Das Hotel Riva in Konstanz war bereits Gegenstand meines Interviews mit Küchenchef Dirk Hoberg aus dem Restaurant Ophelia und meines dazu veröffentlichten Restaurantberichts. Zu meiner großen Freude konnte ich auch Julia Kolb aus der Eigentümerfamilie für ein Interview gewinnen.
Als Gast eines Hotels hat man ja einen anderen Blick auf den Betrieb als die Mitarbeiter. Julia Kolb gewährt uns nun Einblicke aus dem Verantwortungsbereich eines Eigentümers bzw. der Hotelleitung.
Hotel Riva ( © Hotel Riva, Konstanz )
Bernhard Steinmann (B.St.): Geben Sie den Leserinnen und Lesern doch bitte die Möglichkeit Sie näher kennenzulernen.
Sagen Sie uns etwas zu Ihrem beruflichen Werdegang.
Julia Kolb (J.K.): Meine Heimat ist Wangen im Allgäu, dort besuchte ich das Gymnasium bis zur 9.Klasse, es folgte ein Wechsel in die Schule Schloss Salem. Nach meiner Internatszeit studierte ich vier Jahre an der Ecole hotelière de Lausanne (EHL) Hotelmanagement. Im Laufe meines Studiums absolvierte ich zwei halbjährliche Praktika. Dies war zum einen im Mandarin Oriental Hotel in München, und andererseits die Hoteleröffnung des Equinox Hotel in New York. Nun bin ich seit 2 Jahren in unseren Hotelbetrieben tätig. In dieser Phase wurde das 4K Hotel in Wangen eröffnet. Ein weiterer Baustein unserer Hotelaktivitäten ist seit diesem Jahr Windhäusern5, ein Hofgut im Allgäu.
B.St.: Mit Ihnen übernimmt nach Ihren Eltern die nächste Generation die Verantwortung für das 5-Sterne-Superior-Hotel. Solche Wechsel sind stets mit neuen Ideen und Plänen verbunden. Was sind Ihre Pläne?
J.K.: Das Hotel Riva ist 2008 von meinem Vater, Peter Kolb gegründet worden. Er bringt sehr viel Erfahrung mit und hat mich und meinen Bruder Maximilian immer unterstützt, Prozesse mit Innovation und Kreativität zu begleiten. In den letzten beiden Jahren durfte ich die Neuausrichtung des Riva Hotels begleiten. Derzeit wird ein Erweiterungsbau realisiert der dem Riva vollkommen neue Qualitäten verleihen wird. Im Riva wird der Wandel mit der Eröffnung nach außen sichtbar.
Es ist ferner wichtig zu erkennen, das sich die Themen sehr schnell in der heutigen Zeit entwickeln und als Herausforderungen und Chancen verstanden werden müssen. Hier nenne ich den Wandel der Gesellschaft, die Bedürfnisse der Gäste, die Digitalisierung verbunden mit Künstlicher Intelligenz oder auch der drohende Personalmangel und die Ressourcenknappheit. Die letzten zwei Jahre habe ich mich damit beschäftigt, und das neue Hotelkonzept wird die Antwort auf den angesprochenen Wandel sein.
Julia Kolb ( © Bernhard Steinmann )
B.St.: Lassen Sie mich bitte an dieser Stelle einen weiteren Aspekt einfügen.
Die Coronazeit mit den hinreichend bekannten Einschränkungen hat wahrscheinlich auch die Perspektiven bei den Geschäftsreisenden verändert. Setzen Sie auf Geschäftsreisende oder gilt Ihr Interesse nur den Privatkunden?
J.K.: Hier muss man die unterschiedlichen Konzepte unserer Häuser betrachten. Neben dem Riva betreiben wir in Wangen das 4K Hotel und das Hofgut Windhäusern 5, welches seit letztem Jahr in Betrieb ist.
Im Riva waren wir natürlich auch von der Coronazeit betroffen. Man kann nun deutlich erkennen, dass die Aufenthaltsplätze für die Gäste wieder wichtiger werden. Wir wollen hier den Gästen Raum geben, sei es auf der Terrasse, in der neuen Library, die gerade gebaut wird oder in unserem SPA-Bereich. Die Gäste sollen Wohlfühlqualität erhalten, sie sollen genügend Platz für sich haben.
Die Geschäftsreisenden sind allerdings auch für das Riva wichtig. Für hochwertige Tagungen bauen wir neue Konferenzräume, die mit modernster Technik ausgestattet sind. Wir gehen auf jeden Gast persönlich ein, und erstellen gerne ein individuelles Angebot abgestimmt auf die Bedürfnisse und Wünsche des Gastes.
Das 4K Hotel ist ein Lifestylehotel, dort haben wir sehr viele Geschäftsreisende. Das hängt damit zusammen, dass das Allgäu ein bedeutender Wirtschaftsstandort ist.
Die Gäste schätzen besonders unsere Tagungsräume, das gutes Frühstücksbuffet – welches regional geprägt ist und das Pauls Restaurant, das von Dienstag bis Samstag geöffnet ist.
Ich bin außerdem davon überzeugt, dass der persönliche Kontakt der Menschen untereinander äußerst wichtig ist, der den Gästen in der Coronazeit schlicht und einfach gefehlt hat. Auch das hybride Tagen wird eine wesentliche Rolle im Hotelkonzept einnehmen.
Windhäusern 5 ist, wie ich finde, ein perfekter Ort zum Runterkommen, zur Erholung. Auch Geschäftsreisende brauchen schließlich Zeit für sich, ein ruhiges Wochenende. einfach mal eine kleine Auszeit. In der Coronazeit haben viele gelernt, dass es wichtig ist, sich diese Zeit zu nehmen und zur Ruhe zu kommen. Das bieten wir in allen drei Häusern.
B.St.: Während die Branche, so habe ich gelesen, noch daran arbeitet das Umsatzniveau von 2019 zu erreichen, was Prognosen zufolge 2024 der Fall sein soll, investieren Sie schon wieder in einen stattlichen Umbau, der ja nun bald abgeschlossen ist. Das ist schon beachtlich. Waren Sie weniger von den Folgen der Corona-Krise betroffen?
J.K.: Wir waren alle betroffen von den Folgen der Corona-Krise. Der Erweiterungsbau des Rivas war mit Beginn der Corona Situation bereits in der Realisierung und wurde somit auch nicht gestoppt. Besonders in solchen Zeiten ist es wichtig innovativ auf die Anforderungen der Zeit zu antworten. Letztes Jahr war bereits ein wirtschaftlicher Aufschwung zu erkennen. Urlauber sind in Deutschland geblieben, und haben für eine positive Entwicklung der Hotels gesorgt. Wir haben viele Stammgäste im Riva, auf die wir bauen können.
Corona hat uns bei den Mitarbeitern vor neue Herausforderungen gestellt, jedoch hatten wir das Glück langjährige Mitarbeiter halten zu können.
B.St.: Mein Eindruck ist, dass man im Hotel bewusst nicht auf förmliche, um nicht zu sagen steife Attribute eines Luxushotels setzt. Statt dessen herrscht eine behagliche, ungezwungene Atmosphäre. Kokettieren Sie mit Understatement?
J.K.: Das unkonventionelle Boutique Hotel am Seeufer zu sein ist mir sehr wichtig. Es ist ein Ort zum Ankommen. Genuss steht im Vordergrund. Dazu haben wir das Restaurant Ophelia und das Seerestaurant. Ferner bieten wir den Gästen Rückzug und Entschleunigung.
Tradition und Vision, Passion, Design, Authentizität, das sind alles Werte auf die ich Wert lege. Ja, das Riva ist schon ein bisschen Understatement. Jeder und alles sollte so sein wie es ist.
B.St.: Bei unserem kürzlich geführten Vorgespräch habe ich feststellen können, dass Ihnen Nachhaltigkeit sehr wichtig ist. Wie gehen Sie dieses Thema an?
J.K. Für mich sollte Nachhaltigkeit selbstverständlich sein. Nachhaltigkeit betrifft alle Bereiche unseres Hotels.
Nehmen wir das Beispiel Energieerzeugung. Es ist die Summe der Maßnahmen, um ökologisch und ökonomisch eine Antwort auf die Anforderungen der Zeit geben zu können.
Im Riva arbeiten wir mit einem Blockheizkraftwerk in Kombination mit Solarthermie. Die Kälte wird nunmehr durch modernste Technik mit einer Reduzierung des Energieverbrauchs um 40% erzeugt. Die Abwärme wird für Wärmerückgewinnung eingesetzt.
Im 4K Hotel arbeiten wir mit Geothermie zur Wärme und Kälteerzeugung. Auch hier wird eine Photovoltaikanlage das System ergänzen.
Nicht zu vergessen ist die Nachhaltigkeit bei den Mitarbeitern. Langjährige Mitarbeiter sind für die Gäste und für mich durch nichts zu ersetzen.
Ich sehe es als meine tägliche Aufgabe an, auf die Anforderungen der Nachhaltigkeit zu achten und Lösungsansätze zu entwickeln.
B.St.: Das Hotelsegment wird von Hotelketten beherrscht. Planen oder haben Sie hier bereits Kooperationen?
J.K.: Nein, wir haben keinerlei Kooperationen mit Hotelketten und planen diese auch nicht.
B.St.: Das Thema Genuss nimmt im Gesamtprojekt einen großen Rahmen ein. Wie wichtig ist das Spitzenrestaurant Ophelia für das Hotel?
J.K.: Das Restaurant Ophelia ist sehr wichtig für das Hotel Riva. Dirk Hoberg begleitet uns nun schon erfolgreich seit 15 Jahren. Für mich haben aber auch die anderen Restaurants eine besondere Bedeutung.
Genuss spielt im täglichen Leben schon eine große Rolle. Nicht nur das Essen, dazu gehören auch die Weine und die Möglichkeit einfach mal auf der Terrasse zu sitzen und die Sonne zu genießen.
B.St.: Zwei Michelinsterne für das Restaurant Ophelia. sind natürlich auch eine gute Werbung für Gourmets die landauf, landab Restaurants besuchen.
Sind Sie selbst ein Feinschmecker?
J.K.: Natürlich würde ich mich schon als Feinschmecker bezeichnen. Auch koche ich sehr gerne. Allerdings gehe ich nur bei besonderen Anlässen in ein Sternerestaurant. Ich mag es, kreative Köche auf der ganzen Welt zu entdecken.
B.St.: Es war mir ein Vergnügen im Hotel einige Mitarbeiter kennenzulernen. Dabei ist mir besonders der familiäre, freundliche Umgang mit den Gästen aber auch untereinander aufgefallen. Schon beim ersten Betreten des Hotels fühlte ich mich gut aufgehoben. Das ist es doch, das den wesentlichen Faktor eines Hotels ausmacht, oder?
J.K.: Unsere Mitarbeiter können und sollen so sein wie sie sind. Sie sind authentisch und können ihre Persönlichkeit zeigen. Das wirkt sich auch auf den Wohlfühlfaktor der Gäste aus. Unsere Türen stehen immer offen.
Ich sage immer, Zukunft braucht Herkunft. Alter, Erfahrung und Ausbildung ist nicht alleine wichtig. Wichtig ist die Persönlichkeit und das Lächeln der Mitarbeiter und letztlich auch das der Gäste.
B.St.: Ein wunderbares Schlusswort. Vielen Dank für das interessante Gespräch.