Die amerikanische Schriftstellerin Donna Leon,
aufgewachsen in US-Bundesstaat New Jersey auf einer Milchfarm, lebt
seit 25 Jahren in Venedig. Die heute 64-jährige war einst weit
gereiste Englischlehrerin, unter anderem in Iran, wo sie
Hubschrauberpiloten die Fremdsprache beibringen sollte.
In Venedig
ersann Donna Leon (übrigens ihr echter Name, kein Pseudonym) in einer
Sektlaune die Figur des Commissario Brunetti für ihre höchst
erfolgreichen Krimis. Guido Brunettis Fälle drehen sich um vertuschte
Giftmüllskandale, politische Morde, Korruption, Menschenhandel und
andere große Themen der heutigen Zeit. Der Commissario, ein sanfter
und nachdenklicher Mann, löst seine Fälle mit Bedacht und einem
gewissen Ekel vor der Welt.
Sein moralisches Rüstzeug für die Arbeit
holt er sich nicht zuletzt beim Essen: Kaum ein Kapitel in den
Romanen der Wahl-Venezianerin, in denen Brunetti nicht in einer
Trattoria Pasta bestellt oder nach Hause eil zu seiner Ehefrau Paola,
die so gut kochen kann. Dann sitzt die ganze Familie am Tisch und
lässt sich Zeit, zu genießen, alles liebevoll und sehr kulinarisch
beschrieben.
„Heute leben wir in einer so arbeitsverrückten Welt,
dass sich ja kaum noch einer Zeit zum Essen nimmt. Man stopft sich
das Essen auf der Couch oder im Bett in den Mund. Das macht die
Menschen einsam, man verlernt soziale Umgangsformen. Wenn es in
meinen Büchern ums Essen geht, wird alles plötzlich langsamer, die
Handlung, die Charaktere beruhigen sich. Ich glaube, dass jeder am
Tisch wieder Kind wird, man fühlt sich sicher, geborgen, redet
freier, weil man mit vertrauten Menschen zusammensitzt“, sagt Donna
Leon beim Tischgespräch mit dem FEINSCHMECKER – bei Kürbisrisotto und
Vongole.
Die Autorin, die ihre Bücher nie ins Italienische übersetzen lässt,
um in der Wahlheimat ungestört und vertrauensvoll recherchieren zu
können, ist Frühaufsteherin: In ihrem Stammcafe „Ballarin“ zählt sie
morgens zu den ersten Gästen, die einen Frühstückskaffee bestellen.
Ihre Lieblingsspeisen: Pasta und Gemüse. Ihre Leidenschaften: Die
Musik von Händel, Gartenarbeit rund um ihr Haus in den Bergen („Ich
liebe meinen Komposthaufen.“) – und Bücher über Umweltkatastrophen,
die sie „Öko-Pornos“ nennt.
In diesen Tagen erscheint ihr 15.
Brunetti-Roman, „Wie durch ein dunkles Glas“. Es geht um schmutzige
Machenschaften und Abwässer auf der Glasbläserinsel Murano.
Der aktuelle FEINSCHMECKER ist seit Mittwoch, den 9. Mai 2007, im
Handel erhältlich und kostet 6 Euro.