Was haben Schüttelbrot, Südtiroler Speck und Semmelknödel gemeinsam? Sie alle sind seit Generationen in der Küche Südtirols verankert. Die kulinarischen Auszeichnungen für 2014 zeugen davon, dass auch Südtirols Spitzenköche sich verstärkt auf Gutes aus der Region konzentrieren und dieses neu und kreativ interpretieren: Mit 23 Michelin-Sternen, 112 Gault Millau-Hauben und 27 Drei-Gläser-Weinen verfügt Südtirol, gemessen an der Bevölkerungsdichte unter allen Provinzen Italiens, über die höchste Anzahl an Ehrungen.
Sterneregen und Haubensegen
Gleich zwei Neuzugänge zeichnete der renommierte Gastronomieführer Guide Michelin für 2014 mit einem Stern aus: Chris Oberhammer vom Restaurant Tilia in Toblach und Egon Heiss vom Restaurant Alpes im Hotel Bad Schörgau in Sarnthein. Damit steigt die Zahl der Sternerestaurants in Südtirol auf insgesamt 20 an. Nachwievor herausragend: Gerhard Wieser von der Trenkerstube im Hotel Castel in Dorf Tirol, Norbert Niederkofler vom St. Hubertus im Hotel Rosa Alpina in St. Kassian und Martin Obermarzoner aus dem Restaurant Jasmin in Klausen. Sie alle erhalten erneut zwei Sterne – die zweithöchste Wertung des Restaurantführers!
Im Gourmetführer Gault Millau Südtirol hielten sich vor zehn Jahren die Anzahl der Betriebe und der Hauben in etwa die Waage. Für 2014 ist es nun mit 112 Hauben fast ein Viertel mehr. Zehn neue Restaurants wurden erstmalig geehrt und elf Köche wurden noch besser bewertet als im Vorjahr. Die höchste Anerkennung mit vier Hauben ging erneut an Norbert Niederkofler, Chefkoch des Restaurant St. Hubertus im Hotel Rosa Alpina. „In Südtirol hat man wahrscheinlich früher als anderswo begriffen, dass man sich auf Region und Saison in der Küche besinnen soll. Die Konzentration auf die Schätze der Heimat ist das Erfolgsgeheimnis der hiesigen Gastronomen“, lobt Karl Hohenlohe, Herausgeber des Gault Millau-Führers die Region Südtirol.
Weißweine auf dem Siegertreppchen
Auch bei den Weinen sind die Südtiroler ganz weit vorne: Der bekannte italienische Weinführer Gambero Rosso vergab für 2014 insgesamt 27 Südtiroler Weinen (im vergangenen Jahr waren es 26) die Auszeichnung Drei-Gläser-Weine – darunter 18 Weißweine. Bei den Rebsorten steht der Weißburgunder mit acht Weinen an der Spitze. Unter den Rotweinen liegen die autochthonen Sorten klar vorne. Zwei Vernatsch-Weine wurden erneut ausgezeichnet: der St. Magdalener Antheus 2012 vom Weingut Waldgries in Bozen und der Kalterersee Leuchtenburg 2012 von der Ersten und Neuen Kellerei in Kaltern.
Wer sich in Südtirol auf die Spuren der Weine begeben möchte kann beispielsweise bei der Weinsafari entlang der Südtiroler Weinstraße auf Entdeckungsreise gehen.
Seit Generationen gut
Esskultur ist in Südtirol auch Alltagskultur: 72 Prozent der Südtiroler essen mittags zu Hause – und schätzen alpine Speisen mit mediterranem Pfiff. Ein Blick in die Töpfe zeigt, warum die Gerichte seit jeher so beliebt und qualitativ hochwertig sind.
Der Semmelknödel ist im Grunde genommen eine volle Mahlzeit. Er besteht zu 48 Prozent aus Kohlenhydraten, 32 Prozent aus Fett und 20 Prozent aus Eiweiß – das entspricht der empfohlenen Menge. Sein Vorteil liegt in der Variabilität der Zutaten: Durch einen höheren Ei-Gehalt und mehr fettarme Milch wird er eiweißreicher, die gesundheitsbewusste Variante wäre angereichert mit Ballaststoffen und auf Salaten serviert. Wie für alle Speisen, die seit Generationen zubereitet wurden, haben sich harmonische Praktiken und Abläufe bewährt. In Südtirol ist der Knödel mittlerweile auch Teil der Alltagskultur – von Knödeltagen bis zu Sprichwörtern und Liedern ist er überall zu finden.
Besonders bekömmlich ist das Südtiroler Schüttelbrot. Neben Roggen und anderen wenigen, regionalen und qualitativ hochwertigen Zutaten bedarf es keiner zusätzlichen Hilfsstoffe. Zudem ist „altes“ oder abgelagertes Brot wesentlich bekömmlicher und sättigender als frisches Hefebrot. Es braucht eine deutlich kürzere Verdauungsruhe und ist somit auch für Abendmahlzeiten und vor mentalen oder physischen Arbeiten empfehlenswert. Zudem regen die Gewürze wie Kümmel und Fenchel den Stoffwechsel an. Gemeinsam mit Südtiroler Speck wird die Sättigung noch gesteigert, denn die Kohlenhydrate aus dem Schüttelbrot werden durch das Fett im Speck langsamer ins Blut aufgenommen. Die Verbindung zur Region wird bei der Herstellung: Das typische Lufttrocknen des Schüttelbrotes funktioniert beispielsweise nur in Südtirol; in Gegenden mit höherer Luftfeuchtigkeit wäre eine hohe Schimmelgefahr gegeben.
Das besondere am Südtiroler Graukäse ist sein niedriger Fettanteil bei gleichzeitig würzigem Geschmack und hohem Eiweißgehalt. Seit jeher verarbeiten die Südtiroler diesen Magerköse zu Kaspressknödeln, Krapfen oder Graukassuppe. Traditionell wird er kalt mit Öl, Essig und Zwiebeln als Vorspeise serviert. Das Casein im Graukäse regt die Magensäureausschüttung an und führt so zu einem niedrigen ph-Wert im Magen – eine gute Voraussetzung für die Verdauung nachfolgender Speisen. Da der fettarme Graukäse nicht so lange im Magen liegt wie etwa gebratenes Fleisch oder überbackener Käse ist er auch am Abend sehr bekömmlich. Slow Food hat den „Ahrntaler Graukäse“ als besonders schützenswertes Traditionsprodukt mit seinem Presidio-Siegel bedacht. Die Herstellung wird in Südtirol nachwievor nach dem Meister-Schüler-Prinzip weitergegeben: Der Schüler beobachtet seinen Meister bei den einzelnen Arbeitsschritten bis er schließlich die traditionelle Praktik im „Gespür“ hat. Tradition bewährt sich eben!
Linkliste:
Kulinarik in Südtirol: www.suedtirol.info/kulinarik
Rezepte: www.suedtirol.info/Wissenswertes/Suedtirols-Kueche–Rezepte.html
Weinsafari: www.suedtiroler-weinstrasse.it/deutsch/wein–amp-rad/