La Mano Verde, Vegetarisches Restaurant Berlin

Interview mit dem Besitzer Jean-Christian Jury über den neuen Standort in Berlin Mitte und mit Chefköchin Josita Hartanto

Interview mit Jean-Christian Jury

 

Das Restaurant „La Mano Verde“ in Berlin-Friedenau fehlt mir. Ich konnte zu Fuß hingehen.
Jetzt sind sie umgezogen und ich fahre mit dem Bus hin. Aber trotzdem hat mich interessiert, warum ich jetzt nicht mehr zu Fuß gehen kann, daher habe ich Jean-Christian Jury einige Fragen gestellt.

Warum haben Sie Friedenau verlassen, obwohl La Mano Verdo dort schon gut etabliert war?

Wir haben Friedenau schweren Herzens nach über einem Jahr des Streits mit unserem Vermieter verlassen. Das Hauptproblem waren regelmäßige Überflutungen im Keller und in den Toiletten von La Mano Verde. Bei jedem starken Regen schoss das Wasser wie eine Fontäne aus dem Fliesenboden und stieg rasch bis auf 15 cm an. In einem Gourmet-Restaurant ist so etwas nicht akzeptabel. Da unser Vermieter auf unsere Warnungen nicht reagiert hat, entschlossen wir uns zur Suche nach einem neuen Standort. Wir sind ein Destination Restaurant, unsere Kunden sind zu 60 Prozent Touristen. Unsere Stammkunden sind uns an unseren neuen Standort gefolgt.

Weshalb wählten Sie die Scharnhorststraße in Berlin-Mitte als neuen Standort für La Mano Verde?

Die Scharnhorststraße liegt sehr günstig zum Berliner Hauptbahnhof, man geht 10 Minuten zu Fuß oder fährt 3 Minuten mit dem Bus (N120). Zusätzlich gibt es genügend Parkplätze für Gäste, die lieber mit dem Auto kommen. Schon in naher Zukunft werden wir von hunderten neuer Wohnungen umgeben sein, in der Scharnhorstraße wird derzeit viel renoviert und gebaut, unter anderem ein 5-Sterne-Hotel.

Wie kam es zu Ihrer Entscheidung, das Küchenteam auszuwechseln und dabei mit dem Chefkoch anzufangen?

Wir haben uns aus verschiedenen Gründen dazu entschieden, den Küchenchef und einen Teil des Küchenteams auszuwechseln. Wir müssen an die Zukunft unseres Unternehmens denken und benötigen eine solide und professionelle Struktur um uns herum. Um eine Küche zu leiten, braucht man mehr als bloße Kochkenntnisse. Wir brauchten ein professionell ausgebildetes Team, um als La Mano Verde den hohen Standard und die Qualität zu erreichen, die unsere Kunden erwarten.

Nach unserem Umzug an unseren neuen Standort in Berlin-Mitte haben wir beträchtliche Investitionen getätigt, um die Entwicklung unseres Konzepts voranzutreiben und unser erstes Ziel zu erreichen: ein Restaurantmodell zu entwerfen, das sich an jedem beliebigen Ort auf der Welt wiederholen lässt. In dieser Hinsicht schien es uns auch an der Zeit, uns erneut der Personalfrage des Unternehmens zu widmen und unsere Bemühungen dahingehend zu konzentrieren, ein Team auszubilden und zu entwickeln, das hoch qualifiziert ist, einschlägige Erfahrung mitbringt und einen Teamgeist hat, der dem Konzept von La Mano Verde entspricht.

Warum haben Sie sich dazu entschieden, nur Gerichte auf Pflanzenbasis zu kochen?

In den letzten 50 Jahren hat die Lebensmittelindustrie die Ernährungsweise der Gesellschaft radikal verändert. Erst seit kurzem ist uns bewusst geworden, wie viel Schaden durch den langfristigen Verzehr ungesunder Nahrung und Getränke angerichtet wurde. Wir haben das Konzept des La Mano Verde entwickelt, um ein Modell für anspruchsvolles Kochen mit gesunden Produkten auf Pflanzenbasis zu präsentieren und einzuführen. Wir versuchen überdies, mit dem „alternativen“ Image zu brechen, das in der Gesellschaft gegenüber den Pionieren des Kochens auf Pflanzenbasis vorherrscht. Donald Watson gründete die Vegan Society 1944 im Vereinigten Königreich. Das Wort „vegan“ besteht aus dem Anfang und Ende des Worts „vegetarian“. Laut Donald Watson symbolisiert die Herleitung des Worts, dass der Veganismus die Wurzel des Vegetarismus bildet und den Abschluss der vegetarischen Suche nach guter Gesundheit bedeutet. Wir glauben, dass mit reinen, gesunden und umweltfreundlichen Zutaten die höchste Qualität der Gastronomie erreicht werden kann. Sämtliche Gerichte von uns sind vollkommen frei von Tierprodukten und gentechnisch veränderten Lebensmitteln. Wir bieten auch eine Auswahl von „living food“ und allergiefreundlicher Küche. Letztere beruht auf dem Verzicht auf Milchprodukte in unserer Küche sowie auf einer Vielzahl von glutenfreien Angeboten auf der Speisekarte. Die Geschmäcker und Stile der verschiedensten Kulturen schlagen sich in unserer Küche nieder, die sowohl für die sorgsame Zubereitung jedes Gerichts als auch für ihre innovativen Kombinationen und – vermutlich zur Überraschung vieler – für ihre kräftigen Aromen gelobt wird. Wir lehnen auch das bloße Nachbilden traditioneller Fleischgerichte ab; unserer Meinung nach sollte ein veganes Essen köstlich, vom Nährwert her ausgewogen und befriedigend sein, und es sollte seinen eigenen Geschmack und Charakter haben.

Wie sehen Sie die Zukunft des La Mano Verde?

Wir entwickeln das Konzept des La Mano Verde mit Hilfe von Beratern wie Julia M. Kundermann vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, Dr. Joachim Reichert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und Dr. Julia Schlesser, einer Spezialistin für Ernährungslehre. Wir stimmen unser Konzept nach den Bedürfnissen der Kunden ab, dazu gehört die verstärkte Entwicklung von Rezepten auf Grundlage saisonaler und regionaler Produkte. Wir möchten enger mit Bauern zusammenarbeiten, die auf den Anbau von organischem Obst und Gemüse spezialisiert sind. Die Frische der Produkte, die wir in unserer Küche verwenden, hat höchste Priorität. Wir bemühen uns, unnötige Lagerzeit zu vermeiden, so dass unseren Kunden sämtliche gesundheitlichen Vorzüge des Essens lebender Lebensmittel zugute kommen. Ein weiteres wichtiges Projekt des La Mano Verde ist die Eröffnung unserer eigenen Kochschule und die Anerkennung des Berufstitels „veganer Koch“ durch die Europäische Union. Wir möchten, dass vegane Köche ihren Abschluss wie im bestehenden Ausbildungssystem machen können, ohne Produkte auf Tierbasis verwenden zu müssen.

 

Interview mit Chefkoch Josita Hartanto – La Mano Verde – Berlin-Mitte

Oft erzählen mir Leute, wie erstaunlich gut vegane Sachen schmecken können, wenn sie richtig zubereitet sind. Sie sind überrascht und ein bischen beeindruckt, wie man leckere Kekse und Kuchen ohne Butter und Eier machen kann. Ich denke, es wird einfach vergessen, daß Butter nicht das einzige Fett ist, das uns zur Verfügung steht. Da kommen Öle, Pflanzenmargarinen und -Fette, wie zB Kokosfett ins Spiel. Kekse brauchen Fett; Aber nicht von Tieren! Es macht Spaß, traditionelle, nichtvegane Rezepte zu „veganisieren“. Ich sehe mich nicht als Missionarin. Natürlich wäre eine Vegane Welt mehr als wünschenswert, ist aber natürlich utopisch. Ich denke der beste Weg in diese Richtung ist zunächst einmal Aufklärung…(ich bin sicher, wenn Kinder mal einen Blick in ein Schlachthaus werfen würden, um zu sehen, wo ihre „Bärchenwurst“ herkommt, hätten sie -abgesehen von einem Trauma fürs Leben- sicher keine Lust mehr darauf..) Mein Beitrag dazu ist, mit gutem Essen so vielen Menschen wie möglich zu zeigen, daß man als vegan lebender Mensch auf nichts verzichten muß. Und man fühlt sich einfach gut dabei! Ich koche nun seit 11 Jahren. Ich lernte im Hotel Steigenberger in Berlin und die Begeisterung für meinen Beruf ist schwer zu verbergen. Seit Mitte März bin ich nun Chefköchin im La Mano Verde, einem Roh-/Naturkost-Paradies in Berlin. Das erste mal darf ich 100% vegan kochen! Endlich!

Zu Beginn die nahe liegende Frage: Was führte dich zur Chefköchin?

Ich glaube mit elf oder 12 habe ich meine ersten einfachen aber eigenen Gerichte „erfunden“. Habe also schon recht früh meine Begeisterung fürs Kochen entdeckt. Habe aus dieser Leidenschaft meinen Beruf gemacht, und auch wenn es sehr harte Zeiten gab, habe ich es nie bereut. Ich könnte niemals den ganzen Tag an einem Büroschreibtisch sitzen! Ich muß etwas produktives und kreatives mit meinen Händen machen! Ich habe nach meiner Ausbildung in verschiedenen Restaurants gearbeitet, die letzten 5 Jahre im Oxymoron, einem Szeneladen am Hackeschen Markt, das ich sehr geliebt habe und immer noch liebe. Habe selten mit und für so tolle Menschen gearbeitet. Vor gut drei Jahren entschied ich mich dann für die vegane Lebensweise. Als ich dann vor kurzem das Angebot erhielt, die La Mano Verde Küche „zu übernehmen“, wußte ich, daß es an der Zeit war, einen Schritt nach vorne zu machen…

Ich habe gelesen, dass du während deiner Berufstätigkeit im Oxymoron, wo du viel mit Fleisch zu tun hattest, zum „Vegansein“ übergewechselt bist. Wie war das denn? Hattest du dir viel Ärger mit deinen Kollegen wegen deiner Ernährungsumstellung eingehandelt?

Überhaupt nicht! Ich stieß auf sehr viel Toleranz und auch Begeisterung, weil ich natürlich meine veganen Kreationen fleißig in sämtliche Menüplanungen habe einfließen lassen. Und es kam gut an. Wir waren ein Super-Team, jeder hatte sozusagen seine persönlichen Vorzüge, so war ich ab sofort die Spezialistin wenns um vegetarische Sachen ging. Irgendwann habe ich sogar mein eigenes Schneidebrett bekommen, weil meine Kollegen es nicht mehr mit ansehen konnten, wie ich mir zu Beginn der Schicht stundenlang einBrett geschrubbt habe, um vermeindliche tierische überreste zu entfernen… 🙂 Habe sogar meinen   Sous Chef davon überzeugen können, daß das der richtige Weg ist, und er lebt jetzt auch vegan! Ich war wirklich traurig als ich gegangen bin, viele meiner Kollegen und Chefs vermisse ich doch sehr..

Gab es Einflüsse durch Ernährungs- oder ethische Gründe?

Es kam die Zeit, wo ich ernsthaft über fehlende Rechte von Tieren nachdachte und ich einfach eine Mein (toller 🙂 ) Chef und ich teilen die Leidenschaft für Qualität und Kreativität und wir sammeln Ideen von vielen neuen Kreationen und Geschmacksrichtungen. Manchmal kommt er gar nicht hinterher, weil in meinem Kopf so viele Ideen aufgestaut sind, die endlich umgesetzt werden wollen… 🙂 Wir haben gerade ein neues Pasta-Rezept mit frischen Seealgen kreiert, mariniert in kalt gepresstem Olivenöl und Rosmarin, mit etwas Knoblauch, Chili und , mit knusprig gebackenen Rucola-Blättern und Pinienkerne-Parmesan als i-Tüpfelchen. Lecker!

Abscheu entwickelte gegen das, was mensch Tieren für ein paar Minuten Gaumenschmaus antut… Ich wollte damit nichts mehr zu tun haben und mich stark machen für die Unschuldigen.

Und auf der Arbeit mußte ich dann schon mal einen Kalbsrücken zerlegen. Das war schon sehr hart, weil ich einfach kein Stück Fleisch mehr sehen kann ohne ein direktes Bild von dem Blut, das (im wahrsten Sinne des Wortes) daran klebt vor Augen zu haben. Glücklicherweise hatte ich ja liebe Kollegen, die mir meistens die schlimmsten Aufgaben abgenommen haben. Aber sehen mußte ich es trotzdem noch.

Anfang 2010 wurde mir die Stelle als Chefkoch in La Mano Verde angeboten. Dies verhalf mir zu einem Aufstieg und einer Veränderung, die ich einfach nötig hatte. Denn ich hatte schon öfters schlechte Laune einfach weil ich mit ansehen mußte wie respektlos mit „blutiger“ Nahrung umgegangen wird. I n dieser Branche muss du dich weiterentwickeln.  Ich will mehr! Man muß in Bewegung bleiben und dabei  lernt man ständig dazu.

Was hast du während deines Trainings als Chefkoch, wie du es heute bist, gelernt?

Gut, der Chefkoch ist ja noch relativ neu für mich… jedenfalls habe ich bereits in der Vergangenheit Ich bin nicht der Meinung, daß ich als vegane Köchin versuchen muß, Fleisch zu imitieren oder zu gelernt, daß man auf nichts verzichten muß und daß fast nichts unmöglich ist…  ersetzen. Es geht mehr darum, eine neue Richtung zu finden, einfach eine kreative, frische Gemüseküche, die Augen und Gaumen kitzelt. Gemüse ist so wahnsinnig vielseitig und es macht Spaß,   damit zu experimentieren. Ich liebe Tofu und der ist genauso ein Multitalent!

Wenn es um vegane oder vegetarische Nahrung geht, hören wir öfter von Hippie Food. Warum das?

Ich denke, in der Vergangenheit waren wir etwas primitiver, was das betrifft. Vegetarier und Veganer sind schon lange keine Ökos mit Birkenstocks und Rauschebärten mehr. Mehr Menschen machen sich Gedanken über Ernährung, Gesundheit und Massentierhaltung. Wir haben uns etwas weiterentwickelt. Es gibt neue Produkte auf dem Markt. -Fern von Karotten und Grünkernbratlingen…

Ob es jetzt die Art und Weise ist, wie der Mensch mit den Tieren umgeht, oder gesundheitliche Aspekte, die die Leute dazu bringen, sich Gedanken über ihre   Ernährung zu machen, spielt letztendlich keine Rolle.   Wichtig und schön finde ich, daß immer mehr Menschen sich für eine vegetarische oder gar vegane Lebensweise entscheiden. Das Bild von fleischloser Küche ändert sich langsam, weil mehr professionelle Köche sich mit dem Thema auseinandersetzten. Es ist ein Trend. Ich glaub der erste, den ich je gut fand… Es ist auch ein neuer Markt. Es gibt (noch?) keine Möglichkeit eine professionelle Kochausbildung zu machen, ohne dabei tierische Produkte zu verarbeiten, aber nichts kann einen gelernten Koch vom Vegan-Werden abhalten (ich kenne immerhin 3, und ich war dabei nicht ganz unbeteiligt…) und daß er eine Küche auf professioneller Art führt.

Wenn es dann soweit kommt, daß die Menschen sich an vegane Küche gewöhnen, was sagst du zu den Skeptikern, die behaupten, ein Gericht ohne Fleisch sei unvollkommen?

Ich sage, es ist an der Zeit für eine kulinarische Revolution! Schau dich um. Leute bekommen Diabetes, Krebs, Herzleiden wegen zu viel Cholesterin. Schon viele junge Menschen werden krank. Fettleibigkeit in Verbindung mit minderwertiger Nahrung ist weltweit verbreitet. Mir müssen einfach begreifen, daß Fleisch nicht im Mittelpunkt unserer Ernährung steht! Für viele ist es einfach Gewöhnungssache. Wir müssen lernen bewußter zu Leben und zu genießen! Uns selbst und unserem Planeten zuliebe. Und nicht Millionen von unschuldigen fühlenden Lebewesen für unsere Gier bezahlen lassen! Geschmack ist eine große Sache. Und auch für faule und Kochlaien gibt es bereits sehr leckere Alternativen. Essen soll schmecken. Und das tut es auch ohne Fleisch! Wenn wir das begreifen und die Lebensmittelhersteller mitziehen, wird die Palette noch größer werden . Skeptiker gibt es   immer, und wird es immer geben. Ich bin bereit, mich der Herausforder ung zu stellen.  

 

www.lamanoverde.de

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