Ein europäisches Wissenschaftlerteam hat nun
unter Führung des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) mit
Hilfe eines Mausmodells gezeigt, dass ein gestörter Fettstoffwechsel
paradoxerweise schlank machen kann. Schalteten die Forscher in der Maus
das Gen für ein bestimmtes Enzym des Fettsäureabbaus aus, so blieben die
Tiere trotz einer sehr fettreichen Ernährung schlank. Wie die Forscher
zeigen, ist der Ausfall des Enzyms mit einer erhöhten Körpertemperatur
verbunden. Zudem können die Mäuse die Energie, die im Nahrungsfett
steckt, nicht vollständig zur Energiegewinnung nutzen. Die Tiere müssen
daher mehr Fettsäuren abbauen als normalerweise notwendig wäre, um ihren
Energiebedarf zu decken.
„Unsere Studienergebnisse geben einen Einblick in die molekularen
Zusammenhänge zwischen Fettverbrennung, Energiestoffwechsel und
Übergewicht“, sagt Studienleiterin Annette Schürmann, die auch die
Abteilung Experimentelle Diabetologie am DIfE leitet. „Ein besseres
Verständnis der Zusammenhänge ist dringend erforderlich, um neue
Behandlungsmethoden entwickeln zu können, die krankhaft übergewichtigen
Menschen helfen, ihr Körpergewicht zu verringern.“
Das Forscherteam veröffentlichte nun seine Ergebnisse in der
Fachzeitschrift Endocrinology (Schulz, N. et al. 2011;
doi:10.1210/en.2011-1547).
Bei einer Suche nach Genen, die Übergewicht begünstigen, wurden die
Wissenschaftler erstmals auf das Gen eines Enzyms aufmerksam, das von
den Forschern kurz SCHAD genannt wird. Seit langem weiß man, dass das
Enzym sowohl bei Mäusen als auch bei Menschen am Fettsäureabbau
beteiligt ist. Bislang war jedoch unbekannt, dass es eine Rolle für die
Entstehung von Übergewicht spielt und über welche Mechanismen es das
Körpergewicht beeinflusst.
Um die Bedeutung der Enzymfunktion für die Regulation des
Körpergewichts genauer zu untersuchen, nutzten die Wissenschaftler
ein Tiermodell. Bei diesem handelt es sich um Mäuse, bei denen die
Forscher das Gen, das den Bauplan für SCHAD enthält, gezielt entfernt
hatten. Verglichen die Wissenschaftler die physiologischen Daten der
genetisch veränderten Mäuse mit den Daten von Kontrolltieren, bei denen
das Enzym normal funktionierte, stellten sie Folgendes fest:
Unter einer fettreichen Diät hatten die Mäuse, denen das SCHAD-Gen
fehlte, ein vergleichsweise geringes Körpergewicht und eine deutlich
geringere Körperfettmenge. Zudem war ihre Körpertemperatur erhöht.
Weitere Untersuchungen zeigten, dass die Tiere über den Urin bestimmte
Stoffwechselzwischenprodukte des Fettsäureabbaus ausschieden und
kompensatorisch mehr Fettsäuren verbrannten als die Kontrolltiere. Dabei
fraßen beide Mausgruppen gleich viel und waren auch in gleichem Umfang
körperlich aktiv.
„Wie unsere Auswertungen zeigen, konnten die genetisch veränderten
Mäuse nur etwa vier Fünftel der Energie nutzen, die das Fettfutter
normalerweise liefert, da sie das Fett nur unvollständig verbrennen. Ein
Grossteil der Energie geht dabei durch die Ausscheidung der
Abbauzwischenprodukte verloren“, erklärt Nadja Schulz, Erstautorin der
Studie. „Hinzu kommt der Energieverlust, der durch die erhöhte
Körpertemperatur entsteht. Um das Energiedefizit auszugleichen,
müssen die Mäuse also mehr Nahrungsfett verbrennen als die
Kontrolltiere und speichern es nicht in Form von Körperfett. SCHAD ist
also wichtig, um die Energie, die im Nahrungsfett enthalten ist,
vollständig zur Energiegewinnung für den Körper nutzen zu können“.