Gault Millau Weinguide 2015 Österreich

Bereits zum 27. Mal erscheint der Gault Millau Weinguide – zum ersten Mal von der Sommelière und Weinakademikerin Petra Bader als Chefredakteurin geleitet. Seit mehr als 15 Jahren ist sie fester Teil der Verkostungsjury und somit bestens mit der langen Tradition des Guides vertraut. In der aktuellen Ausgabe wird erstmals der Bedeutung des biologischen Weinbaus Rechnung getragen: Es werden jene Winzer entsprechend gekennzeichnet, die organisch-biologisch oder nach biodynamischen Grundsätzen wirtschaften.

Das bewährte System der Blindverkostung, in dem Petra Bader jeweils mit zwei wechselnden Mitgliedern aus der hochkompetenten Jury die Weine probiert und benotet, bleibt erhalten. Aus den drei Meinungen entsteht ein harmonischer und sicherlich auch repräsentativer Durchschnittswert. Wir gehen dabei stets in großer Wertschätzung für die mühevolle Arbeit des Winzers vor. Nach wie vor bekennen wir uns aber zur durchaus kritischen Bewertung. Denn nur so ist die Differenzierung der verschiedenen Weinqualitäten wirklich nachvollziehen.

Von mehr als 300 Weingüter konnte das Verkostungsteam aus dem überaus spannenden Jahrgang 2013 viel Außergewöhnliches verkosten. Bei den Veltlinern gefiel besonders die straffe Struktur, die Rieslinge strahlten mit einer glasklaren Brillanz und mit typischen Steinobstnoten. Die Sorten Weißburgunder und Sauvignon Blanc gerieten in der Regel nicht zu üppig sondern vielmehr sympathisch elegant und mit präziser Frucht. Beim Rotwein spiegelt moderater Alkohol und deutliche Frucht das Weinjahr 2013. Das viel zitierte große Lob für den Jahrgang 2012 hat sich nach den Verkostungen der weißen und roten Reserven mehr als bestätigt.

Außerdem ehren wir heuer erstmals, zusätzlich zum Wein des Jahres, der in den vergangenen Jahren bereits im Fokus stand, Persönlichkeiten in sechs weiteren wichtigen Kategorien. Weine und Menschen, die uns im Laufe des Jahres besonders aufgefallen sind und die uns weit über das übliche Maß hinaus beeindruckt und fasziniert haben.
In der Königsdisziplin „Wein des Jahres“ wird heuer F. X. Pichler mit seinem 2013 Riesling Unendlich Smaragd ausgezeichnet.
Daneben vergeben wir ab diesem Jahr zusätzlich Weinpreise in sechs weiteren Kategorien:
• die „Weinkarte des Jahres“, geht an Josef Floh vom gleichnamigen Restaurant Floh in Niederösterreich
• der „Sommelier des Jahres“, ist Alexander Kolbinger vom 4-Hauben-Restaurant Obauer in Salzburg
• der „Ausnahmewinzer des Jahres“, kommt aus dem Burgenland und heißt Michael Wenzel
• die „Entdeckung des Jahres“ geht an Johannes Zillinger aus dem Weinviertel
• die „Kollektion des Jahres“ führt Franz R. Weninger aus dem Burgenland
• mit der Auszeichnung „Alternativer Wein des Jahres“ wird der 2012 Lysegrøn aus dem
Hause Franz Strohmeier in der Steiermark geehrt.

WEIN DES JAHRES
2013 Riesling Unendlich Smaragd
F. X. Pichler
Oberloiben 57, 3601 Dürnstein, Wachau, weingut@fx-pichler.at, Tel.: 0 27 32/85 3 75
Er ist ein wahrhaft großer Wein – der Unendlich 2013. Seit dem ersten beeindruckenden Jahrgang 1998 gilt er mit seinem markanten Erscheinungsbild als das Maß der heimischen Rieslinge. Das Etikett schmückt das Bühnenbild zu Mozarts Oper „Die Zauberflöte“ – dargestellt als Sternenhimmel auf blauem Grund – Karl Friedrich Schinkels Symbol für die kosmische Unendlichkeit. Der 2013er besticht besonders durch seine enorme Dynamik. Im Duft rauchig geprägt, atemberaubend komplex mit reifer Zitrusfrucht und Anklängen von Weingartenpfirsich zieht er sich sehr engmaschig und druckvoll über den Gaumen. Das Schöne dabei: Er bleibt doch immer in einer geradezu subtilen Leichtigkeit. Dass der Nachhall unendlich ist, versteht sich bei diesem Wein fast von selbst. Ein wahrer Meditations-Riesling und ein Meisterstück von Lukas Pichler. Der ruhige und überlegte Winzer scheint ganz angekommen zu sein. Die stilistische Linie, die sein Vater über die Jahre geprägt hat, führt er mit Perfektion weiter. Seine eigene Handschrift wird Jahr für Jahr deutlicher spürbar. Die zeigt sich in einer Spur weniger Botrytis, einem Tick reduzierteren Alkohol und gleichzeitig mit enorm großer Brillanz und Eleganz.
F. X. Pichler über die Auszeichnung:
Wenn man mit Hingabe große Weine vinifiziert, und diese auch so verstanden werden, freut‘ mich das „unendlich!“

ALTERNATIVER WEIN DES JAHRES
2012 Lysegrøn
Franz Strohmeier, Lestein 148, 8511 St. Stefan ob Stainz, Weststeiermark; office@strohmeier.at, Tel.: 0676/38 32 430
Manche Dinge passieren in aller Stille, fast im Verborgenen, aber in einer geradezu logischen Konsequenz.Franz Strohmeier, sensibler und überaus besonnenerWinzer aus dem weststeirischen St. Stefan ob Stainz,hat seine Kollektion über die Jahre hinweg mit einemganz eigenen Stil geprägt. Schon immer waren die Weine außergewöhnlich, doch gewannen sie im Laufe der Jahre mehr und mehr an Tiefe und Aussage, je großzügiger er ihnen Raum und Zeit für die eigene Entwicklung zugestand. Dazu braucht es natürlich einen Winzer wie Strohmeier, der ausreichend Geduld und Einfühlungsvermögen hat. Seine Weine aus der Serie „Trauben, Liebe & Zeit“ verkörpern das am eindrücklichsten. Sie sind naturbelassen und dürfen sich im großen
Holzfass ohne Zusätze und Schwefel sowie ohne Filtration entwickeln. Für ihren Genuss sollte man sich Zeit nehmen. Unser alternativer Wein des Jahres, der Lysegrøn 2012 aus der Sorte Weißburgunder, öffnet sich am besten durch Dekantieren und bei einer Trinktemperatur von rund 14 Grad. Mit großer Spannung, energiereicher Säure und mit einer sich ständig im Glas verändernden Frucht ist er ein faszinierendes Beispiel eines sogenannten langsamen Weines.
Franz Strohmeier über die Auszeichnung:
„Herzlichen Dank für diese Auszeichnung, die eine Bestätigung für unsere urwüchsigen Weingärten ist. Es ist auch ein schöner Ansporn, den absolut naturbelassenen Weinausbau weiter zu pflegen.“

KOLLEKTION DES JAHRES
Franz R. Weninger
Florianigasse 11, 7312 Horitschon, Mittelburgenland, weingut@weninger.com – 0 26 10/42 1 65
Die Weningers zeigen mit ihrer brillanten Kollektion einmal mehr, woran man sich in Österreich in Sachen Blaufränkisch orientieren darf. Wichtiger Erfolgsfaktor ist die Familie: Franz und Martina haben aus dem ehemals sieben Hektar großen Betrieb mit Gespür und Fleiß ein respektables Lebenswerk geschaffen. 28 Hektar im ungarischen Balf sowie 22 in Horitschon sind es heute. Mit Franz Reinhard ist nun die nächste visionäre Generation am Werk. Der Bio-Weinbau bildet hier die Grundlage für alles, denn nur intakte Natur kann den Charakter der einzelnen Lagen widerspiegeln. Allen voran steht der Dürrau mit seinem tiefgrün- digen und eisenhaltigen Lehm und den alten Rebstöcken. Von dort kommen stets Weine, welche die Essenz in Weningers Keller darstellen. Auch der kühle und fordernde Kalkofen, das Kirchholz mit seinem saftigen Fruchtausdruck oder der Hochäcker mit dem perfekten Blaufränkischterroir zählen zu den Perlen. Der Weingarten Steiner in Balf war der Grund für den Start des Projekts in Ungarn und unterstreicht seine Bedeutung heute durch einen enorm strukturierten Wein. Der dritte, flächenmäßig kleine Nebenschauplatz ist die südburgenländische Riede Saybrit
z am Eisenberg. Ein Weingarten, der jährlich den mineralischen Typ Blaufränkisch zur anbetungswürdigen Kollektion beisteuert.
Franz Reinhard Weninger über die Auszeichnung:
„Die Auszeichnung „Kollektion des Jahres“ bereits für meinen zweiten Wein-Jahrgang in Horitschon zu bekommen, freut mich sehr. Denn so wie ich bei jedem einzelnen Wein auf der Suche nach Harmonie bin, muss auch mein Portfolio ein stimmiges Gesamtbild ergeben.“

AUSNAHMEWINZER DES JAHRES
Michael Wenzel
Hauptstraße 29, 7071 Rust, Neusiedlersee-Hügelland, office@michaelwenzel.at – 0 26 85/287
Michael Wenzel ist unser „Ausnahmewinzer des Jahres“. Das vor allem, weil er über die Jahre stets seinen ganz eigenen Weg gegangen ist, unbeeinflusst von jeglichen Moden und Strömungen. Er schreibt lieber seine persönliche Geschichte als zu kopieren. Und: Er hat im Laufe der Zeit zu einem stilsicheren und selbstbewussten Profil gefunden, geprägt vom ehrlichen Wein, der Zeit braucht. Er ist überzeugt, dass jeder, der seine Arbeit gut machen möchte, raus muss. Reisen, die Welt sehen und mit Ideen und Energie nach Hause kommen. Zum richtigen Zeitpunkt hat er von seinem Vater Robert das Weingut in 13. Generation übernommen. Ruster Ausbruch war immer das große Thema im Betrieb. Der Name Wenzel steht dabei für absolute Topqualität, und das schon lange Zeit. Michael setzt auf altbewährte Methoden wie Dichtbepflanzung und ökologische Bewirtschaftung. Für ihn ist der Mensch hinter dem Wein weit wichtiger als jede Technologie. In seiner Weinserie ist der sanfte, sensible und trotzdem starke Charakter des Winzers zu spüren. Sein Herz schlägt besonders für die Rebsorte Furmint. Garten Eden und Vogelsang sind wahre Schmuckstücke aus der fast in Vergessenheit geratenen Sorte. Tiefgründigkeit ist das Prägende in seinen Rotweinen.
Michael Wenzel über die Auszeichnung:
„Mich freut diese Auszeichnung außerordentlich, zumal die Hälfte meiner eingereichten Weine aus der legendären Furmint-Traube stammt. Somit betrachte ich diesen Award auch als Würdigung der Furmint-Rebe und Bestätigung des großen Potentials für autochthone Rebsorten in Österreich.“

ENTDECKUNG DES JAHRES
Johannes Zillinger
Landstraße 70, 2245 Velm-Götzendorf, Weinviertel, office@zillinger.at – 0676/63 57 881
Die Weine von Johannes Zillinger zeigen die ganze schöpferische Kraft ihres jungen Winzers, unsere Entdeckung des Jahres. Seine naturbelassene und sehr spannungsreiche Serie konnte uns mit ihrer Präsenz und Ausdruckskraft in der Blindverkostung restlos überzeugen. 2012 hat der Weinviertler den seit 30 Jahren biologisch bewirtschafteten Betrieb von seinem Vater Hans komplett in Eigenregie übernommen. In einer sanften Hofübergabe seit dem Jahr 2000 konnte er Schritt für Schritt in seine Aufgabe hineinwachsen. Zillingers Grundsatz ist vitales, gesundes Traubengut, das streng selektioniert wird. Deshalb kommt er im Keller mit einem recht minimalistischen Prinzip aus. Gekeltert werden drei Weinlinien: „Velue“, der alte Name des Ortes Velm, steht für trinkfreudige und frische Weine. Für die „Reflexion“ werden Lagenweine meist im Edel- stahl ausgebaut und anschließend mit in der
Amphore Maischevergorenem rückverschnitten. So entstehen Weine mit viel Rückgrat und Dichte, die kaum Schwefel brauchen. Als „Numen“ wird das metaphysische Wir- ken bezeichnet, das der Mensch nicht beeinflussen kann. Für die „Numen“-Serie greift Zillinger im Keller kaum ein. Die Weine reifen in 500 bis 700 Liter fassenden Akazienfässern. Der Grüne Veltliner, Riesling und Fumé Blanc aus dieser Linie sind Weine zum Niederknien.
Johannes Zillinger über die Auszeichnung:
„Ich freue mich über diese großartige Auszeichnung, sie bestätigt meinen Weg der Individualität und Eigenständigkeit. Sie ist in einem extrem schwierigen Jahr wie 2014 ein zusätzlicher Ansporn diesen Weg konsequent weiter zu gehen.“

SOMMELIER DES JAHRES
Alexander Koblinger, Restaurant Obauer
Markt 46, 5450 Werfen, ok@obauer.com – 0 64 68/52 1 20
Alexander Koblinger hat alles, was ein guter Sommelier braucht: die Kompetenz in allen fachlichen Belangen, die Sensibilität für die Bedürfnisse und Wünsche seiner Gäste, den Ehrgeiz für stete berufliche Weiterentwicklung, das Organisationstalent für den Aufbau eines idealen Restaurantweinkellers sowie das Charisma und den subtilen Charme eines Weinmenschen, der seinen Beruf wirklich liebt, ohne sich selbst zu weit in den Vordergrund zu stellen. Seit 2005 ist der gebürtige Oberösterreicher als Chef- Sommelier in Diensten der Brüder Obauer in Werfen. Über die Jahre hinweg ist er mit ihnen und ihrem authentischen Küchenstil zusammengewachsen. Kongenial dazu kann er aus einem Keller mit bestens gereiften Topweinen der wichtigsten Produzenten schöpfen. Koblingers Kombinationen von Wein und Speise sind stets punktgenau stimmig, oft spannend, manchmal überraschend, aber auf jeden Fall aufs Genussvollste ausgelegt. Der Gast fühlt sich bei ihm immer in besten Händen. 2011 erhielt Koblinger den begehrten Titel des „Master Sommeliers“, für den er einen intensiven Prozess an Kursen und Prüfungen in London durchlaufen hatte. Gut 200 Sommeliers dürfen diesen Titel weltweit tragen, im deutschsprachigen Raum sind es nur vier, in Österreich ist Koblinger der einzige.
Alexander Koblinger über die Auszeichnung:
„Es freut mich riesig, dass mit der Auszeichnung zum Sommelier des Jahres 2014 durch Gault Millau meine Leidenschaft für Wein so eindrucksvoll gewürdigt wird. Ein großartiges Highlight in meiner Karriere, das mir zeigt, dass ich mit meiner Arbeit auf dem richtigen Weg bin.“

WEINKARTE DES JAHRES
Restaurant Floh
Tullner Straße 1, 3425 Langenlebarn, floh@derfloh.at, Tel.: 0 22 72/62 8 09
Der Floh in Langenlebarn ist seit vielen Jahren „die“ Pilgerstätte für Weinenthusiasten, für viele gilt das sympathische Wirtshaus sogar als bestes kulinarisches Gesamtpaket. Wichtiger Teil dieses Pakets ist die außergewöhnliche Weinkarte. Mit einem Umfang von weit über 2000 Positionen sucht sie weit und breit ihresgleichen, daneben wird preislich äußerst fair kalkuliert. An Tiefe und Qualität der Auswahl ist sie kaum zu toppen. Hier findet der Gast nicht nur das wirklich Beste aus Österreich – alle Winzer von Rang sind mit ihren besten Lagen und erfreulicherweise meist auch in reiferen Jahrgängen aufgelistet. Frank- reich, speziell das Burgund und die Weine von der Rhône, sind Josef Floh daneben ein wichtiges Anliegen. Große Inspiration dafür fand er bei seinem ehemaligen Mentor, dem legendären Rudi Kellner vom Altwienerhof. Floh hat ihn auf Weinreisen nach Frankreich begleitet. Dabei wurde die Leidenschaft für das wichtige Thema entfacht. Übrigens: Wer sich vor seinem Besuch beim Floh in die Auswahl einlesen möchte, kann das auf der Homepage in der Weindatenbank tun. Ein toller Service für alle Weinfreaks, die sich bei Tisch mehr der Gesellschaft der Gäste als der Auswahl der richtigen Flasche aus dem gewaltigen Sortiment widmen wollen.
Josef Floh über die Auszeichnung:
„Dass wir diesen Preis bekommen, ist ja schon eine Ehre. Dass wir ihn bei seiner ersten Verleihung bekommen, ist sozusagen eine Ehren-Magnum. Danke! Wir möchten diesen Preis dem großen Floh- Mentor Rudi Kellner widmen, der nicht nur in der Küche ein großer Pionier war, sondern der
seinerzeit dem jungen Bürscherl aus Langenlebarn sehr viel über Wein beigebracht hat. Und eine Begeisterung und Faszination geweckt hat, die heute noch besteht – und die das Rückgrat dieser Weinkarte ist.“

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