So gesellig das Grillen in netter Runde auch ist, es bleibt durchaus brisant. Zum einen tragen Rauch und Gerüche nicht gerade zur Freude der Nachbarn bei, zum anderen kann eine ausgedehnte Grillrunde eine ganze Hausgemeinschaft den Schlaf kosten – und unausgeschlafene Nachbarn sind erfahrungsgemäß leicht reizbar. ARAG Experten erklären die Rechtslage.
Störungen sind oft „ortsüblich“
Was man an Lärm und Gerüchen in der Nachbarschaft erdulden muss, wird unter anderem in § 906 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bestimmt. Er ist jedoch nicht nur auf die dort ausdrücklich genannten Immissionen anwendbar. Denn der Gesetzestext schließt „ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen“ in seinen Anwendungsbereichen ausdrücklich ein. Er macht damit deutlich, dass der Gesetzgeber – angesichts der Vielzahl denkbarer Störungen und weil in einer sich verändernden Welt auch stets neue Störquellen hinzu kommen – nur einige Beispiele genannt hat, die das Thema nicht erschöpfen. Mit den aus § 906 BGB und den einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften abgeleiteten Maßstäben werden auch Nachbarschaftsstreitigkeiten um den Grill auf dem Balkon oder im Garten gelöst. Auch wenn man sich durch die rauchende Freizeitaktivität seines Nachbarn wesentlich gestört fühlt, sind Störungen im Sinne der gesetzlichen Vorschrift nur selten wesentliche Beeinträchtigungen, gegen die man etwas unternehmen kann. Selbst wenn sie wesentlich sind, werden sie in Wohngebieten fast immer als ortsüblich zu betrachten sein. Es sei denn, man kann dem Nachbarn nachweisen, dass der Grill nicht fachgerecht betrieben wird – etwa durch das Verbrennen von Kunststoffen – dann entstehen Abwehransprüche.
Grillverbot in Eigentumswohnanlage
Eine gültige juristische Entscheidung besagt, dass im Rahmen einer Eigentumswohnanlage durch schlichten Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung ein grundsätzliches Grillverbot für Balkone und Terrassen ausgesprochen werden kann. Grund für diese richterliche Ansicht: Das Grillen sei kein fester Bestandteil unserer Wohnkultur. Nach Ansicht der ARAG Experten ist diese Auffassung jedoch etwas zweifelhaft und nicht gerade zeitgemäß.
Grenz- und Richtwerte
Es liegt auf der Hand, dass die Bestimmung dessen, was im Sinne des § 906 BGB ‚ortsüblich‘ ist, wesentlich‘ oder ‚unwesentlich‘ beeinträchtigt, große Schwierigkeiten bereitet und regelmäßig den Kern des Streits ausmacht. All diese Begrifflichkeiten sind dehnbar. Dieses Problem ist durch die 1994 neu hinzugefügten Teile der Vorschrift immerhin etwas entschärft worden: Der Gesetzgeber hat in der Neufassung angeordnet, dass überall dort, wo vom Gesetzgeber oder von der Verwaltung im Auftrag des Gesetzgebers Grenzwerte (dürfen nicht überschritten werden) oder Richtwerte (sollen eingehalten werden) festgesetzt worden sind, dies auch für den Streit zwischen Nachbarn gelten sollen. Aber überall dort, wo derartige gesetzliche oder verwaltungstechnische Grenz- und Richtwerte fehlen, bleibt es bei der allgemeinen Aussage im BGB.
Wie oft?
Es kommt also auf den Einzelfall an. Als Maßstab für die Abgrenzung einer wesentlichen von einer unwesentlichen Beeinträchtigung muss man sich die Reaktion eines verständigen und durchschnittlich empfindlichen Menschen vorstellen – was er als wesentliche Beeinträchtigung empfinden würde, darf auch jeder andere als eine Solche bezeichnen. Als Faustregel für die „Ortsüblichkeit“ gilt: Wenn die Immission, um deren Abwehr es geht, auf eine Grundstücksnutzung zurückzuführen ist, die für die konkrete Umgebung des Grundstücks gänzlich untypisch ist, ist sie nicht ‚ortsüblich‘. Aber auch hier gibt es eine verwirrende Ausnahme: Bei Gartenfesten wird differenziert. In vielen Wohngegenden ist es ortsüblich, abends mit Freunden auf dem Balkon oder im Garten zu sitzen. Dies kann deshalb zwar lauter, aber kaum untersagt werden. Nach Auffassung des OLG Oldenburg (Az: 13 U 53/02) kann es bis zu viermal im Jahr „sozialadäquat“ sein, zu grillen. Wie oft aber Grillen erlaubt ist, wird durch die Gerichte unterschiedlichst entschieden: Während ein Bremer von April bis September einmal monatlich seiner heißen Leidenschaft frönen darf, wenn er den Nachbarn 48 Stunden vorher darüber informiert (AG Bremen, AZ: 6 C 545/96), ist in Stuttgart nach dreimaligem Grillen für jeweils zwei Stunden Schluss mit dem Würstchenessen (LG Stuttgart, AZ: 10 T 359/96). Das Grillen auf dem Balkon eines Mehrfamilienhauses kann durch eine Regelung in der Hausordnung auch ganz und gar verboten werden. Halten sich die Mieter trotz Abmahnung nicht an das Verbot, so darf ihnen fristlos gekündigt werden (LG Essen, AZ: 10 S 438/01).
Zum Trost ein Tipp der ARAG Experten: Wer nicht ganz auf das Grillvergnügen verzichten möchte, der hat immer noch die Möglichkeit, öffentlich ausgewiesene Standorte fürs Barbecue zu nutzen. Außerdem ist das sommerliche Grillen im Garten erlaubt, wenn die Nachbarn dadurch nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt wird (LG München, Az.: 22735/01).