Gemüse. Wenn das Kind da ein bisschen störrisch ist, muss man das Essen, das man als Elternteil isst, so schön anrichten und ausgefallen präsentieren, dass das Kind neidisch wird. Und wenn das Kind dann sagt: „Ich will das probieren“, dann sollte geantwortet werden: „Och nö, das ist meins. Du wolltest das nicht – und das ist jetzt meines“.

ZDF: Haben Eltern einen großen Einfluss auf das Essverhalten ihrer Kinder?

Kolb: Ja, das ist das Hauptthema eigentlich. Eltern haben die größte Verantwortung überhaupt. Vor 30 Jahren kam der Umschwung. Beruf und Karriere wurde für jedes Elternteil sehr wichtig, zu Hause zu kochen wurde nebensächlicher. Auch die Oma in der Nähe gibt es heute nicht immer. Heute heißt es: „Hier hast du fünf Euro. Geh was essen oder mach dir die Tiefkühlpizza heiß.“ Und auch dieses gemeinschaftliche am Tisch sitzen und essen ist völlig verschwunden.
Statt dessen sehen wir Kinder alles nur noch im Gehen essen, irgendwo schnell, zwischendurch. Das gemeinschaftliche, wirkliche Essen ist verloren gegangen – dieses Zelebrieren, dass Essen etwas Kommunikatives, Familiäres, Tolles sein kann. Heute ist Essen uninteressant; wir machen es nur, weil wir satt werden müssen. So kriegen Kinder es beigebracht.
ZDF,16.07.06 13:02 Uhr

(c) ZDF –
www.zdf.de/ZDFde/inhalt/6/0,1872,3950534,00.html

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