Die Kräfte der Säfte beschäftigen die Menschen seit vielen hundert Jahren. Doch kaum ein Saft hat so viel Kraft wie jener, der aus den Früchten des Rebstocks gewonnen wird. Seit Menschengedenken wird der vergorene Traubensaft als Stärkungsmittel eingesetzt. Auch in der Geschichte der Weingüter Wegeler spielt der Wein als Heilmittel eine bedeutende Rolle. Und daran ist allein der „Doctor“ schuld – ein sagenhafter Wein, der wie kein anderer Weingeschichte geschrieben hat. Er wächst an der Mosel, im weltberühmten Bernkasteler Doctorberg, und soll bereits im Jahre 1630 einem Mann von Adel das Leben gerettet haben. Seitdem ist die Berkasteler Doctor-Sage einfach nicht tot zu kriegen. Der Doctor-Wein gehört seitdem zu den häufig verteilten Geschenken am Krankenbett und in Arzt-Praxen. Auch als Mitbringsel unter Kollegen der heilenden Zunft erfreut sich der mehrfach ausgezeichnete Mosel-Tropfen großer Beliebtheit. Doch die Geschichte, die sich um den sagenhaften Wein rankt, ist nicht allen Schenkenden und Beschenkten bekannt. Sogar Weinliebhaber kennen oft nur den flüssigen Stoff, aus dem die Träume sind. Wie es zu seinem Namen kam, wissen sie nicht. Das soll sich ändern. Hier ist die Kurzfassung für die Freunde des Doctor-Weins und alle, die es werden wollen.
Als Erzbischof Bohemund von Trier so krank danieder lag, dass die Ärzte trotz aller Arzneien und Kuren an seiner Genesung verzweifelten, ließ dieser bekannt geben, wer ein wirksames Mittel gegen das Fieber habe, möge es ihm bringen. Eine hohe Belohnung sei ihm gewiss. Fortan fanden sich täglich Apotheker mit Wunderkästen und alte Weiblein mit Heilkräutern ein, doch niemand gelang es, den Erzbischof zu kurieren. Es ging schon weit in den Sommer hinein, und die Ärzte fürchteten, der Herbst würde den ehrwürdigen Herrn wohl ins Grab legen, da eilte ein alter Ritter aus dem Hunsrück herbei. Auf den Schultern trug ein Fass von dessen Inhalt er meinte, das werde Seiner Gnaden wohl bekommen und ihn vom kalten Fieber heilen. Langsam und mit ersichtlichem Behagen sog Bohemund den Duft des golden glänzenden Rebensaftes ein und trank fortan regelmäßig seine Medizin. Als dann der Kranke noch ein paar Tage von dem köstlichen Trunke genossen hatte, wich das Fieber, und gar bald stand er auf und war gesund wie zuvor. Der Ritter aber, um seinen Lohn gefragt, bat den Erzbischof, dem Wein, der auf den Bergen Bernkastels wachse, den Doktor-Titel zu verleihen. Darauf hin ließ Bohemund der ritterlichen Arznei einen Doktorbrief mit allen Siegeln ausstellen und dem Heiler feierlich überreichen. Seit diesem Tag trägt der besagte Wein den Namen Bernkasteler Doctor und soll schon vielen Leidenden geholfen, neue Kraft gespendet und trübe Gedanken vertrieben haben.
Was den „Doctor“ noch so ganz besonders macht
Die Gründe für die hervorragende Qualität der Weinlegende von der Mosel lassen sich auf mehrere Faktoren zurückführen. Durch seine bevorzugte Südwestlage mit einer Hangneigung von 35 bis 45 Grad ist der Doctorberg regelmäßig einer ganztägigen Sonneneinstrahlung ausgesetzt. Im Osten und im Norden bieten Wälder Schutz vor kalten Winden. Im Süden reflektiert die Mosel die Sonnenstrahlen und wirft sie direkt in den Weinberg zurück. Der Schieferverwitterungsboden wirkt wie ein Wärmespeicher, der schnelles Wachstum fördert und sich nur langsam wieder abkühlt. Und schließlich tun die Schieferdächer von Bernkastel gute Dienste. Sie halten die Wärme auf natürliche Weise fest und verringern die Abkühlung in der Nacht.
Nicht erst in unseren Tagen wurde den Doctorweinen große Ehren zuteil. Im Jahre 1892 bestellte das englische Königshaus erstmals. Diese Order löste weitere Nachfrage in der englischen Hofgesellschaft aus. Als 1907 der Lord Mayor aus London Kaiser Wilhelm II. zum Festmahl in die Guildhall einlud, wurde als besondere Köstlichkeit eine „Berncasteler Doctor Auslese“ gereicht. Auch in den USA, wo man im Weingeschmack dem englischen Beispiel folgte, stieg die Nachfrage. Wiederholt spielte der berühmte Moselaner später dann auch unter deutschen Politikern eine ganz spezielle Rolle, zum Beispiel wenn es galt, die Kommunikation zu verbessern. So nahm Konrad Adenauer zu seinem Staatsbesuch bei Präsident Eisenhower ein paar Flaschen Doctor mit. Und schließlich ist auch die jüngste Weingeschichte voll des Lobes, was den Doctorwein betrifft. Einer der ganz großen Doctor-Fans ist Michael Broadbent, lange Jahre Weinauktionator bei Christie’s in London.
Einhundert Reichsmark zahlten die Weingüter Wegeler bereits vor über 100 Jahren für einen Weinstock im Doctor-Berg. Das ist die bis heute teuerste Transaktion in Sachen Reben in der deutschen Weingeschichte. Heute halten drei Familien die weltberühmte Weinbergslage Bernkasteler Doctor. Seit über 100 Jahren sind die Wegelers und die Müller-Burggraeffs gemeinsam mit der Familie Thanisch im Doctor aktiv. Alle drei Familien haben viel für das Image und den Bestand des Spitzen-Weinbergs getan und ihn aus allen Skandalen heraus gehalten. Als Botschafter für die Mosel und ihre Weine sind sie weltweit unterwegs.
Bis heute ist der Bernkasteler Doctor führend unter den Moselweinen und kommt immer dann auf die Agenda und ins Glas, wenn im internationalen Vergleich nach Spitzenprodukten gefragt wird. Erst kürzlich hob die Zeitschrift „Decanter“, die Bibel unter den Fach-Publikationen, eine Spätlese aus dem Hause Wegeler mit Höchstbewertungen aufs Siegertreppchen. Beim renommierten „Wine Spectator“ in New York war ein Doctor-Wein aus dem Jahrgang 2003 als einziger Moselwein unter den Top Ten Deutschlands. Und Ende 2006 kürte der Weinführer Gault Millau eine 2005er Doctor Trockenbeerenauslese der Weingüter Wegeler mit 99 Punkten zu den Top Ten Weinen Deutschlands.