Ein Drei-Gänge-Menü, dazu eine gute Flasche Wein, darauf ein Schnäpschen zur Verdauung und hinterher die obligatorische Zigarette, die den vollkommenen Genuss abrundet. Essen, Trinken, Rauchen sind für viele Menschen elementare Bestandteile ihrer Lebenskultur. Doch was die Einen Genuss nennen, wird von Anderen kritisch beäugt. Die ‚Zigarette danach‘ steht – zumindest öffentlich genossen – schwer unter Beschuss und die Grenzen zwischen Alkoholgenuss und Alkoholmissbrauch sind fließend. Ganz zu schweigen davon, dass viele beim Thema Essen mittlerweile eher an übergewichtige Kinder und Essstörungen denken…
Macht die Dosis das Gift? Wo verlaufen die Grenzen zwischen Genuss und Suchtgefährdung? Gibt es ein Recht auf Sucht?
In der Runde:
Max Tidof genießt – und zwar in vollen Zügen. Der Schauspieler raucht pro Tag an die 80 Gitanes. Dazu kommen eine bis zwei Flaschen Wein und Essen satt. Wenn ihn das schlechte Gewissen zu sehr plagt, verordnet sich der 46-Jährige einen Monat Schlemmerpause und tägliches Boxtraining. Schließlich will er nicht in die Alkoholsucht abrutschen. Nur das Rauchen kann und will er nicht lassen – erst recht nicht, wenn man es ihm verbietet: ‚Wenn ich das Verbot nicht einsehe, wie etwa in Flugzeugen, dann werde ich richtig zornig!‘
Sabine Bätzing hat dafür keinerlei Verständnis: Angesichts von jährlich 110 000 Toten durch Tabak kämpft die Bundesdrogenbeauftragte für den Schutz der Nichtraucher. Derzeit sollen die Gaststätten noch freiwillig für rauchfreie Zonen sorgen, doch in Zukunft könnte der Qualm per Gesetz verboten werden. Die Doppelmoral dabei: Der Staat verdient über die Steuer kräftig mit – bei Tabak ebenso wie beim Alkohol. Die SPD-Politikerin aber verfolgt ihre Vision von einer Zukunft ohne Millionen von Tabak- und Alkoholopfern unbeirrt weiter. Sie selbst hatte übrigens noch nie einen Rausch …
Für Gerd Käfer, den prominenten Gourmet-Papst aus München, ist Feiern das ganze Leben: Er hat den Namen Käfer zum Inbegriff von phantasievollen Partyinszenierungen, besten Speisen und exzellenten Weinen gemacht. Doch obwohl er selbst Zigarren liebt, verhindert er nach Kräften, dass zu seinen Menüs Zigaretten geraucht werden – störe dies doch den Genuss. Und wenn ein Gast beschwipst ins Auto steigen will, nimmt Käfer ihm schon mal die Schlüssel weg. ‚Später haben sie mich immer gelobt dafür!‘ sagt der Lebemann. Eine besondere Riesenparty für sich selbst hat er bereits vorbereitet: Die soll zu seiner Beerdigung steigen.
Hubert Grönert: Der vielbeschäftigte Unternehmer besuchte nur die besten Restaurants, trank exzellente Weine und rauchte teuerste Havannas. Seine 70 Kilo Übergewicht und den dadurch entstandenen Diabetes nahm er sportlich ‚Dann lebt man halt ein paar Jahre kürzer!‘ war sein Motto. Erst als er Krebs in der Mundhöhle bekommen und bei der Operation eine lebensbedrohliche Vergiftung erlitten hatte, änderte er seinen Lebensstil grundsätzlich. Heute genießt der 60-Jährige ganz anders: Er ernährt sich vegan.
Tü!Tü! musste nicht erst ins Koma fallen, um sich von Konsum und Völlerei abzuwenden. Schon seit über zehn Jahren lebt die 32-Jährige ein Leben in und mit der Natur, ohne Besitz. Entsprechend karg ist ihre Nahrung. Sie trinkt nur Wasser aus einer Quelle, isst ausschließlich wilde Kräuter, Nüsse und Äpfel. Gekocht wird nichts – ihr persönlicher Schutz vor Zivilisationskrankheiten. Die Aussteigerin hat eine klare Botschaft: ‚Wenn die Menschen nicht wieder lernen, von der Natur zu leben, steuern wir auf eine globale Katastrophe zu!‘
Auch Dr. Francoise Wilhelmi de Toledo ist sich sicher: Auf lange Sicht hilft nur, den Lebensstil zu ändern. Die Ärztin leitet seit über 20 Jahren gemeinsam mit ihrem Mann die renommierte Buchinger Fastenklinik am Bodensee. An ihren Patienten sieht sie: Unsere Gesellschaft kennt kein Maß mehr, Frust wird mit übermäßigem Konsum bewältigt. Egal ob Essen, Trinken oder Rauchen – durch die ständige Verfügbarkeit der Genussmittel haben die Menschen das genießen verlernt. Der Tipp der Fasten-Expertin. ‚Das Geheimnis ist der gelegentliche Verzicht. Danach kann man wieder bewusst genießen, fühlt Hunger und Sättigung.‘
An der Bar:
Bernd Sieferts Leben ist der Genuss – in seinem Falle der süße Genuss. Denn der 40-Jährige trägt den stolzen Titel ‚Weltmeister der Konditoren‘. In seinem Familienbetrieb verarbeitet er 20 Sorten Schokolade, kreiert ständig neue Pralinen, Petit Fours und Desserts und geht damit auf Weltreisen: Erst vor kurzem war er in Japan um dort seinen Kulturaustausch der süßen Art voranzutreiben. Ursprünglich wollte der Hesse Kunst studieren, aber: ‚Was ich heute mache, ist auch Kunst: Da werden alle Sinne angesprochen!‘
SWR, Freitag, 02.02., 22:55 – 00:25 Uhr