Gault Millau 2007 – Baden-Württemberg

Kabeljau in Graupenspeckbrühe mit Kalbskopf

Josef Wolf vom „Eisenbahn“ in Schwäbisch Hall kocht groß auf im neuen Gault Millau / Otto Geisel in Bad Mergentheim ist „Restaurateur des Jahres“ und Evangelos Pattas vom „Délice“ in Stuttgart „Sommelier des Jahres“

Josef Wolf vom „Eisenbahn“ in Schwäbisch Hall ist für die französische Gourmet-Bibel Gault Millau der kulinarische Aufsteiger des Jahres in Baden-Württemberg. Er kochte sich in der jetzt erscheinenden Deutschlandausgabe 2007 erstmals in die Phalanx der 20 besten Köche des Landes und der 100 besten in der Bundesrepublik. Den Aufstieg in die deutsche Spitzengastronomie schafften auch 10 Restaurants im Ländle.

Über Wolf schreiben die Tester: „Schwäbisch Hall entwickelt sich kontinuierlich zum Schlemmer-Mekka im nördlichen Württemberg. Hier sind wir in dessen kulinarischer Hauptmoschee – nachzuschmecken bei roh mariniertem Thunfisch mit Kaviarvinaigrette und Austerntatar, Trilogie von Gänseleber und Wachtel mit Kalbskopfraviolo in Tomatenbutter oder überbackener Schokoladentarte mit Banane, Passionsfruchtjus und Vanilleeis.“ Er bekam vom Gault Millau, der nach dem französischen Schulnotensystem urteilt, 17 von 20 möglichen Punkten. Sie stehen für „höchste Kreativität und Qualität”. Eine höhere Note verdienen nach dem Geschmack der Franzosen nur 9 Köche in Baden-Württemberg und weitere 23 Köche im Rest der Republik.
Auf 16 Punkte und damit in die deutsche Spitzengastronomie steigerten sich mit inspirierten Gerichten die Baden-Badener Restaurants „Le Jardin de France“ („exzellent die perfekt gebratene Taube im Kartoffelmantel mit einem Aufguss von Holunderblüten und Bratenjus“) und „Schloss Neuweiher („Apfel/Meerrettich-Risotto mit warm geräucherter Lachsforelle“), „Werners Restaurant“ in Gernsbach („aufwändige Desserts wie pochierter und mit Pistazienmousse gefüllter Pfirsich auf Pfirsich-Sabayon und Champagnereis“), „Schwarz“ in Heidelberg („glacierte Entenbrust mit Tannenhonig auf Feigenkraut und Steinpilz/Kartoffel-Strudel“), „Alte Sonne“ in Ludwigsburg („gebratener Lammrücken mit kleinem Haxenragout, Bärlauchkrapfen und Pinienkernspinat“), „Blauel’s“ in Neuenburg („als Feuerwerk der Farben und Geschmäcker kommt safrangelbes Meeresfrüchterisotto mit Scampi, Jacobsmuscheln, Oktopus und grünen Erbsen“), „Gottfried“ in Radolfzell („mit Basilikum gebratener Zander zu Blumenkohl-Couscous und gebackener Zucchiniblüte“), in Stuttgart das „Délice“ („Heilbutt auf Gurkenspaghetti und trefflich abgestimmter Senfsauce“) und „Zauberlehrling“ („Calamaretti mit Pflaumencreme und Parmesangröstel“) sowie der „Schwarze Adler“ in Vogtsburg („getrüffelte Poularde aus dem Ofen mit Gemüse und würzigem Kartoffelgratin“).

Auf 15 Punkte und damit zur zweiten Kochmütze verbesserten sich die Küchenchefs des „Lamm“ in Bühl bei Baden-Baden, „Breitenbach“ in Stuttgart, „Hirschen“ in Sulzburg und „Walk’sches Haus“ in Weingarten.

Auf Platz 1 der kulinarischen Hitparade des Gault Millau in Baden-Württemberg blieb mit 19,5 Punkten Harald Wohlfahrt von der „Schwarzwaldstube“ in Baiersbronn-Tonbach. Die Kritiker schwärmen: „Seine Genussdarbietungen zu beschreiben, ist ein so hoffnungsloses Unterfangen wie Musik in Worte zu fassen. Voller Virtuosität inszeniert er die Aromen als Solisten und Ensemble in einer Dramaturgie, die auch den Nuancen jede Entfaltungsmöglichkeit schafft.“ Beispielsweise bei dem mit Koriander gewürzten feinen Taschenkrebsfleisch in einem Röllchen aus durchsichtigem Hummergelee und umwickelt von einem karottenähnlichen Band aus rotem Hummersuppengelee, dazu mit Limonenöl angemachtes Krabbentatar und Safran-Aïoli. Für die Tester „eines dieser typischen Wohlfahrt-Gerichte, bei denen die dezentere und stärkere, schnellere und langsamere geschmackliche Entfaltung, die kürzere und nachhaltigere Vermählung der Aromen einer Komposition kalkuliert sind wie die Züge eines Schachspielers“.

Der Kochkönig im Ländle (und in Deutschland) hat 8 Kronprinzen, die ihre 18 Punkte aus dem Vorjahr verteidigten:
– Josef Bauer vom „Landgasthof Adler“ in Rosenberg: „Auch wenn die Gerichte noch so rustikal klingen, lösen sie am Gaumen wahre Aromenkaskaden aus wie Kabeljau in der Graupenspeckbrühe mit Kalbskopf (nebst Zunge) und Kräutern.“
– Albert Bouley vom „Waldhorn“ in Ravensburg: „Ästhetisch aufregend und geschmacklich grandios richtet der Küchenmagier ein Quartett kleiner Köstlichkeiten (Kalbskopf, Krebse, Schnecken, Sepia-Schupfnudeln mit Gurkenschnitze) mit ihren Saucen verschiedener Süße- und Schärfegrade in vier quadratischen
Schälchen auf einem großen quadratischen Teller an.“
– Bernhard Diers von der „Zirbelstube“ in Stuttgart: „Er brilliert gern mit Gänse-stopfleber in vielen Variationen oder verblüfft mit Rhabarber/Ingwer-Butter zum selbstverständlich perfekten Lachs.“
– Claus-Peter Lumpp vom „Bareiss” in Baiersbronn-Mitteltal: „Eine aller Ehren werte Küche mit besten Produkten und ohne Aha-Erlebnisse. Das wenig originelle Dreierlei von Jacobsmuscheln auf Lauch lieferte der Küche vor allem einen Vorwand, Imperial-Kaviar zu verschwenden.“
– Martin Öxle von der Stuttgarter „Speisemeisterei“: „Die wundervoller Cognacsauce zur Rinderlende mit gebratener Gänseleber möchte man am liebsten gleich noch einmal als Suppe pur genießen, und die Desserts sind optisch von allergrößter Raffinesse.“
– Wolfgang Raub von „Raub’s Restaurant“ in Kuppenheim bei Baden-Baden: „Nur wenige Köche widmen sich dem Gemüse so ausführlich und geschmacksstark, der Bohneneintopf zum perfekt gebratenen Lammrücken bietet Busch-, Stangen- und Strauchbohnen, Fagiolini und Bohnenkerne.“
– Jörg Sackmann vom „Gourmetrestaurant Schlossberg“ in Baiersbronn-Schwarzenberg: „Beim zehngängigen Degustationsmenü mit sechs Amuse-bouches vorweg überfordert er nicht selten den Gaumen seiner Gäste, aber nie sich selbst, auch wenn er wie ein Jongleur mit Aromen spielt.“
– Christian Scharrer vom „Imperial“ des „Schlosshotels Bühlerhöhe“ in Bühl: „Er interpretiert französisch-mediterrane Küche kunstvoll und aromenstark, wie beim Loup de mer, der mit Anchovis und Lorbeer gebraten ist und auf einem provenzalischen Gemüsequartett sowie mit höchst pikanter Brandade von der Sardelle angerichtet ist.“

Unter den neueröffneten Restaurants bekamen die „Fuchshöhle“ in Bad Säckingen 15 Punkte, „Lachers Restaurant“ in Angelbachtal und der „Landgasthof Adler“ in Rammingen 15 Punkte.

Die Tester beschrieben und bewerteten dieses Jahr insgesamt 210 Restaurants in Baden-Württemberg. 186 Küchenchefs zeichneten sie mit einer oder mehreren Kochmützen aus, wofür die Künstler am Herd mindestens 13 von 20 möglichen Punkten erreichen mussten, was einem Michelin-Stern nahe kommt.

Im Vergleich zur Vorjahrsausgabe servierte der wegen seiner strengen Urteile und deren zuweilen sarkastischer Begründung von den Köchen gefürchtete, von den Gourmets mit Spannung erwartete Gault Millau im Ländle 10 langweilig gewordenen Restaurants ab und nahm 15 neu auf, 30 wurden höher, 21 niedriger bewertet; 8 Küchenchefs gewannen, 6 verloren die begehrte Kochmütze.

Dass in Baden-Württemberg nicht nur vortrefflich gekocht, sondern auch gastfreundlich bewirtet wird, demonstrieren zwei besondere Ehrungen. Otto Geisel aus Bad Mergentheim wurde „Restaurateur des Jahres“, weil er in seiner „Zirbelstube“ und „Vinothek & Markthalle“ ein „Paradebeispiel konventionsfreier Gastlichkeit auf hohem Niveau bietet, das Jugend lockt“. Evangelos Pattas vom „Délice“ in Stuttgart wurde „Sommelier des Jahres“, weil „sich die Gäste bei ihm wie in Dionysos’ Armen fühlen. Dem vielsprachigen Griechen liegen Riesling und Spätburgunder sowie der Sommelier-Nachwuchs besonders am Herzen“.

Außerdem testete der im Münchner Christian Verlag erscheinende Reiseführer für Genießer (900 Seiten, 30 €) die beiden nobelsten Kreuzfahrtschiffe der Welt: die „Seven Seas Voyager“, deren Küche der junge Brandenburger Cornel Ruhland dirigiert (zuvor im Club Aldiana in Tunesien), und die „Crystal Serenity“ mit dem US-japanischen Starkoch Nobu Matsuhisa. Ferner beschreibt und klassifiziert er 420 Hotels.

Die 20 besten Restaurants des Gault Millau in Baden-Württemberg

1. Schwarzwaldstube in Baiersbronn-Tonbach (19,5 Punkte),
2. Bareiss in Baiersbronn-Mitteltal,
Gourmetrestaurant Schlossberg in Baiersbronn-Schwarzenberg,
Imperial in Bühl,
Raub’s Restaurant in Kuppenheim bei Baden-Baden,
Waldhorn in Ravensburg,
Landgasthof Adler in Rosenberg bei Crailsheim,
Speisemeisterei und Zirbelstube in Stuttgart (alle 18 Punkte),
10. Park-Restaurant in Baden-Baden,
Landhaus Feckl in Ehningen bei Stuttgart,
Zum Hirschen in Fellbach,
Colombi in Freiburg,
Berghotel Baader in Heiligenberg bei Meersburg,
Da Gianni in Mannheim,
Zirbelstuben in Bad Mergentheim,
Villa Hammerschmiede in Pfinztal bei Karlsruhe,
Burgrestaurant Staufeneck in Salach bei Göppingen,
Eisenbahn in Schwäbisch Hall,
Flohr’s Restaurant in Singen (alle 17 Punkte).

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2 Antworten auf „Gault Millau 2007 – Baden-Württemberg“

  1. Ich halte die Bewertung von 14 Punkten (obwohl aufsteigend) für zu niedrig, weil der Patron Pfnür jeden Tag ein Gericht – wie der Markt es
    hergibt – für einen günstigen Preis (12,90) meistens incl. einem kleinen Salat und einem schönen Amuse bouche anbietet. Zum Kaffee oder Espresso kommt dann noch ein kleines Stück Kuchen.Phantasievoll und sehr gut.

  2. Ich halte die Bewertung von 14 Punkten (obwohl aufsteigend) für zu niedrig, weil der Patron Pfnür jeden Tag ein Gericht – wie der Markt es
    hergibt – für einen günstigen Preis (12,90) meistens incl. einem kleinen Salat und einem schönen Amuse bouche anbietet. Zum Kaffee oder Espresso kommt dann noch ein kleines Stück Kuchen.Phantasievoll und sehr gut.

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