Berlin Charlottenburg – trendig und lecker

Berlin steht vor einem Richtungswechsel: Nach dem Boom der Ost-Szeneviertel wie Mitte, Prenzlauer Berg oder Friedrichshain deutet sich jetzt eine Rückbesinnung auf den alten Westen an. Pünktlich zum 125. Geburtstag des Kurfürstendamms im Jahr 2011 kommt neues Leben in den Prachtboulevard. Man sieht es an den Baukränen und den neuen Ladenschildern: Das ehemalige Zentrum West-Berlins rund um den Bahnhof Zoo und die Gedächtniskirche steht vor einer Renaissance. Altes und Neues verbinden sich auf beste Weise: Designhotels beleben Altbauten aus den 20er Jahren. Eine junge Generation von Köchen findet hier einen ruhigeren Lebensrhythmus und trifft auf Kunden, die Zeit zum Genießen haben. Aufstrebende Designer freuen sich über ein interessiertes, zahlungskräftiges Publikum.

Neue Galerienszene in Charlottenburg

Neben Berlin-Mitte ist Charlottenburg heute eines der Zentren der Berliner Galerienszene. Rund 30 Galerien ballen sich zwischen Mommsenstraße, Kurfürstendamm und Fasanenstraße. Kunsthandwerk und Kunsthandel haben in dem Viertel eine lange Tradition – was nicht heißt, dass man hier nicht offen für neue Strömungen wäre. Zuzüge aus anderen Teilen der Stadt, aber auch aus anderen Städten wie München und Köln beleben die Szene der „Westgalerien“. Die Galeristin Susanne Albrecht etwa hat im März 2009 ihre Räume in der Charlottenburger Straße bezogen. Nach zwei erfolgreichen Jahrzehnten in München genießt sie die Freiheit, auch mal abseitige Positionen zeigen zu können. www.galeriesusannealbrecht.de

Der Kölner Galerist Daniel Buchholz hat sich ebenfalls gegen die „wilde“ Szene in Berlin-Mitte und für einen sanierten Altbau in der noblen Fasanenstraße entschieden. Seit dem Sommer 2008 zeigt er hier unter anderem Werke von Isa Genzken und Wolfgang Tillmans. www.galeriebuchholz.de. Aber auch Künstler und Galeristen, die ein eher raues Klima bevorzugen, finden im Berliner Westen geeignete Orte. An der Potsdamer Straße liegt ein Ort, den man im Auge behalten sollte: das „Freie Museum Berlin“. Eine Gruppe von Kunstschaffenden hat das Haus im Juli 2009 in Eigeninitiative eröffnet. In einer alten Fabrik aus dem 19. Jahrhundert sind auf 1300 m² Atelier-, Archiv- und Ausstellungsräume entstanden. Den Machern geht es darum, die klassischen Grenzen zwischen Künstler, Kurator und Galerist aufzubrechen. Einmal im Monat findet ein Salon statt, zu dem neben bildenden Künstlern auch Schriftsteller oder Politiker eingeladen werden. www.freies-museum.com

Shopping zwischen Luxus und Berlin-Design

Eine Shoppingtour auf dem Kurfürstendamm beginnt natürlich im KaDeWe. Mit inzwischen 60.000 m² Verkaufsfläche auf acht Etagen ist das KaDeWe das größte Warenhaus auf dem europäischen Kontinent. www.kadewe.de Wer Zeit mitbringt und einen Abstecher in Seitenstraßen des Kurfürstendamms unternimmt, findet aber auch Geschäfte kleinerer Berliner Modedesigner. Zu den Klassikern gehören etwa Nana Kuckuck, Anna von Griesheim oder Daniel Rodan. Dazu kommen immer mehr junge Designer, die sich ganz bewusst nicht in Mitte, sondern in der „neuen“ City West angesiedelt haben.

Die 27 Jahre junge Designerin Mareen Weden hat im März 2010 ihr Atelier in der Schönhauser Allee aufgegeben und ist in die Charlottenburger Fasanenstraße gezogen. Ein passender Ort für ihre klassisch-raffinierten Schnitte, die sie in Materialien wie Ziegenvelours und Seidenchiffon umsetzt. Selbstverständlich werden alle Modelle des Labels „Mareen Mo“ nach dem Kauf noch den Wünschen und Maßen der Kunden angepasst. www.mareen-mo.de Ebenfalls ein Zuzügler aus Mitte ist der „Chelsea Farmers Club“, der britisch inspirierte Mode für den modernen Gentleman verkauft. Oder wie es der Inhaber Christoph Tophinke formuliert: „Die Essenz aus Mode, Ethnologie, Ästhetik, Psychoanalyse, Design, Sexologie, Mechanik und Küche.“ In der Bleibtreustraße hat er im September 2006 Räume gefunden, die großzügig genug sind, um neben der Kleiderkollektion auch eine Bar aufzunehmen. Denn was nützt einem der schönste Anzug, wenn man ihn nicht stilvoll mit einem Drink in der Hand präsentieren kann? www.chelseafarmersclub.de

Nachhaltigkeit ist das Konzept von „de la Reh“. Der erst im September 2010 eröffnete Laden in der Nürnberger Straße verkauft ausschließlich „Green Fashion“ – also Mode, die umweltschonend und unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt wird. Dass die Sachen dazu auch noch super aussehen, versteht sich von selbst. www.delareh.de

Clubs und Bars

Wohin mit den schicken Outfits? In die Bars um den Kurfürstendamm. Ob futuristisch, mit Panorama-Blick oder ganz nostalgisch – die City West macht alle Nachtmenschen glücklich.

Vom Kino zum Clubrestaurant. Diese Wandlung hat die erst im Oktober 2010 eröffnete „Home Lounge“ erfolgreich hinter sich gebracht. Im ehemaligen Kinofoyer können die Gäste mit Blick auf den Kurfürstendamm feinste Küche genießen. Wer nach dem Essen noch feiern will, bestellt als Nachspeise ein Gin-Tonic-Sorbet und geht anschließend nur ein paar Schritte weiter zum Club- und Loungebereich. Auf 450 m² ist genug Platz für alles, sogar für einen echten Segelflieger, der unter der Decke schwebt. Die Home Lounge hat nur freitags und samstags geöffnet. www.the-home-berlin.de

Das „Stagger Lee“ liegt etwas östlich vom Kurfürstendamm. Thematisch ist man dort aber mitten im Wilden Westen. Die Bar gibt es seit Herbst 2009, die Inneneinrichtung erinnert aber an einen Saloon um 1900: schummrig-rote Tapeten, ein Pokertisch und auf den Toiletten originale Zinkwaschbecken. Dem Namenspatron, dem Mörder Stagger Lee, ist ein exzellenter Mint Julep gewidmet. Die detailverliebten Barkeeper legen sogar ihre Cocktailkirschen selbst ein. www.staggerlee.de

Architektur

„Bikini Berlin“ heißt das Projekt, das das Gesicht des Breitscheidplatzes komplett verändern könnte. Im Zentrum steht das sogenannte „Bikinihaus“ – ein länglicher Gebäuderiegel zwischen Zoo und Gedächtniskirche. Ein neuer Investor will den Gebäudekomplex luftiger und moderner gestalten, ohne seinen Charakter zu verfremden. Ab Herbst 2012 sollen hier Restaurants und Geschäfte einziehen. Ein Teil der Fläche ist exklusiv für Berliner Designer reserviert. Zusätzlich soll auf 7000 m² ein öffentlich zugänglicher Dachgarten entstehen – mit bestem Blick auf Giraffen und Elefanten, denn der Zoo beginnt direkt hinter dem Gebäude.

Auch neben dem Bikinihaus wird gebaut: Der Gründer einer Multiplexkette hat sein Herz für Kinolegenden entdeckt und saniert den 1957 gebauten „Zoopalast“. Das Premierenkino aus den Wirtschaftswunderjahren ist eines der schönsten Kinos Berlin, hat in den letzten Jahren aber an Glanz verloren. Nach dem Umbau soll der Zoopalast ein Ort für exklusive Kinoerlebnisse werden, mit neuester Digitaltechnik, gemütlichen Sesseln und einer Cocktailbar.

Vis à vis vom Zoopalast entsteht derzeit das „Zoofenster“. Die Baukräne des 119 Meter hohen Wolkenkratzers überragen schon jetzt jedes Gebäude im Umkreis. Wenn das Zoofenster Ende 2011 fertig ist, wird es mit 32 Stockwerken das höchste Haus in der City West sein. Das 180-Millionen-Euro Projekt wird von einem Investor aus Abu Dhabi finanziert. Der plant dort Büros, Luxusappartements und Geschäfte anzusiedeln. 15 Stockwerke hat sich bereits die renommierte Hotelkette „Waldorf Astoria“ reserviert.

Neue deutsche Küche

Wer fürstlich speisen will, war in der Gegend rund um den Kurfürstendamm schon immer an der richtigen Adresse. Besonders lebhaft geht es derzeit zwischen Fasanenstraße und Ludwigkirchplatz zu. Das Flair ist im Sommer fast mediterran, die Küche dagegen besinnt sich zunehmend auf deutsche Spezialitäten.

Bodenständig geht es im „Esswein“ am Fasanenplatz zu. Seit Mai 2010 serviert Claudia Esswein hier sehr deutsche Klassiker wie Blutwurst und Pfälzer Saumagen. Allerdings viel raffinierter zubereitet als gewohnt. Zum Beispiel als „Geröstete Blutwurstravioli mit Kräutermeerrettichschaum“. Diese Mischung zieht Berliner genauso an wie ein junges Szenepublikum, das sich für regionale Küche interessiert. www.esswein-berlin.de

Die neueste Adresse in der jungen Gastroszene der City West ist der im September 2010 eröffnete „Universum Grill“ am Lehniner Platz. Im Zentrum des Restaurants steht ein offener Grill und da ist es logisch, dass hochwertiges Fleisch den Schwerpunkt der Speisekarte bildet. Zum Beispiel eine 21 Tage gereifte Hochrippe von Chianina-Rind. Die Grillspezialitäten werden puristisch serviert mit klassischen Beilagen wie Vichy-Babykarotten und selbstgemachter Sauce Bernaise. Danach besteht die Möglichkeit, in das in Blickweite liegende Theater Schaubühne weiterzuziehen, oder aber in die Universum Bar – mit ihrem futuristischen Raumschiff-Look eine der schönsten Bars in Charlottenburg. www.universumlounge.com

Das Restaurant Wegner liegt etwas versteckt in einer Seitenstraße des Kurfürstendamms. Kenner der Berliner Restaurantszene sind trotzdem schon aufmerksam geworden, denn Jens Wegner gilt derzeit als einer der besten Köche der Stadt. Im April 2009 hat er sich den Traum von einem eigenen Restaurant erfüllt und überrascht wöchentlich mit neuen Specials: Hummerwochen, Gastköche oder ein Menü, das komplett auf biodynamische Weine abgestimmt ist. In dem winzigen, puristisch eingerichteten Gastraum serviert er Gourmetküche wie Rehrücken an Balsamico-Kirschen und Pfifferlingen – ohne Schnickschnack, aber auf allerhöchstem Niveau. www.restaurant-wegner.de

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