Air Berlin kauft die LTU

Code Share jetzt mit Condor statt mit TUIfly

Air Berlin PLC lieferte für das Jahr 2006 einen Gewinn von 50,1 Millionen Euro ab, nach einem Verlust von 115,9 Millionen Euro im Vorjahr. Der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft gelang nicht nur die Steigerung des Umsatzes, sondern auch eine Reduzierung der Kosten. Air Berlin gibt außerdem die Übernahme der Düsseldorfer Fluggesellschaft LTU zu 100 Prozent bekannt. Der Air Berlin-Konzern wird damit größter Anbieter im wichtigsten deutschen Quellenmarkt: Im Einzugsgebiet des Flughafens Düsseldorf leben 18 Millionen Menschen. Die aus der Übernahme entstehenden Synergien belaufen sich auf zwischen 70 und 100 Millionen Euro. Air Berlin wechselt außerdem seinen Code Share-Partner; die Condor tritt an die Stelle von TUIfly .

Die Bilanz

„Mit dem Erreichten sind wir mehr als zufrieden“, erklärte Finanzvorstand Ulf Hüttmeyer. Air Berlin habe im Jahr 2006 den Ertrag pro verfügbarem Sitzplatz-Kilometer (ASK) um 11 Prozent steigern können. Der Anteil des Einzelplatzverkaufs, der das Unternehmen weitgehend unabhängig vom Preisdruck der großen deutschen Reiseveranstalter macht, sei von 56 auf 60 Prozent des Flugumsatzes gestiegen. Dennoch habe sich auch der Reiseveranstalter-Umsatz in absoluten Zahlen erhöht: von 497 auf 590 Millionen Euro. Das entspricht einer Steigerung um 18,8 Prozent.

Insgesamt belief sich der Jahresumsatz 2006 auf 1,57 Milliarden Euro. Nach 1,22 Milliarden Euro im Jahr ist das eine Steigerung um 29,6 Prozent. „Dazu hat sowohl unser gutes organisches Passagierwachstum als auch die Übernahme der dba beigetragen, deren Zahlen seit September in unsere Bilanz einfließen“, erklärte Hüttmeyer. Ohne dba sei der Air Berlin-Umsatz um 16,2 Prozent auf 1,41 Milliarden Euro gestiegen.

Wachsende Bedeutung komme dem kostengünstigen Internet-Verkauf bei Air Berlin zu. Er habe sich 2006 gegenüber dem Vorjahr um 33,5 Prozent erhöht, von 322 auf 430 Millionen Euro. Das mache 50 Prozent vom Einzelplatzverkauf aus. Erfreulich sei auch die Steigerung der Zusatzeinnahmen (Ancillary Revenues) um 90 Prozent von 30,8 auf 58,1 Millionen Euro. Dagegen hätten die operativen Kosten je ASK (ohne Treibstoff) um 6,3 Prozent gesenkt werden können. Der Anteil der Treibstoffkosten am Umsatz sei allerdings von 19,7 auf 22 Prozent gestiegen. Ein Faktor, der die gesamte Branche betreffe.

Das operative Ergebnis (EBIT vor Zinsen und Steuern) habe gegenüber dem Vorjahr um rund 70 Millionen Euro verbessert werden können: von -5,5 auf +64,1 Millionen Euro. Die EBIT-Marge betrage 4,1 Prozent. Für das laufende Jahr erwartet Hüttmeyer eine Steigerung auf 6 bis 7 Prozent. Das entspreche auch den aus der dba-Übernahme für das Jahr 2007 erwarteten Synergie-Effekten in Höhe von 31 Millionen Euro.

Günstig entwickelt habe sich auch das Netto-Finanzergebnis. Während im Jahr 2005 noch 65,4 Millionen Euro aus (nicht zahlungswirksamen) Währungseffekten das Ergebnis belastet hätten, habe man es 2006 durch Einführung von Zins- und Fremdwährungssicherungsmaßnahmen und trotz der IPO-Kosten von 13,7 Millionen Euro auf -19,7 Millionen Euro reduzieren können. Ähnlich verhalte es sich mit den Steuern. Da hätten 2005 rund 45 Millionen Euro das Ergebnis belastet, während man für 2006 mit einem positiven Beitrag von 4,9 Millionen Euro rechnen könne.

Die Eigenkapitalquote zum Stichtag 31.12.2006 betrug 28,2 Prozent – nach 18,6 Prozent im Vorjahr. Der Gewinn je Aktie beträgt 0,95 Euro. „Damit haben wir die Ziele, die wir uns beim Börsengang selbst gesteckt hatten, nicht nur erreicht, sondern sogar noch übertroffen“, erklärt Ulf Hüttmeyer. Für das laufende Jahr erwartet er weiterhin ein Passagier- und Umsatzwachstum „über dem Branchendurchschnitt – obwohl generell nicht mehr mit zweistelligen Yield-Steigerungen zu rechnen ist.“

Die LTU-Akquisition

Der LTU-Kaufvertrag wurde Montagabend in Berlin notariell beurkundet. Der Kaufpreis für das Eigenkapital der LTU beträgt 140 Millionen Euro und es werden zwischen 190 und 200 Millionen Euro an Nettofinanzverbindlichkeiten der LTU übernommen. Zur Wirksamkeit bedarf es noch der Zustimmung des Bundeskartellamtes. Er soll größtenteils durch eine in naher Zukunft durchzuführende kombinierte Finanzierung mit einem Gesamtvolumen von ca. 250 Millionen Euro aus der Ausgabe neuer Aktien und einer Wandelanleihe finanziert werden, wobei neue Aktien von bis zu 10 Prozent des derzeitigen Grundkapitals ausgegeben werden und der größere Anteil aus der Wandelanleihe stammen wird. Zusätzlich zur Finanzierung des Kaufpreises werden diese Mittel zur Refinanzierung von ca. 100 Millionen Euro LTU-Schulden und zur Refinanzierung von ca. 50 Millionen Euro
Air Berlin-Verbindlichkeiten eingesetzt.

„Mit der Übernahme der LTU folgen wir den Wünschen des Marktes. Viele unserer Kunden, die vor allem unseren Service schätzen, fordern schon seit Jahren, dass wir auch Langstrecken anbieten. Das können wir jetzt tun, weil wir mit unseren europäischen und unseren innerdeutschen Verbindungen über das erforderliche Zubringer-Netz verfügen“, erklärte Air Berlin-Chef Joachim Hunold.

Hunold erwartet durch die Eingliederung der LTU in den Air Berlin-Konzern jährliche Synergie-Effekte zwischen 70 und 100 Millionen Euro. Als „Stellschrauben“ dafür bezeichnete er u. a. gemeinsamen Einkauf und Vertrieb, Flugplanabstimmung sowie Kostensenkungen durch Mengenrabatte an Flughäfen. Zwar seien Umstrukturierungen nicht ausgeschlossen, doch ein Stellenabbau bei der LTU sei nicht das Ziel der Übernahme. Hunold: „Wenn wir als Konzern weiter wachsen wollen, brauchen wir gute und motivierte Mitarbeiter. Ich kenne noch viele Kollegen aus der Zeit meiner früheren LTU-Tätigkeit. Das war die erfolgreichste Zeit in der Geschichte dieser Fluggesellschaft. Weil ich an die LTU und ihre Mitarbeiter glaube, sehe ich auch eine Perspektive für das Unternehmen.“

Die LTU wird im Air Berlin-Konzern ein rechtlich selbstständiges Unternehmen mit eigener Geschäftsführung bleiben. Auch der Name LTU soll auf absehbare Zeit Bestand haben. Im Europa-Verkehr werde es jedoch eine nahtlose Eingliederung der LTU-Strecken in das Air Berlin-Netz geben. Die LTU betreibt derzeit 15 Mittelstrecken- und 11 Langstrecken-Jets. Ihre wichtigsten Destinationen sind die Dominikanische Republik, die USA, Thailand, die Kanarischen Inseln, Nordafrika und die Türkei. Das Unternehmen beschäftigte zum Stichtag 31. Dezember 2.244 Mitarbeiter und beförderte im vergangenen Jahr 5,3 Millionen Passagiere. Air Berlin hatte im selben Zeitraum 16,8 Millionen Passagiere, fliegt derzeit mit 93 Maschinen und beschäftigt rund 4.000 Mitarbeiter.

Im Europa-Verkehr wird Air Berlin durch den LTU-Erwerb hinter Ryanair, Air France/KLM und Lufthansa zum viertgrößten Anbieter von Flugreisen. Die mögliche Verbesserung der Präsenz Flughafen Düsseldorf sei eines der Hauptmotive für den Kauf gewesen, sagte Hunold. „Das Einzugsgebiet des Flughafens Düsseldorf ist der wichtigste Markt in Deutschland – und nach London der zweitwichtigste in Europa. Wegen der nur begrenzt zur Verfügung stehenden Slots hätten wir dort aus eigener Kraft nicht weiter wachsen können“, erklärte Hunold.

Das Code Share-Abkommen

Air Berlin wechselt außerdem seinen Code Share-Partner; die Condor tritt an die Stelle von TUIfly. Joachim Hunold sieht in dem Code Share-Abkommen mit Condor Vorteile sowohl für die Kunden als auch für die beteiligten Unternehmen. Air Berlin, LTU und Condor werden ihre Flugpläne aufeinander abstimmen und gegenseitig Tickets verkaufen. Der Vorteil für die Kunden liegt im breiter gefächerten Angebot: Die Jets der drei Unternehmen werden beispielsweise nicht mehr parallel zu denselben Zielen fliegen, sondern an verschiedenen Verkehrstagen.

Die zum Reisekonzern Thomas Cook gehörende Condor verfügt derzeit über 36 Flugzeuge und beförderte im vergangenen Jahr 7,8 Millionen Passagiere. Durch das Code Share mit der LTU erhöhen beide Unternehmen ihre Langstrecken-Kompetenz. Während LTU und Condor im Vertrieb vor allem auf Reiseveranstalter und Reisebüros setzen, dominieren bei Air Berlin der Einzelplatzverkauf und der Vertrieb über das Internet. Außerdem hat die Berliner Airline bereits einen hohen Anteil von Geschäftsreisenden.

Von der Vertriebskraft der Air Berlin hat in den vergangenen Jahren die zum TUI-Konzern gehörende Airline „Hapagfly“ profitiert. Mit Ablauf des Winterflugplanes 2006/2007 beendet Air Berlin nun das Code Share mit diesem Unternehmen. Als Grund dafür nannte Hunold die Neupositionierung der in „TUIfly“ umbenannten Gesellschaft als Wettbewerber. Es gebe auch eine spürbare Zurückhaltung bei der Veranstalter-Kundschaft, die ihre Gäste nur ungern auf Maschinen des Mitbewerbers TUI gebucht sehen wolle. Der Reiseveranstalter TUI bleibe allerdings Kunde bei Air Berlin.

Beteiligung an Belair

Die Air Berlin PLC beabsichtigt, eine 49-prozentige Beteiligung an der Schweizer Fluggesellschaft Belair Airlines AG zu erwerben. Das teilte der Vorstand am Dienstag in Berlin mit. Belair ist eine Tochtergesellschaft der Hotelplan Gruppe, die wiederum zu 100 Prozent dem Handelskonzern Migros gehört. Die Hotelplan AG ist eine international tätige Reiseorganisation mit einem Umsatz von rund 2 Milliarden Schweizer Franken. Sie beschäftigt 2.960 Mitarbeiter. Belair betreibt derzeit drei Flugzeuge: zwei Boeing 757-200 und eine Boeing 767-300. Während Air Berlin eine Verstärkung ihrer Aktivitäten im Schweizer Markt anstrebt, sieht Hotelplan Vorteile, wenn Belair in Vertrieb und Logistik von Air Berlin eingebunden wird. Hinsichtlich des Kaufpreises wurde Stillschweigen vereinbart. Zur Wirksamkeit der
Übereinkunft bedarf es noch der Zustimmung des Kartellamtes.

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