Die Milch macht’s – „Kindermilch“ auch?

Die Geburtenzahlen sinken. Das bekommen auch Hersteller von Babybedarf deutlich zu spüren. Neue Produktkreationen wie „Kindermilch“ sollen daher die kleine Kundschaft länger an den Hersteller binden. Mit Aussagen wie „gesünder als Kuhmilch“ preisen sie die Mixturen auf Milchbasis an. Ernährungsexperten sehen dagegen keine Vorteile in dem Industrieprodukt. Schick verpackt im quadratischen Karton mit Schraubverschluss präsentiert sich die weiße Flüssigkeit speziell für Kinder.

Mit Milch hat sie ungefähr soviel gemeinsam wie Käse mit einem „Brotbelag aus Pflanzenfett“: „Kindermilch“ besteht überwiegend aus Wasser, Molkenpulver und Zucker. Fünf Zuckerwürfel pro 200-Milliliter-Glas stellte das Bayerische Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz in einer Erhebung von 2009 fest. Das ist weitaus mehr als die bereits als überzuckert geltenden „Fruchtzwerge“ und ähnliche Produkte. Hersteller preisen als Vorteil ihrer Produkte den gegenüber Kuhmilch geringeren Eiweißgehalt an. Optimal an den Bedarf des Kindes angepasst sei außerdem der Gehalt an Nährstoffen, insbesondere Vitamin D und Eisen.

Dagegen verteidigen Ernährungsexperten die altbewährte Kuhmilch: Zwar gebe es Hinweise, dass mit einem erhöhten Eiweißverzehr im zweiten Lebensjahr das Übergewichtsrisiko steige. Nach den Ergebnissen der DONALD-Studie des Forschungsinstituts für Kinderernährung in Dortmund lässt sich aber die aktuelle, insgesamt reichliche Eiweißzufuhr im Kleinkindalter auch senken, ohne „Kindermilch“ zu trinken, denn Trinkmilch liefert maximal 25 Prozent der täglichen Eiweißzufuhr. Ein weiterer Kritikpunkt: „Kindermilch“ ist oft aromatisiert – so lernen Kinder den natürlichen Milchgeschmack nicht kennen. Die Vorteile des Industrieproduktes liegen damit wohl eher in den Kassen der Hersteller als in einer optimierten Nährstoffversorgung der Kinder.
Teurer als Kuhmilch ist „Kindermilch“ allemal. Ihr Marktwert beläuft sich derzeit auf 28 Millionen Euro, so die „Lebensmittel Zeitung direkt“ im Dezember 2010. Ein Hersteller rechnet mit rund 90 Millionen Euro, wenn es gelingt, die Kinder, beziehungsweise die Eltern, ein ganzes Jahr in diesem Segment zu halten.
Dr. Christina Rempe, www.aid.de

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