Kein anderes Lebensmittel bietet eine solche Vielfalt wie Wein. Was liegt da näher, als eine Probe durch die vielfältigen Genussvariationen des deutschen Weines? Denn bekanntlich geht probieren über studieren – und in der Tat lernt man am meisten über Weine, wenn man sie im Vergleich miteinander probiert. Besonders viel Vergnügen bereitet eine solche Probe, wenn sie gemeinsam mit Weinfreunden durchgeführt wird.
Dann kann man über die individuellen Geschmackseindrücke diskutieren und seine Erfahrungen austauschen. Weinproben sind ein Fest für die Sinne noch dazu ebenso unterhaltsam wie lehrreich.
„Es ist in jedem Fall ratsam, für die Weinprobe systematisch ans Werk zu gehen und sich ein Thema zu setzen“, rät Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut (DWI). Eine Möglichkeit ist zum Beispiel die Probe mit verschiedenen Rebsorten eines Anbaugebietes zusammenzustellen. Um die Vielfalt nicht zu groß werden zu lassen, sollte man sich dabei auf einen Jahrgang beschränken.
Alternativ kann man die gleiche Rebsorte aus verschiedenen Anbauregionen verkosten und macht beispielsweise eine Riesling-Reise durch die Pfalz, Rheinhessen, den Rheingau, und die Weinberge von Mosel, Saar und Ruwer. Dabei offenbart sich wunderbar das breite Spektrum einer Rebsorte wie auch der Gebietstyp der jeweiligen Regionen.
Bei einer Jahrgangsprobe stellt man die klimatischen Einflüsse eines Jahrgangs in den Vergleich. Sie lässt sich sehr gut mit der Verkostung von Weinen eines Winzers oder einer Rebsortenprobe kombinieren. Weine nach Jahrgängen zu probieren kann allerdings ins Geld gehen, wenn ältere Jahrgänge bereits als Raritäten gehandelt werden. „Für Jahrgangsproben sollte man immer mit dem jüngsten Jahrgang beginnen und absteigend probieren“, empfiehlt Ernst Büscher. Dagegen wird in der Qualität aufsteigend probiert, vom einfachen Wein in die Spitze. Außerdem gilt: Weiß vor Rot und trocken vor lieblich. Bei den Rotweinen werden die fruchtigen vor den gerbstoffbetonten probiert. Weine aus dem Barrique bringen die intensivste Aromatik mit und stehen am Schluss der Probe.
Verdeckte Proben machen die Entdeckungsreise durch die Weinaromen besonders spannend, denn Wein probieren ist immer auch eine Entdeckung der eigenen sensorischen Fähigkeiten. Die Flaschen werden dafür mit einer Manschette, Folie oder einem Strumpf verhüllt und durchnummeriert. So lassen sich die Weine völlig unvoreingenommen verkosten. Um seine persönlichen Geschmackseindrücke festzuhalten, bekommt jeder Gast ein Probenprotokoll mit den entsprechenden Weinnummern. Als Ratespiel ist dies sehr unterhaltsam und birgt so manchen Überraschungseffekt.
Eine gute Richtschnur für die private Weinprobe ist eine Auswahl von sechs bis zehn Weinen. Eine größere Auswahl ergibt zwar ein repräsentativeres Bild, jedoch nimmt die Unterscheidungsfähigkeit bei ungeübten Verkostern bei mehr als zehn Weinen deutlich ab. Die Menge sollte so berechnet werden, dass jeweils vier bis fünf Personen auf eine 0,75-Liter-Flasche kommen. So bleibt auch zum Nachprobieren genügend übrig.
Was jetzt noch fehlt, sind die richtigen Gläser. Jeder Gast sollte mindestens zwei Gläser vor sich haben, damit er Weine direkt vergleichen kann. Die Form des Glases entscheidet, wie der Wein auf die Zunge und deren Geschmackszonen trifft. Im Idealfall ist jedes Glas in seiner Form dem Charakter der jeweiligen Weinsorte angepasst. Eines der handelsüblichen Probengläser tut es aber auch. In jedem Fall sollten alle Probenteilnehmer die gleichen Gläser haben. Für die optimale Beurteilung der Weine ist es wichtig, dass sie geruchsfrei und farblos sind, selbst Kristallschliff beeinträchtigt die Beurteilung der Klarheit.
Zu beachten ist außerdem, dass die Weine die richtige Temperatur haben, denn damit steht und fällt die Weinprobe. Zu warm oder zu kalt: beides führt zu Geschmacksverfälschungen. Vor allem zum Erwärmen braucht der Wein Zeit – also Rotwein nicht etwa im heißen Wasser oder in der Mikrowelle erhitzen. Die oft zitierte „Zimmertemperatur“ meinte übrigens ein Zimmer mit Kaminfeuer, also 16 bis 18 Grad Celsius. Wird der Rotwein etwa zwei Stunden vor Beginn der Probe aus dem Keller geholt, ist er meist richtig temperiert. Weißweine dürfen auch aus dem Kühlschrank kommen. Dabei sind einfache und mittlere Qualitäten zwischen 10 und 11 Grad Celsius ideal gekühlt, die edleren Tropfen trinkt man am besten bei 12 bis 13 Grad Celsius. Wer ganz sicher gehen will, kann zur Ermittlung der richtigen Temperatur ein Thermometer benutzen. Nicht vergessen: Der Wein erwärmt sich relativ schnell am Tisch, ein Weinkühler kann die ideale Temperatur über längere Zeit konstant halten.
Ein Korkenzieher ist in jedem Haushalt zu finden. Es ist allerdings darauf zu achten, dass er nicht einem Bohrer ähnelt, sondern die Gestalt einer Spirale hat, deren innere Windung ? die so genannte Seele – groß genug ist, um ein Streichholz hindurch zustecken. Auch sollte er unbedingt eine scharfe Spitze haben, die dem Lauf der Spirale folgt und nicht zentriert ist. Damit bekommt man jede Flasche problemlos auf, ohne dass der Korken abbricht. Bitte den Korken vorsichtig herausziehen und vor dem Ausschenken mit einem sauberen Tuch über die Flaschenmündung wischen, damit eventuelle Kork- oder Kapselreste entfernt werden.
Der Wein ist jetzt bereit zum Einschenken. Dabei werden die Weingläser nicht bis an den Rand gefüllt, etwa ein Drittel bis die Hälfte ihres Volumens sollte frei bleiben, damit sich das Bukett besser entfalten kann. Für den Fall, dass die Gläser nicht ganz leer getrunken werden bevor man zum nächsten Wein wechselt, sind Ausschüttgefäße beispielsweise in Form eines Sektkühlers oder einer Karaffe sinnvoll. Zum neutralisieren des Geschmacks und auch gegen den Durst sollte bei einer Weinprobe immer Mineralwasser gereicht werden. Ideal sind milde, natriumarme Mineralwasser mit wenig Kohlensäure.
Beim Probieren wird der Wein mit nahezu allen Sinnen erfasst: Zuerst mit den Augen seine Klarheit, Glanz und Farbe, dann, nach einem leichten Schwenken des Glases, mit der Nase die Aromenvielfalt und schließlich mit der Zunge der Geschmack des Weines. Erst im Zusammenspiel aller Sinne offenbart sich die ganze Größe eines Weines und vermittelt einen Gesamteindruck. Das so gewonnene Geschmacksbild kann nun nach Punkten oder auch mit Kommentaren bewertet werden.
Empfehlenswert für die Beschreibung der vielfältigen Duft- und Aromastoffe im Wein, ist das informative Aromarad des Deutschen Weininstituts, das hier im Online-Shop unter „Spielerisch genießen“ bestellt werden kann. Es hilft, die verschiedenen Sinneseindrücke in Worte zu fassen und unterstützt die genussvolle Diskussion. So kann man genüsslich in die Welt des Weines eintauchen, ganz nach der Devise: Probieren geht über studieren.