Wiyanawanda

Das Weinland an der Ägäis – Türkei erlebt Renaissance der Weinkultur – Boom bei Qualität und Menge

Dimrit, Sergikarasi oder Narine – so
schillernde Namen tragen einige der ergiebigsten Rebsorten, die heute in
der Türkei angebaut werden. Das Land am Bosporus kann auf eine
Jahrtausende alte Weintradition zurückblicken und feiert jetzt die
Renaissance seiner landeseigenen Weinkultur.

In den Regionen Thrakien, Marmaris, in der Ägäis und in Kappadokien
liegen Weinanbaugebiete, die seit dem Altertum kultiviert werden und
qualitativ hochwertigen Rebensaft liefern. Zwar könnten die klimatischen
Bedingungen von der Ägäis bis zum Mittelmeer nicht unterschiedlicher
sein, doch gerade durch diese geografische Vielfalt ergibt sich erst das
große Spektrum an Möglichkeiten für den Ausbau und die Sortenvielfalt
türkischer Weine.

Mit Anbauflächen von ca. 570.000 ha (vgl. Österreich 48.000 ha, Italien
849.000 ha, Frankreich 889.000 ha und Spanien 1,2 Mio. ha) schlummert in
der Türkei ein enormes Potenzial. Dennoch ist das Land eher für seine
Tafeltrauben und die Herstellung von Rosinen bekannt, die rund 95% der
Traubenproduktion verschlingen. Nur ein kleiner Teil geht in die
Alkoholerzeugung. Und davon rund 25 Prozent in die Destillation von
klarem Branntwein, bekannt unter dem Namen „Raki“, der als touristisches
Lieblingsgetränk und populäres (alkoholisches) Getränk der türkischen
Bevölkerung gilt.

Qualitätswein bereits in der Antike

Wie Ausgrabungen belegen, wurden bereits 3.000 Jahre v.Chr. in
Kleinasien Weinreben ausgesetzt. Unter der Herrschaft der Hethiter
erlebte der Weinbau zwischen 1.650 und 1.200 v.Chr. seine Blütezeit.
Besonders anatolischer Wein galt als qualitativ hochwertig und wurde in
der Antike zu hohen Preisen gehandelt. So entstand auch der Name, der
das Land damals prägte: „Wiyanawanda – Land des Weins“.

In den darauf folgenden Jahrhunderten, vor allem in der Osmanischen
Zeit, wurde die Weinproduktion jedoch eingeschränkt. Allein den
nichtmuslimischen Minderheiten, insbesondere Armeniern und Griechen
sowie Juden, war die Erzeugung und der Konsum von Wein erlaubt. Abseits
dieser Ausnahmeregelung untersagten die herrschenden Sultane die
„unkontrollierte“ Weinherstellung. Erst mit der Gründung der Türkischen
Republik durch Kemal Atatürk im Jahr 1923 wurden diese Beschränkungen
wieder aufgehoben. Atatürk selbst war als Weinliebhaber bekannt und
förderte die Gründung privater Weingüter.

Den nächsten Aufschwung erlebte die türkische Weinwirtschaft erst wieder
zwischen 1970 bis 1980. Zumeist waren es Weinliebhaber und Touristen,
die den Konsum ankurbelten. Eine Orientierung hin zu mehr Qualität und
Menge fand dann ab Mitte der 1980er Jahre statt.

Über Europa nach Anatolien

Der europäische Teil der Türkei (Marmara und Thrakien) ist mit einem
Anteil von 40 Prozent das wichtigste Weinbaugebiet. Mit wenigen
Ausnahmen, wie den französischen Rebsorten Pinot Noir, Sémillon, aber
auch dem deutschen Riesling, stützt sich sowohl die Produktion der
Rotweine als auch der Weißweine ausschließlich auf heimische Sorten. Am
Schwarzen Meer, das als ursprüngliche Heimat des türkischen Weins gilt,
liegen nur kleinere Anbaugebiete. Hier werden vorwiegend heimische
Rebsorten wie Dimrit, Sergikarasi (rot) und Narine (weiß)
gekeltert. Die Rebsortenvielfalt der Türkei ist einzigartig, aber die
populärsten Weißweine entstehen aus den Sorten Hasandede, Narince und
Emir. Die bekanntesten einheimischen Traubensorten, Bogazkere und
Öküzgözü, findet man in Zentral- und Ostanatolien. Die meisten Weine
zeichnen sich durch ihren eigenständigen Charakter aus.

Fruchtbarer Boden

Besonders in der Region Kappadokien rund um den Ort Ürgüp wird viel
Weinbau betrieben. Der vulkanische Boden und das kontinentale Klima
Zentralanatoliens – mit heißen Sommern und trockenen Wintern – liefern
ideale Bedingungen für das Wachstum der Reben und sorgen dafür, dass
hervorragende Rot- und Weißweine gekeltert werden. Der Großteil der
Ernte wird zwar in modernen Anlagen weiterverarbeitet, manchmal findet
man aber noch einheimische Familien, die selbst Wein anbauen und ihre
Trauben noch auf traditionellem Weg verarbeiten (mit eigenen
Weinpressen). Die heute wichtigsten Weinbaugebiete liegen in der
Ägäisregion und direkt an der Ägäisküste. In diesen Gebieten, die mehr
Feuchtigkeit aufweisen als das trockene Landesinnere, werden knapp zwei
Drittel der türkischen Weine produziert. Als rote Rebsorten werden
Calkarasi und internationale Sorten wie Grenache, Carignan sowie in
zunehmendem Maße Merlot und Cabernet Sauvignon eingesetzt.

Der „Westen“ als Vorbild

Der Wein als Genussmittel hat in den vergangenen Jahren in der Türkei
eine wahre Renaissance erlebt. Allerdings liegt der Pro-Kopf-Verbrauch
von Wein bei den Türken weit unter dem europäischen Schnitt: 0,3 Liter
pro Jahr (vgl. Österreich: 30 l/Jahr). Wichtige Impulse liefern die
Großkellereien, die auf Qualität setzen. Durch den Erfolg dieser Güter
angetrieben, entstehen kleinere Weingüter, die in ihrem Erscheinungsbild
sehr den klassischen französischen Châteaux ähneln.

Wein hat in der Türkei durchaus seinen Preis: eine Flasche Wein im
„mittleren Qualitätssegment“ kostet umgerechnet sechs Euro.
Qualitativ
hochwertige Weine bekommt man ab rund 15 Euro. Der türkische Wein steht
vor dem Sprung in die europäische Top-Liga. Das ist auch auf die
Aufbruchsstimmung zurückzuführen, die unter den türkischen Winzern zu
bemerken ist. Viele holen sich das Know-how in europäischen Weingütern
und verbinden dieses Wissen dann zu Hause mit der Qualität der
heimischen Reben.

Zukunftsvisionen

Obwohl die Fortschritte beachtlich sind, ist der ganz große Durchbruch
im Weinbau bis jetzt noch nicht gelungen. Trotzdem haben die türkischen
Weine aufgrund ihrer langen Tradition und dem Qualitätsbewusstsein der
Winzer eine große Zukunft vor sich. Zu den besten Weinen des Landes
zählen unter anderem Villa Doluca Antik und Kavaklidere Özel Reserve.
Doluca wurde bereits im Jahre 1926 in Istanbul unter dem Namen Maison
Vinicole gegründet und kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Vom
Kavaklidere Özel gibt es sowohl roten als auch weißen Wein. Die weißen
Trauben werden in der Gegend um Tokat, die roten Trauben an der Ägäis
angebaut.

www.goturkey.com

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