Wege zum umweltbewussteren Einkauf

Knoblauch aus China – Schnittlauch aus Indien? Wege zum umweltbewussteren Einkauf

Die Erwartung, sämtliche Obst- und Gemüsesorten in
Supermärkten stets verfügbar zu haben, gleich welche Jahreszeit und
welche Saison, treibt so manch merkwürdige Blüte – nicht zuletzt zu
Lasten der Umwelt. Knoblauch aus China etwa ist ein bekanntes und
häufig kritisiertes Beispiel.

„Konsument“ wollte genauer wissen, wie es um die Herkunft häufig
gekaufter Obst- und Gemüsesorten in Supermarktregalen in Wien und
Umgebung bestellt ist. Im Juli, August und Dezember letzten Jahres
sowie im Jänner 2009 wurden die Herkunftskennzeichnung von Äpfeln,
Paprika & Co. genauer unter die Lupe genommen. Das sorgte auch für
die eine oder andere Überraschung: Unter anderem fanden sich,
Zuckererbsen aus Thailand, Zwiebel aus Neuseeland oder Spargel aus
Peru.

„Eine vielfältige Ernährung in allen Ehren: Umweltbewusster Konsum
sieht anders aus. Unnötig lange Transportstrecken für Obst- und
Gemüsesorten, die sich auch in nahegelegenen Gebieten produzieren
lassen, tragen wohl kaum zu einer guten Klimabilanz bei. Lange
Transportwege mindern bei empfindlichen Lebensmitteln zudem die
Qualität“, betont „Konsument“-Ernährungswissenschafterin Birgit Beck.
Nicht immer ist für Konsumenten aber auch klar ersichtlich, woher das
Produkt im Einkaufskorb tatsächlich stammt. „Die Kennzeichnung lässt
den Konsumenten oft ratlos zurück“, weiß Franz Floss, Geschäftsführer
des Vereins für Konsumenteninformation, aus Erfahrung. „Will man
umweltbewusster Einkaufen, ist man mit folgender Faustregel aber
grundsätzlich gut beraten: saisonal und damit frisch und regional mit
kurzen Transportwegen.“

Auf Spurensuche im Supermarkt
In Österreich werden pro Kopf und Jahr rund 95 Kilogramm Obst und
106 Kilogramm Gemüse verzehrt. Doch woher stammt all das gesunde
Grün? Um das herauszufinden hat sich „Konsument“ in Supermärkten in
Wien und Umgebung auf die Suche begeben – und zwar im Juli und August
(Kalenderwochen 27 bis 34/2008) sowie im Dezember (KW 50/2008) und
Jänner (KW 2/2009). Auf der Liste der Tester standen Filialen der
Ketten Adeg, Billa, Hofer, Lidl, Merkur, Penny, Spar und Zielpunkt.
Erhoben wurde die Herkunft von importiertem Obst und Gemüse.

Heimisches aus aller Herren Länder
Die Untersuchung zeigt, dass die Herkunft auch in Österreich
heimischer Obst- und Gemüsesorten durchaus exotisch ist: Äpfel und
Birnen aus Südafrika, Knoblauch aus China oder Argentinien oder
Zuckererbsen aus Kenia sind keine Seltenheit.
„Konsument“-Ernährungswissenschafterin Birgit Beck: „Es ist uns klar,
dass manche Obst- und Gemüsesorten, die hierzulande produziert
werden, für den Konsumbedarf nicht ausreichen, oder zu Zeiten
angeboten werden, zu denen sie in Österreich keine Saison haben.“
Beispielsweise argumentieren manche Supermärkte damit, dass es in
Österreich keinen Knoblauchanbau in ausreichenden Mengen gibt. „Aber
es gibt beispielsweise näher gelegene Bezugsquellen für Äpfel oder
Birnen als Südamerika, Australien oder China“, kritisiert Beck. Das
gilt übrigens auch für exotisches Importobst: Auch hier finden sich
mehr oder weniger weit entfernte Erzeugerländer.

Besonders die bei Lidl angebotenen Produkte stechen durch ihre
weite Anreise ins Auge. Während es bei anderen Handelsketten im
Sommer Paprika aus Österreich gab, stammte dieser bei Lidl großteils
aus den Niederlanden. Auch bei den Paradeisern setzte der Konzern auf
Importware aus den Niederlanden sowie aus Belgien und Spanien. Zudem
wurden nur bei Lidl im Sommer importierte Fisolen – großteils aus
Marokko – entdeckt. Doch sogar Gartenkräuter wie z.B. Kresse wurden
in den Sommermonaten aus den Niederlanden in die heimischen Filialen
von Lidl gekarrt.

Bei Spar fand sich im Dezember 2008 Schnittlauch aus Indien – eine
noch dazu rasch verderbliche Ware – im Sortiment.

Der Transport macht den Unterschied
Besonders Flugtransporte für leicht verderbliche Früchte oder
Gemüsesorten, etwa für Erdbeeren oder Zuckererbsen im Winter,
belasten aber die Umwelt. Regionale Lebensmittel sind zwar
diesbezüglich umweltfreundlicher, allerdings muss auch auf kürzeren
Wegen das Transportmittel stimmen. Viele Fahrten mit kleinen
Lieferwägen sind wenig energieeffizient und verschlechtern die
Klimabilanz regional erzeugter Produkte. Ebenso wie der Einkauf mit
dem Auto, wenn es auch mal zu Fuß oder mit dem Fahrrad geht. Zum
Vergleich: Bei einer einen Kilometer langen Fahrt mit einem
Mittelklassewagen werden so viele klimaschädliche Gase freigesetzt,
wie für den Anbau und Handel von einem Kilogramm Frischgemüse.

Nur regional ist zu wenig
Dennoch entfällt nur relativ wenig Energie auf den Transport der
Lebensmittel. Der Großteil des Energieaufwandes – und damit auch der
Ausstoß an Treibhausgasen – ist der landwirtschaftlichen Produktion
zuzurechnen. Beck: „Dabei fällt vor allem die Produktion tierischer
Nahrungsmittel ins Gewicht. Die Erzeugung pflanzlicher Lebensmittel
ist weit weniger energieaufwendig. Wer sich also ,klimafreundlich’
ernähren will, isst am besten nicht öfter als zwei bis drei Mal pro
Woche Fleisch.“ Weiteres Einsparungspotenzial bietet die biologische
Landwirtschaft. Konventionell geführte Betriebe setzen beispielsweise
mineralische Stickstoffdünger ein, deren Erzeugung sehr
energieaufwendig ist. In der biologischen Landwirtschaft sind diese
hingegen verboten.

Auch für den Freiland-Anbau von Obst und Gemüse wird nur ein
Bruchteil der Energie benötigt, wie etwa für den Anbau in
Folientunneln oder beheizten Treibhäusern. Auch die Erzeugung von
tiefgekühlten Lebensmitteln und die Aufrechterhaltung der Kühlkette
ist sehr energieaufwendig. Dazu kommt, dass die Herkunftsangabe von
Tiefkühlgemüse nicht verpflichtend ist.

Im Kennzeichnungs-Dschungel
„Wer umweltbewusst einkaufen möchte oder zumindest wissen will,
woher das jeweilige Obst oder Gemüse stammt, kommt um das genaue
Lesen der Herkunfts-Kennzeichnung nicht herum“, erläutert Floss. Wer
sich hier mit dem Kauf biologischer Produkte automatisch auf der
sicheren Seite wähnt, irrt aber: Bio heißt nicht zwangsläufig
regional. Das veranschaulicht auch das schwarze Bio-Zeichen der
Agrarmarkt Austria. Während das rote Bio-Zeichen mit der
Ursprungsangabe „Austria“ Produkte aus Österreich bezeichnet, werden
mit dem schwarzen Bio-Zeichen importierte Bio-Produkte gekennzeichnet
– etwa Avocados aus Spanien. Verwirrend ist für Konsumenten dabei
gelegentlich die auf Bio-Produkten verpflichtend anzugebende
Kontrollnummer: Beginnt diese mit AT für Österreich, heißt das nicht,
dass die Ware aus Österreich stammt, sondern dass sie hierzulande
kontrolliert wurde. Die Herkunft ist immer gesondert angegeben.

Noch eine Besonderheit: Ob Bio oder nicht, die verpflichtende
Herkunftskennzeichnung von Obst und Gemüse entfällt bei einer
weiteren Verarbeitungsstufe: Müssen Äpfel aus den USA noch als solche
ausgewiesen werden, ist es beim Apfelmus nicht mehr nötig.

Selbst wenn für Konsumenten auf den ersten Blick nicht immer
leicht zu erkennen ist, woher die Ware stammt, kann man vorbeugend
einiges tun: Es muss nicht immer frischer Spargel im November sein.
Und im Frühsommer tun es statt Importäpfeln auch heimische Erdbeeren
oder Kirschen. „Saisongerechter Einkauf ist ein erster großer Schritt
hin zu einem umweltbewussteren Einkauf und wenn man sich über die
Herkunft vom Schnittlauch oder der Kresse im Regal einmal unsicher
ist, schadet es auch nicht, beim Verkaufspersonal nachzufragen oder
es im Zweifelsfall nicht zu kaufen“, rät Beck abschließend.

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