Wegen Bürokratie geschlossen

Auerbachs Keller schließt für einen Tag am 20. April – Grund: Bürokratie

Verordnungen, Vorschriften und Gesetze: Für Bernhard Rothenberger ist eine Grenze erreicht. Der Pächter nutzt den 20. April, um einen ganzen Tag lang seine 110 Mitarbeiter über die neuesten Bestimmungen zu belehren. Ein Verzweiflungsakt.

Bernhard Rothenberger zieht die Notbremse: Für einen ganzen Tag lang schließt der Pächter des Auerbachs Keller Leipzig die Traditionsgaststätte. Die Historischen Weinstuben, der Große Keller, die Bar – am Mittwoch, 20. April, hat nichts geöffnet. Und das zum ersten Mal seit zehn Jahren. So lange wird das weltweit bekannte Traditionslokal von Rothenberger betrieben. Stattdessen nutzen Rothenberger und seine 110 Mitarbeiter die Zeit für gesetzlich vorgeschriebene Unterweisungen. Etwas verzweifelt-sarkastisch nennt Bernhard Rothenberger diese Aktion auch „Tag der Bürokratie“.

„In den vergangenen Jahren haben die gesetzlichen Belehrungen und Vorschriften überhandgenommen. Wir ersticken in Verordnungen. Das ist während der Arbeitszeit nicht mehr zu bewältigen. Die Arbeitszeitordnung zwingt uns in ein enges Korsett, unternehmerische Entscheidungen werden dadurch konterkariert. Deshalb musste ich schweren Herzens diese Entscheidung treffen“, sagt der Chef des Auerbachs Keller. Er habe damit auf einen Hilferuf seiner Abteilungsleiter reagiert, die mit den gesetzlichen Belehrungen und Vorgaben nicht mehr nachkamen. „Wegen der Arbeitszeitordnung hatten wir einfach keinen Spielraum mehr und keine Arbeitszeit für den Gast übrig, weil wir nicht mehr ohne weiteres Überstunden machen dürfen.“

Um Missverständnissen vorzubeugen sagt Rothenberger: „Dinge wie Brandschutz und Erste Hilfe sind wichtig und werden bei uns penibel umgesetzt. Aber bei uns in Deutschland wiehert immer mehr der Amtsschimmel.“

Drei Beispiele:
* In Auerbachs Keller gibt es gesetzlich zwingend einen Bildschirmbeauftragten. Der kontrolliert den Abstand der Bildschirme. Eingeführt wurde das vor Ewigkeiten wegen der Strahlung der Röhrenbildschirme. Mittlerweile wurden diese natürlich längst durch Plasmabildschirme ersetzt. Den Bildschirmbeauftragten gibt es per Gesetz aber immer noch.

* Wegen des Datenschutzes gibt es einen weißen und einen roten Mülleimer. In den roten Mülleimer kommen Briefe, Zettel oder Dokumente, auf denen Namen und Adressen zu sehen sind. Jeden Abend wird der Inhalt geschreddert. Die Schreddermaschine des Auerbachs Keller zerkleinerte in Streifen. Sie musste ausgetauscht werden, weil die Maschine Schnipsel schreddern muss.

* Alle Mitarbeiter erhalten eine Kohlendioxid-Unterweisung. Die ist wichtig bei Schankanlagen, wenn die Ventile für Bier geöffnet werden. Allerdings müssen auch die Mitarbeiter in der Verwaltung diese Unterweisung erhalten. Dabei arbeiten die nur im Büro und bekommen Kohlensäureflaschen gar nicht zu Gesicht.

Am Donnerstag, 21. April, 12 Uhr, können die Gäste dann wieder die besondere Herzlichkeit und Gastfreundschaft in Auerbachs Keller genießen. Inklusive frisch belehrter Mitarbeiter.

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