Dämliche Hitlisten – Von Lothar Eiermann
Nun ist es wieder soweit. Die Kollegen haben ein Jahr mit vielen Sorgen hinter sich, oder mit großen Erfolgen. Und jetzt kommt wie in der Schule das Zeugnis. Ein Zeugnis, das grundsätzlich betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten nicht berücksichtigt. Mit dem Argument, dass man ja für den Leser Noten verteilt und nicht für den Betrieb.
Im Prinzip ist diese Auffassung auch richtig. Allerdings gibt es Hotel- und Restaurantführer, die glauben sagen zu müssen, wie man etwas zu tun hat, und das nach nur einem Besuch oder maximal zwei Besuchen während des Jahres. Alle Guides sind jetzt erschienen. Über die Qualifikation der Tester will ich mich nicht auslassen, weil ich sie nicht wirklich kenne. Ich nehme stark an, dass es sehr unabhängige und gute Leute gibt, und, wie bei uns Kollegen auch, etwas schlechtere.
Ich habe darüber hinaus in den vielen Jahren meiner Tätigkeit den Eindruck gewonnen, dass die einzelnen Restaurant-Führer, vielleicht unbewusst, aber auf jeden Fall irgendwie voneinander abschreiben. Ich wünschte, es gäbe mehr Ungereimtheiten: Dass ein Guide aus freien Stücken einmal ganz anders entscheidet als der andere. Das wird auch manchmal ein Jahr lang gemacht und dann nachher gleich wieder angeglichen. Trotzdem ist es gut, dass unsere Betriebe und vor allem die, die weit abgelegen sind, besprochen werden. Ich gebe auch die Hoffnung nicht auf, dass genau so, wie sich ein Restaurant innerhalb von zwei bis drei Jahren erheblich verbessern kann, dies auch die Intention der Verantwortlichen für ihre Guides ist. Und sie ihre Leute dazu ermuntern, Vorurteile, soweit es möglich ist, vor einem Besuch auszublenden.
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