Cochon Bourgeois, Berlin

Schwein gehabt in Kreuzberg

Wenn Restaurants zu oft gelobt werden, dann juckt es den Gastrokritiker schon mal in den Fingern, etwas anderes zu schreiben – und er ist klammheimlich enttäuscht, wenn das Lokal dann doch so gut ist, wie man es sich erzählt.

Zu diesen Restaurants gehört seit Jahren das „Le Cochon Bourgeois“ in Kreuzberg. Immer beliebt, immer gut gefüllt – das bürgerliche Ambiente mit dunklen Holztischen, schöner Stuckdecke und Kunst an den Wänden strahlt Wärme aus, eine Art „Willkommen zu Hause“.

Dieses Gefühl zieht Künstler und Lebenskünstler, Architekten und Philosophen an. Auch Sabine Christiansen turtelte hier schon mit ihrer französischen Liebe, an solch versteckten Plätzen lassen sich romantische Abende erleben.

Als Einstieg gibt es einen französischen Klassiker, Tatar vom Rinderfilet mit einem Klecks iranischen Imperial-Kaviar. Glücklicherweise klärt uns der Maître vorher über den Preis der Vorspeise auf – 45 Euro, damit eine der teuersten der Hauptstadt. Wir sind so keck und bestellen die Tatarschnitte ohne den Klecks. Für nun 21 Euro gibt es eine kleine Portion feinstes Tatar mit Schmant, durchaus gelungen, ein feiner Gang, der die Vorfreude auf Kommendes anregt.

Sie wird nicht enttäuscht. Der gratinierte Ziegenkäse auf einem Vinaigrettespiegel (12 Euro) kommt wunderbar fein und aromatisch daher, die gebratenen Pulpos auf Ratatouille-Salat (13 Euro) waren mediterran deftig und perfekt auf den Punkt. Herrlich!

Einzig der Hauptgang war etwas fade, die in Burgunder und Champagner geschmorten Ochsenbäckchen mit wunderbarem jungen Spitzkohl (22 Euro) lasen sich auf der Karte interessanter, als sie dann auf den Teller kamen. Der Soße fehlte die frische Säure und damit der Pep, und das Fleisch war etwas müde, wohl zu lange geschmort.

Der Service des Maître war tadellos und auf hohem Niveau, es machte Spaß mit ihm. Nur sein Kollege hatte so seine Probleme, brachte unverständlicherweise den offenen Burgunder beim nächsten Mal im kleineren Glas – der Wein schmeckte natürlich völlig anders durch die neue Glasform. Na ja, wir konnten sagen, zwei verschiedene Weine getrunken zu haben.

Etwas mehr Tempo bei der Gangfolge wäre angemessen gewesen. Aber dafür ließ sich die Atmosphäre im „Cochon“ länger genießen. Auch im hinteren Raum, der eigentlich noch schöner als der vordere ist, sitzt es sich gut. Das ist aber erst sinnvoll, wenn vorn alles ausgebucht ist

Le Cochon Bourgeois

Fichtestraße 24 in Kreuzberg, Tel: 693 01 01, www.le-cochon.de

Öffnungszeiten: Di-Sa ab 18 Uhr

Karten:keinePlätze: 60

Fazit: Trotz eines Köche- und Besitzerwechsels hält sich das „Le Cochon“ wacker. Den Rang als bestes Restaurant der Fichtestraße hat ihm allerdings das neue „Hartmanns“ ein paar Häuser weiter abgenommen. Da schaut selbst der Schweinekopf – ein Kunstwerk, das in einer Wohnung auf der anderen Straßenseite an der Wand hängt – ganz grimmig.

Niko Rechenberg schreibt auch den bemerkenswerten Weiblogg in der WELT:
http://weblogs.welt.de/blog.php/nikos_weinwelten

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