Gäste 2009 – Internationale Fachmesse für Gastronomie

Mehr Heimat auf dem Teller

GÄSTE 2009: Regionale Erzeugnisse als Chance für die Gastronomie / Neues Forum präsentiert einheimische Spezialitäten und Bio-Produkte

Bisonfleisch von der Buffalo-Ranch in Neukieritzsch, Wasserbüffel-Mozzarella vom Landgut Chursdorf, Bio-Ziegenfrischkäse aus Falkenhain, Vollwert-Brot vom Bio-Rittergut Rittmeyer bei Rackwitz:
Sachsen hat viele regionale Köstlichkeiten zu bieten.
Manche davon, wie Wermsdorfer Fisch und Wurzener Wildspezialitäten, sind recht gut bekannt. Andere – wie die Fleischwaren des Straußenhofes Grethen – gelten als Geheimtipp. Einen Überblick zu einheimischen, ökologisch erzeugten Lebensmitteln gibt der neue „Marktplatz der Regionen“ auf der Leipziger Gastronomie-Fachmesse GÄSTE 2009. Vom 8. bis 11. November werden sich hier verschiedene ostdeutsche Region mit ihren Spezialitäten und Bio-Produkten präsentieren. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, welche Rolle diese Erzeugnisse in Gastronomie und Hotellerie spielen und wie man sie nutzen kann, um Gäste zu gewinnen und zu binden.

Wie wichtig es ist, Gastronomen und regionale Erzeuger zusammenzubringen und dauerhafte Lieferbeziehungen aufzubauen, weiß Petra Gärtner vom Regionalmanagement Westsachsen in Döbeln.
„Regionale Erzeugnisse werden zunehmend nachgefragt“, sagt die Managerin. „Viele Verbraucher wollen sich mit ihrer Heimat identifizieren und Produkte essen, von denen sie sagen könnten: Das ist von hier, das ist unser Geschmack. Nicht zu vergessen sind auch Frische, Qualität und Rückverfolgbarkeit. Kurze Wege vom Erzeuger bis auf den Tisch, artgerechte Tierhaltung und kontrollierter Pflanzenanbau schaffen ein gutes Gefühl und Vertrauen.“ Auch die Lebensmittelskandale der jüngsten Vergangenheit würden dazu beitragen, dass sich die Menschen wieder auf das Ursprüngliche besinnen.

Derzeit aktualisiert Petra Gärtner den „Produkt- und Leistungskatalog der Ernährungswirtschaft“, in dem die Angebote von rund 80 Anbietern aus der Region übersichtlich erfasst sind. „Es gibt viele gute Ideen, um Gastronomen auf sich aufmerksam zu machen. Das Problem aber ist die Logistik. Normalerweise wird der Einkauf zeitsparend und preiswert auf dem Großmarkt erledigt. Damit die in der Fläche produzierten regionalen Erzeugnisse zum Gastronomen kommen, sind aber Direktlieferbeziehungen notwendig, für deren Ausbau technisch sinnvolle Lösungen entwickelt werden müssen“, schlussfolgert Petra Gärtner.

Sachsen-Anhalt: Gäste honorieren Mehraufwand

Genau darin sieht Günter Schlotter von der Biohöfe-Gemeinschaft Sachsen-Anhalt e. V. das Problem: „Direkte Lieferung erfordert auf beiden Seiten einen erhöhten organisatorischen Aufwand, mehr Planung und längere Vorlaufzeiten. Und es ist für den Gastronomen teurer und aufwändiger als der Einkauf im Großmarkt.“ Selbstverständlich setze sich die Biohöfe-Gemeinschaft – ein Förderverein der ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft – dafür ein, dass die Produkte der in ihm vertretenen Erzeuger, Verarbeiter und Vermarkter in die Gastronomie und Großküchen gelangen. Doch das sei ein langer Weg.

„Qualitativ hochwertiges Essen muss wieder als Kulturgut etabliert werden, und das schon ab dem Kindergarten“, fordert Schlotter. Produkte lediglich mit dem Siegel „Bio“ oder „Öko“ zu versehen, reiche nicht aus – einzig und allein der Geschmack und Genuss könne den Verbraucher überzeugen. Aufwind spürt Schlotter in touristischen Regionen wie Quedlinburg: „Die Bio-Angebote hiesiger Restaurants werden von den auswärtigen Gästen bevorzugt – trotz des höheren Preises.“

Ähnliche Erfahrungen hat Knut Diete gemacht, Chefkoch im „Kranhaus“ Wittenberge und Radio-Koch von Antenne Brandenburg. Der Liebhaber ausgefallener Kreationen, der regelmäßig Promis bewirtet, stellt höchste Ansprüche an seine „Cuisine Naturelle“. Das Fleisch stammt von Rindern, Schweinen, Kälbern und Lämmern, die mit traditionellem Futter aufgewachsen sind. Besonders das Bunte Bentheimer Schwein, eine alte Haustierrasse, hat es Knut Diete angetan. Saisontypisches Gemüse und Obst bezieht er von zwei Landwirten direkt von der Prignitzer Scholle, die die Waren zweimal pro Woche ins „Kranhaus“ bringen. „Das schmeckt so, wie es ursprünglich schmecken soll“, sagt Diete, „und viele Gäste honorieren das.“

Sachsen: Hotelfrühstück frisch vom Hofe

Aus der geografischen „Not“ macht das Seminarhotel „Gut Haferkorn“ im sächsischen Bockelwitz eine kulinarische Tugend. Das Haus in ländlich versteckter Lage verführt seine Gäste beispielsweise mit einem erlesenen Frühstücksbuffet. Brot, Kuchen, Eier, Honig und Marmelade werden selbst hergestellt oder frisch von Erzeugern aus dem umgebenden sächsischen Burgen- und Heideland bezogen.

Im neu eröffneten Gutshofladen direkt im Hotel kann man viele dieser Köstlichkeiten auch kaufen. Seit Anfang März 2009 offeriert Ramona Kühn hier unter anderem selbst gemachte Waldfruchtmarmelade und Holundergelee, Teemischungen, einen Likör mit 30 heimischen Kräutern und Gewürzen und den vor allem bei Frauen beliebten Kartoffelrosenlikör – hergestellt mit den Blütenblättern von wilden Heckenrosen. Bei abendlichen Verkostungen sind Kräuter- und Rosenlikör der Renner bei den Seminargästen. Beide werden gern auch als Präsent mit nach Hause genommen und dadurch praktisch zu „Botschaftern“ des Hotels.

Die ausgebildete Porzellanmalerin und Gärtnerin hatte ursprünglich als Zimmermädchen auf Gut Haferkorn angefangen. Dann aber gewann die „Kräuterhexe“ in ihr die Oberhand. Gefördert von der Geschäftsleitung und deren Philosophie, begann Ramona Kühn, Marmeladen, Liköre und Teemischungen für die Gäste herzustellen – alles aus biologischem Anbau. In Kürze bekommt Ramona Kühn ihre eigene Küche im Hotel. Und die nächsten Ideen stehen schon in den Startlöchern: Zum selbst produzierten Lavendel-Öl werden den Gästen künftig Massagen durch eine Physiotherapeutin angeboten, und im Sommer soll es Führungen durch den hauseigenen Kräutergarten geben. All das dürfte das Seminarhotel bei seinen Gästen unvergesslich machen.

Brandenburg und Berlin: Frisches für die Tische der Metropole

Auf Hotelgäste setzt auch Gerd Lehmann vom pro agro Verband zur Förderung des ländlichen Raumes im Land Brandenburg e. V. Seit Oktober 2008 bietet der Verband im Holiday Inn Airporthotel Berlin-Schönefeld jeden Morgen ein „Brandenburger Frühstück“ an. „Bei den Gästen kommt das sehr gut an“, freut sich Lehmann.

In der Vertretung des Landes Brandenburg in Berlin veranstaltete pro agro unlängst ein Event unter dem Motto „Wild – frisch aus Brandenburger Wäldern“, zu dem auch Gastronomen eingeladen waren.
Dort gab es Verkostungen, ein Kochstudio und eine Produktbörse mit frischen Erzeugnissen der Region. Im April wird die Spargelsaison mit einem Umzug durch Berlin eröffnet. Der Weg führt unter anderem ins Grandhotel „Adlon“, wo man dem Chefkoch frisch geernteten Brandenburger Spargel überreicht.

„Eine andere Idee, die viele Gäste aus Berlin anlockte, war unsere Faltkarte ‚Herbstpartie‘. Darauf waren Brandenburger Lokale im Umland der Hauptstadt verzeichnet, die Schlachtfeste veranstalten oder Wild und Fisch aus heimischen Gefilden anbieten“, erzählt Gerd Lehmann. Damit wollte man einerseits der Gastronomie helfen, die schwierige Herbstzeit zu vermarkten, und andererseits den anspruchsvollen Berlinern in der tristen Jahreszeit etwas Besonderes bieten. Das Konzept ging auf: Tausende Exemplare des kulinarischen Wegweisers mussten nachgedruckt werden, weil die erste Auflage schnell vergriffen war.

Thüringen: Regionales differenziert vermarkten

Auf Heimisches setzt auch Dr. Norbert Stang, zuständig für Agrarmarketing in der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft.
Dennoch ist es ihm wichtig, bei der Vermarktung regionaler Produkte zu differenzieren: „Manche Erzeugnisse sind eng mit Thüringen als ‚Absender‘ verbunden, wie unsere Rostbratwurst und die Thüringer Klöße. Bei anderen Produkten stellen wir aber nicht die Herkunft, sondern ihre innovativen Eigenschaften in den Vordergrund. Zum Beispiel die Herzgut-Butter aus Rudolstadt, die überregional vermarktet wird: Durch ihren hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren ist sie speziell für gesundheitsbewusste Verbraucher interessant.
Manchmal kommt es auf das Produkt an sich an. Regionalität darf nicht kontraproduktiv wirken“, gibt Stang zu bedenken. Deshalb werde sich Thüringen auf der Leipziger GÄSTE-Messe auch zweigleisig präsentieren, um sowohl den regionalen als auch den überregionalen Aspekt zu bedienen. „Die GÄSTE 2009 ist für uns ein sehr guter Marktplatz, um verschiedene Zielgruppen zu erreichen“, so Dr. Norbert Stang.

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