Kreativ, dynamisch, angesagt: Restaurants
auf Kurs in Richtung Sternenhimmel
Deutschlands „Koch des Jahres“ Tim
Raue steht in der Hauptstadt am Herd, genauer:
im Restaurant 44 im Swissôtel. Das
ist – aus Berliner Sicht – eine der hoch erfreulichen
Gastronomie-Nachrichten des
Spätherbstes 2006. Der aktuelle Gault
Millau Deutschland 2007, der die Auszeichnung
verleiht, bescheinigt Raue eine
„enorm weltläufige Küche, die Modebewusstsein
und Handwerk auf faszinierende
Weise verbindet“. Seine Kreationen
seien „Gesamtkunstwerke“, so das Urteil
weiter, er tische „in der Hauptstadt die
Weltstadt“ auf, und zwar „in höchster Geschmacksintensität“.
Mit seiner modernen
Küche, die immer wieder durch kontrastierende
Elemente überrascht, hat der
„(r)evolutionäre Raue“ auch die Kritiker
des Michelin-Führers überzeugt, die den
Spitzenkoch nun erstmals mit einem ihrer
begehrten Sterne auszeichneten.
Doch das ist nicht die einzige freudige
Nachricht, und Tim Raue bei weitem nicht
der einzige Berliner Küchenchef, der die
Gourmets zu Höchstnoten herausfordert.
Der Guide Michelin lässt in diesem Jahr
sogar einen wahren Sterneregen auf die
Hauptstadt niedergehen: Insgesamt 10
Restaurants wurden mit jeweils einem
Stern ausgezeichnet, wieder eines mehr
als 2005. Neben dem Restaurant 44 ist
auch das Vitrum neu in die Spitzengruppe
aufgestiegen. Facil, First Floor, Fischers
Fritz und Hugos sowie Lorenz Adlon, Margaux,
Die Quadriga und Vau konnten ihre
Auszeichnungen aus dem vergangenen
Jahr verteidigen. Dass Marco Müller von
der Weinbar Rutz zudem zum „Hoffnungsträger“
ernannt wurde, der bei konstant
hoher Leistung auf einen Stern hoffen
darf, spricht für das breite Angebot und die
enorme Vielfalt erstklassiger Restaurants,
die Gourmets aus aller Welt an die Spree
locken.
Wenn Marco Müller nun also das (Sterne)-
Potential hat – was hat dann Matthias
Buchholz? Wie schafft er es, für das First Floor im Hotel Palace bereits zum elften
Mal in Folge einen Stern zu erkochen?
Sein Carpaccio vom Pulpo mit Olivenvinaigrette
und weißem Tomatenmousse
begeistert die Testesser des Guide
Michelin, und selbst die sonst wegen ihrer
strengen Urteile gefürchteten Inspektoren
des Gault Millau geraten bei Buchholz’
Kunst und seinem zuverlässig hohen
Niveau ins Schwärmen: „Alles kommt
edel, elegant und vor allem in Berlin unübertroffen
perfekt“.
Ganz folgerichtig leuchten über Buchholz’
Herd neben dem Michelin-Stern auch drei
Kochmützen des Gault Millau. Dessen
Kritiker zählen in Berlin neun Restaurants
zur deutschen Oberliga (drei Kochmützen),
mehr als in jeder anderen
deutschen Stadt. Die drei Mützen bzw. 17
und 18 Punkte (bei einem Idealwert von
20) stehen für „höchste Kreativität und
Qualität“ sowie „bestmögliche Zubereitung“
– kulinarische Meisterleistungen
also, wie sie auch Feinschmecker, Varta-
Führer sowie Schlemmer Atlas honorieren.
In der Tat wird auch in diesen Publikationen
die hauptstädtische Spitzengastronomie
wieder aufs Höchste gelobt
und aufs Wärmste empfohlen, geschätzt
vor allem wegen ihres hohen Maßes an
Kreativität und Dynamik, das als
einzigartig in Deutschland gilt.
Die Einstimmigkeit der Kritiker, wenn es
darum geht, die „Besten“ auszuzeichnen,
spricht auch für die konstante erstklassige
Qualität der Berliner Restaurantbetriebe.
Ein Name, der dabei immer wieder fällt, ist
der von Thomas Kellermann, Küchenchef
des Vitrum im The Ritz-Carlton. Er ist Berlins
zweiter Neuzugang im erlauchten
Kreis der Sterneköche und wird vor allem
für seinen raffinierten Einsatz von Gemüse
und Kräutern gelobt, gerade auch bei Vegetarischem.
Exklusive Fischgerichte und
edelste Meeresfrüchte kennzeichnen hingegen
die moderne französische Küche,
mit der der vielfach prämierte Christian
Lohse im Fischers Fritz im The Regent am
Gendarmenmarkt zu glänzen weiß.
Szene- und Trendgastronomie ganz groß
Wie Kenner der Szene in letzter Zeit festgestellt
haben, geht ein Trend in der Berliner Gastronomie hin zu lockerer Kommunikation,
entspannter Atmosphäre und
Spaß am Essen bei qualitativ gleich bleibend
hohem Standard. Auf diese Entwicklung
scheint die Metropole bestens
vorbereitet, hat die Hauptstadt doch gerade
in diesem Bereich im bundesweiten
Vergleich die Nase vorn. Mit dem Hugos
im Hotel InterContinental sowie dem Facil
im The Mandala sind beispielsweise im
aktuellen Feinschmecker gleich zwei
hauptstädtische Locations unter den ersten
drei Trendrestaurants platziert. Während
es bei Thomas Kammeier im Hugos
– „unprätentiös, aber mit Schick“ – „14
Stockwerke bis zur kulinarischen Glückseligkeit“
sind (Schlemmer Atlas), kommt
der Gast auch im Facil dem Sternenhimmel
gleich im doppelten Sinne näher:
Das verglaste und begrünte Atrium gibt,
direkt am Potsdamer Platz und doch fernab
des urbanen Treibens, den Blick in den
nächtlichen Himmel über Berlin frei. Und
Michael Kempf ist mit seiner leichten, mediterran
inspirierten Küche der jüngste
Sternekoch der Hauptstadt. Nebeneffekt
dieser Trendwende hin zur modernen Spitzenküche
mit entspannt perfektem Service:
So können sich auch Restaurants
behaupten, die ohne den Rückhalt eines
umsatzstarken Hotels wirtschaften müssen
– wie etwa das Vau, wo Kolja Kleeberg
regional gefärbte, moderne Küche
mit traditionellen Wurzeln anbietet.
Ungewöhnliche Ideen: Shiro i Shiro und
Goldrot
Ein weißes Schloss, mitten in Berlin? Was
wie eine Vision anmutet, ist einer der
heißesten kulinarischen Tipps des Jahres:
Das Shiro i Shiro. Der japanische Name
bedeutet übersetzt nichts anderes als
„weißes Schloss“, und entsprechend
strahlt die imposante Gründerzeitarchitektur
des Ende vergangenen Jahres
zwischen Alexanderplatz und Hackeschem
Markt eröffneten Restaurants von
außen wie innen leuchtend hell. „Das moderne
kulinarische Berlin ist nirgendwo so
beispielhaft zu besichtigen wie im Shiro i
Shiro, einem Brückenschlag zwischen Kuriosität
und Modernität, wie er vermutlich
anderswo in Deutschland kaum möglich
wäre“, lobt der Gault Millau – und zeichnet
Küchenchef Eduard Dimant mit einer Kochmütze aus. Seine Dessert-Kreationen
wie Maraschino-Cocktail mit Nougattörtchen
und Fichtennadeleis haben es den
gestrengen Kritikern ganz besonders angetan.
Und nicht nur diesen: Auch im Feinschmecker
hat sich der Newcomer ganz
weit oben platziert, nämlich unter den Top
Ten deutscher Szenerestaurants. Internationales,
großstädtisches Ambiente und
eine Küche, die als japanisch-europäisch
mit mediterranen Akzenten beschrieben
wird, scheinen in Berlins angesagter Mitte
bestens zu funktionieren.
Experimentelles funktioniert aber auch anderswo.
„Der klassische italienische Dreiklang
von Tomate, Basilikum und Mozzarella
wird zerlegt: In einer kalten Mozzarella-
Suppe schwimmen flüssig gefüllte
Kissen von Basilikumgelee und aus transparenten
Mangoscheiben gefaltete Ravioli
mit süßer Tomatenmarmelade“: Cristiano
Rienzners spielerische, avantgardistische
Küche und die mit „Emotionen“ überschriebene
Speisekarte machen neugierig.
Dank ungewöhnlicher Raffinessen verschaffen
sie dem Gast ganz besondere
„Gaumenkitzel“: „Auf nahezu allen Tellern
glitscht, glubbert, prickelt und schmilzt es
technisch perfekt.“ Das Goldrot, in dem
der junge Koch, Schüler des legendären
Katalanen Ferran Adrià, am Herd steht,
hat als bester Berliner Newcomer im Gault
Millau gleich 15 Punkte an den Kurfürstendamm
geholt. Und befindet sich
dort in bester Nachbarschaft: Auch das 44
(direkt gegenüber dem Neuen Kranzler
Eck), das Daimlers sowie das Balthazar im
Hotel Louisa’s Place (beide hoch gelobt
sowie etwa im Feinschmecker aufgestiegen
und nun noch besser bewertet als
im letzten Jahr) liegen am beliebten Shopping-
Boulevard.
Newcomer und Publikumslieblinge
Ebenfalls mit 15 Punkten, zudem erstmals
mit dem Prädikat „Bib Gourmand“ des
Guide Michelin, das für sorgfältige Küchenleistung
zu günstigen Preisen steht,
kann sich das E.T.A. Hoffmann in Kreuzberg
schmücken. Zeitgemäße Küche mit
badisch-französischem Einschlag zu erschwinglichen
Preisen wird hier geboten –
die auch gut beim Publikum ankommt, wie
eine weitere Auszeichnung belegt. In Marcellino’s Restaurant Report, dessen Noten
sich nicht auf professionelle Inspektoren,
sondern ausschließlich auf die Bewertungen
von rund 1.000 Gästen stützen,
belegt das Restaurant den zweiten Platz in
der Kategorie „Lieblings-Lokale“. Noch
größere Beliebtheit kann nur eine regelrechte
„Legende“ der Berliner Gastro-Szene
für sich verbuchen: Das Borchardt in
Mitte, auch im Feinschmecker unangefochten
als Deutschlands Szenerestaurant
Nummer eins gelistet, für das neben der
hohen Promi-Dichte vor allem der viel gelobte
Klassiker schlechthin, das Wiener
Schnitzel mit lauwarmem Kartoffelsalat,
spricht.
Vielfältige Preise der Profis hat er dieses
Jahr bereits eingeheimst – und auch im
Marcellino’s rangiert Tim Raue weit oben
auf Platz eins in der Luxuspreisklasse. Als
„sehr, sehr schön“ und „ein hohes Maß an
Anerkennung“ empfindet Deutschlands
„Koch des Jahres“ die gute Beurteilung
durch seine Gäste. Sicher trägt zur Beliebtheit
auch bei, dass Raues Kreationen
nicht immer teuer sein müssen: Zur
Mittagszeit bietet das 44 einen preiswerten
Lunch an.
Hochdekoriertes Servicepersonal
Doch in Berlin wird nicht nur hervorragend
gekocht, sondern auch gastfreundlicher
Service zum rundum Wohlfühlen geboten,
wie eine ganze Reihe weiterer Auszeichnungen
unterstreicht. Kompetent und
freundlich, mit der perfekten Mischung aus
Aufmerksamkeit und Diskretion, bereitet
etwa Maître Gerhard Retter im charmanten
Ambiente des Lorenz Adlon jedem
Gast ein besonderes Erlebnis, findet der
Schlemmer Atlas, und wählte ihn gleich
zum „Oberkellner des Jahres“. Laut Gault
Millau wiederum kommt neben dem „Koch
des Jahres“ auch der „Barkeeper des
Jahres“ aus Berlin – die Auszeichnung
ging an Nicole Bolze, die in der Pianobar
des Steigenberger Hotel Klassiker und
phantasievolle Eigenkreationen besonders
charmant serviert, wie es in der Begründung
heißt.
Doch Berlin wäre nicht Berlin, wenn es
nicht auch im Bereich Barkultur gleich
mehrere erstklassige Institutionen vorweisen
könnte: Die Vox-Bar im Grand Hyatt,
berühmt für ihre mehr als 230 Sorten
Whisky, kommt im Feinschmecker auf
Platz zwei der bundesweit besten Hotelbars,
und im Schlemmer Atlas wird Andreas
Lanninger aus der Le Bar im Maritim
Hotel Berlin zum „Barkeeper des Jahres“
ernannt. Ebenso ist Harry’s New York Bar
im Grand Hotel Esplanade, wo Lanninger
zuvor zwölf Jahre lang die Drinks
schüttelte und rührte, weiterhin höchst empfehlenswert:
„Weltstadtformat“, schwärmt
der Gault Millau.
Adressen
44 (im Swissôtel), Augsburger Str. 44,
www.berlin.swisotel.com
Borchardt, Französische Str. 47,
Tel. +49/ (0)30/ 81 88 62 62
Die Quadriga (im Hotel Brandenburger
Hof), Eislebener Str. 14,
www.brandenburger-hof.com
E.T.A. Hoffmann (im Hotel Riehmers
Hofgarten), Yorckstr. 83, www.restaurant-e-t-a-hoffmann.de
Facil (im The Mandala), Potsdamer Platz 3,
www.facil.de
First Floor (im Hotel Palace), Budapester
Str. 45, www.firstfloor.palace.de
Fischers Fritz (im The Regent),
Charlottenstr. 49,
www.fischersfritzberlin.com
Goldrot, Kurfürstendamm 64/65,
www.goldrot-berlin.de
Hugos (im Hotel InterContinental),
Budapester Str. 2, www.hugosrestaurant.de
Lorenz Adlon, Unter den Linden 77, www.hotel-adlon.de
Margaux, Unter den Linden 78,
www.margaux-berlin.de
Shiro I Shiro, Rosa-Luxemburg-Str. 11,
www.shiroishiro.com