Sandalen-Slalom zwischen heiklen Hinterlassenschaften: Frieda, die Älteste in der Herde, und ihre 60 Kuh-Kolleginnen waren hin und her gerissen zwischen Fluchtinstinkt und Neugier. Letztere siegte auf beiden Seiten: Rund 30 Kinder mit weißen Mützen und ihre erwachsenen Begleiter pirschten sich auf der Weide den Schwarzbunten und Rotbunten an, die die Kontaktaufnahme teils bis auf Tuchfühlung zuließen. Allemal: spannende Begegnungen zwischen Kuhfladen und grünem Gras am Anfang der Kinder-Kochschule. Sie stand diesmal ganz im Zeichen des Themas Milch.
Dieser besonderen Flüssigkeit hat sich Leonard Große Kintrup verschrieben. Er ist Landwirt und weithin der einzige, der Milch erzeugt, verarbeitet und liefert. Gen-Futter ist dabei tabu,möglichst große Freiheit für die „Rindviecher“ die Grundregel. Dafür heimste er vor zwei Jahren den Umweltpreis der Stadt Münster ein. Die Hofmolkerei, in der auch Joghurt und Quark entstehen, schauten die Kinder als erstes an – so lange die Schuhe noch halbwegs sauber waren. Denn dort herrschen strenge Hygiene-Vorschriften. Das Treiben von „guten und bösen“ Bakterien in der Milch erläuterten der Hausherr und Holger Wegmann, Vizepräsident des Verbandes der Köche, anschaulich. Dennoch, was waren Worte gegen das weiche Fell und die rauen Zungen der Kälber auf der Tenne.
Leonhard Große Kintrup wartete mit einer „Sensation“ auf: ein Zwillingspaar, das erst eine Woche zuvor geboren worden war. Von den Geschwistern, beides Weibchen, war eines schwarzbunt, eines rotbunt gefärbt. Hightech erwartete die Kinder beim Melken. Ein regelrechter Roboter erledigt diese Arbeit seit kurzem auf dem Hof Große Kintrup. „Jetzt kann Leonhard endlich mal ausschlafen“, neckte Holger Wegmann den Gastgeber. Der muss nicht mehr das Melkzeug per Hand auf die Zitzen („Striche“) setzen. Das übernimmt, mindestens so sanft, ein Automat: Per Laserstrahl wird das Euter gescannt und die Sauganlage vom Computer präzise gelenkt. Wie warm die Milch ist, die durch die Schläuche fließt, fühlten die Kinder selbst.
„Wie hoch ist die Bestleistung?“, wollte Julia wissen. Bis zu 45 Liter könne eine Kuh binnen 24 Stunden geben; der Schnitt liege aber bei rund 25 Litern pro Tag, so Große Kintrup. Bei Frieda, die schon acht Kuh-Jahre auf dem Buckel hat, stellt sich der Melkroboter nach 13 Litern ab. Wann sie und die anderen Kühe sich von der Milchlast befreien lassen, entscheiden sie selbst. Sie suchen die Box mit der Melkanlage auf, wann immer sie wollen und werden dabei mit Leckerlis belohnt. Eine Stärkung hatten sich auch die Kochschüler verdient. Sie erhielten in der Freiluft-Küche zuerst eine Bananenmilch und danach ordentlich Kraftstoff: Milchreis Pfannkuchen, die sie mit Betram Hüser, Mareike Ramb, Norbert Konsorski, Wolfgang Stein und Holger Wegmann vom Köcheclub Münsterland zubereiteten.
Wer wollte, konnte selbst die Kelle schwingen oder sich den süßen Extras widmen: Erdbeeren und Himbeeren, die Uwe Beiderwellen von der Firma Dünnebier gleich palettenweise der Kochschule spendiert hatte. Beim Obst- und Gemüsequiz hatte Leo die meisten Fragen richtig beantwortet. Er durfte den Zwillingskälbchen einen Namen geben. Sie heißen nun Molli und Kuschel. Und auch der einzige Stier mit dem finsteren Blick und dem Nasenring erhielt von den Kochschülern einen Namen: Bruno, der Bulle. Sein Imponiergehabe beeindruckte auch Menschenkinder: „Den Bullen fand ich am spannendsten“, sagte Tom. Nur gut, dass Frieda und der Chef des Milchhofs das nicht hörten .
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