Mit und wegen Junior besuchten wir die Ausstellung „Design im Kinderzimmer“ im Charlottenburger Bröhan Museum, gleich gegenüber des Schlosses. Nach der sehenswerten Ausstellung waren wir hungrig.
Ristorante Don Camillo Berlin
Schnell mal bei Google geguckt, was in der Umgebung offen hat. Hoffgarten mit einer 4,9 Bewertung und Bildern, die vielversprechend aussahen. Aber ans Telefon geht keiner. Laut Google Maps und der Restaurant Webseite hat es geöffnet. Es sind nur 5 Minuten zu Fuß und Richtung Auto, also gehen wir hin. Es hatte zu. Gegenüber ist der Italiener Don Camillo. Ein Traditionsbetrieb seit 1979. Versuchen wir dort unser Glück.
Im komplett leeren Restaurant, dessen Tische adrett mit weißen Tischdecken eingedeckt waren, warteten drei nette Herren auf uns. Ob wir reservierten? Na gut, wir könnten noch einen Tisch bekommen, weil wir so sympathisch sind.
Nach dem wir am zugewiesenen Tisch sassen, kam auch gleich Brot und Oliven. Was wir denn trinken wollen? San Pelligrino oder Acqua Panna? Ob es denn auch noch anderes Wasser neben den Nestle Wassern gäbe? So richtig verstand der Kellner die Frage nicht. Gibt es aber nicht. Dann eben die Speisekarte. Gibt es auch nicht, nur eine Weinkarte.
Junior und ich bestellten dann eine Cola Zero (4,50 €) und meine Frau wählte ein Glas Montepulciano (9,50 €), der später nicht auf der Rechnung stand. Wir bekamen dann jeder ein Glas Cola und meine Frau den Rotwein. Danach kam der Kellner und zeigte uns einen Teller von jeder Vorspeise. Ich wählte Salicorn, meine Frau die Zunge.
Nach einiger Wartezeit kamen dann die Gerichte. Auf das Salicorn (15,50 €) wollte der Kellner aus einer großen Schüssel Parmesan streuen , was ich verneinte. Die Zunge (18,50 €) meiner Frau war von hervorragender Qualität, man schmeckte jedoch kaum das Fleisch, weil das Pesto dominierte. Mein Salicorn war warmes Salicorn in Öl. Punkt.
Nach dem Abräumen warteten wir wieder einige Zeit – in dem immer noch komplett leeren Restaurant – dann kam der Kellner mit der Pasta „Speisekarte“. Siehe Foto oben. Ob wir denn überhaupt Pasta wollen? Ich dachte, woher sollen wir das wissen. Wir wissen ja nicht, was es noch geben könnte. Mein Sohn sagte aber spontan „Ja, Nudeln!“, so dass die Entscheidung gefallen war.
Er erklärte nun jede Pasta auf dem teller. Alle Pasta wäre hausgemacht, weil nur hausgemacht gut sei. Steile These. Meine Frau wählte die Tinte-gefärbten Spaghetti mit Scampi und Jakobsmuscheln (19,50 €) , Junior die Strozzapreti mit Tomatensauce (Kinderportion 9,50 €) und ich nahm ebenso diese, aber a la Puttanesca (16,50 €).
Unangenehm empfand ich, das prinzipiell nur von der Stirnseite des Tisches bedient wurde. Bei den Preisen erwarte ich, dass man halbwegs formvollendet bedient wird, speziell wenn die Tische so günstig stehen.
Mir hat dann der Kellner mit einer 120 cm langen Pfeffermühle angeboten, Pfeffer auf meine Pasta zu streuen. Sollte ich nicht erst einmal probieren? Bedienen sie hier jedes Klischee? Nach der Pfeffermühle kam er wieder mit der Riesenglasschüssel Parmesan. Ich bat drum, sie stehen zu lassen, damit wir uns selber bedienen können. Er brachte dann ein Schüsselchen mit Löffel, so das sich Junior Käse auf die Nudeln tun konnte. Meinem Sohn und mir waren die Gerichte zu salzig. Er aß nur die Hälfte. Meine „Puttanesca“ war ganz ohne jegliche Schärfe, aber eben sehr salzlastig. Auch das Tomatige vermisste ich. Ich aß dann Juniors Reste auf, die ich besser fand als meine – und nicht ganz so salzig.
Meine Frau war zufrieden mit ihren Spaghetti, wobei sie nicht böse gewesen wäre, wenn es noch eine Jakobsmuschel und ein Scampo mehr gewesen wäre.
Wir hatten wenig Lust, uns die Secondi vorführen zu lassen und wieder lange zu warten. Wir waren jetzt schon 90 Minuten im Restaurant. Wir baten um die Rechnung und bekamen einen Limoncello angeboten, den wir gerne akzeptierten.
Mittlerweile kam ein weiteres Pärchen. Offenbar Stammgäste, die mit Küßchen und „wie schön, dass Sie wieder da sind“ begrüßt wurden. Die nahmen als Vorspeise die Bresaola und hier hobelte der Kellner frischen Parmigiano. Zum Beweis stand ein ganzer Laib daneben ….
Erwartungsgemäß war die Rechnung hoch. Mit Trinkgeld zahlte ich 95 €. Es hätten eigentlich 9,50 € mehr sein müssen. Dass der Wein nicht berechnet wurde, fiel mir erst beim Schreiben des Artikels auf.
Bei der Recherche zum Artikel habe ich mich gefreut: Der Bundeskanzler und auch der Bundespräsident sollen Stammgäste sein. Ist das die Strafe für deren Politik? Gibt es doch Gerechtigkeit?
Als wir nach knapp zwei Stunden Aufenthalt das Restaurant verliessen, waren neben dem erwähnten Pärchen keine weiteren Gäste gekommen. Vielleicht sind Parlamentsferien?
Die Idee des Restaurants ist wohl, dass man eine lange Zeit hier verbringt. Da man keine Speisekarte anbietet, soll der Gast Antipasti, Primi und Secondi Piatti + Contorni neben dem Dessert zu sich nehmen. Und schön langsam schicken, damit wieder Hunger kommt. Alles ist sehr stark gesalzen, was sich sicher positiv auf den Getränkekonsum auswirkt. (Während des Schreibens habe ich bestimmt 2l Charlottenburger Leitungswasser getrunken). Die Getränkepreise sind ambitioniert. Ein Glas Cola (0,2l) aus der 2l Flasche für 4,50 € grenzt an Unverschämtheit. Noch besser war, dass normalerweise die Cola mit Eis kommt! Dann wären es 0,1l Wareneinsatz gewesen!
Eine Speisekarte gibt es doch: Draussen vor dem Lokal. Hätte ich diese gehabt, hätte ich anders gewählt und vermutlich mehr Umsatz gemacht.
Fazit: Der Service ist sehr freundlich, aber nicht besonders professionell. Es wird jedes Klischee eines italienischen Restaurants der 80er Jahre bedient: Der Topf Parmesan, die gigantische Pfeffermühle. Das Essen würde ich wohlwollend mit mittelmässig bezeichnen. Das große Plus ist wohl die Liebenswürdigkeit der Kellner. Würden wir wieder hingehen? Nein, da soll der Bundeskanzler ruhig alleine essen gehen.
Das Restaurant im Internet: https://projects.saltmarketing.de/
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Ristorante Don Camillo Berlin
Zusammenfassung
Ristorante Don Camillo Berlin: Es wird jedes Klischee eines italienischen Restaurants der 80er Jahre bedient: Der Topf Parmesan, die gigantische Pfeffermühle. Das Essen würde ich wohlwollend mit mittelmässig bezeichnen. Das große Plus ist wohl die Liebenswürdigkeit der Kellner.
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