JazzFest Berlin 06

Das Festival beginnt mit einer Film-Premiere. Gezeigt wird der neue Film von Julian Benedikt, dem
vielfach ausgezeichneten Regisseur von Blue Note, einer Dokumentation über das legendäre
gleichnamige Plattenlabel.
In Play Your Own Thing widmet sich Benedikt nun der Europäischen
Jazzlandschaft in den ersten Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg – mit viel Musik und vielen Interviews
mit u.a. Coco Schumann, Juliette Greco, Till Brönner und Dee Dee Bridgewater.
Zur Premiere wird eine
Menge musikalische Prominenz erwartet. Das polnische „Simply Acoustic Trio“ gibt anschliessend im
Quasimodo die „Hausband“…

Ebenfalls Deutschlandpremiere feiert außerdem ein Film, der auf dem Filmszenario Der Pleitejazz des
flämischen Dichters Paul van Ostaijen beruht. Van Ostaijen lebte 1918-1921 in Berlin, wo er einerseits
die Novemberrevolution, den Spartakus-Aufstand und dessen Niederschlagung erlebte, und
andererseits den Dadaisten begegnete, den Jazz und den Stummfilm entdeckte – und in Dichtung
übertrug:
Der Pleitejazz – entstanden 1920/21, aber erst posthum veröffentlicht – ist eine grandiose
Dada-Groteske. Erst jetzt wurde das Szenario in den Niederlanden von dem Regisseur Frank
Herrebout filmisch umgesetzt. Gleichzeitig erfuhr es parallel eine musikalisch-tänzerische und visuelle
Bearbeitung durch Stefan-Max Wirth.

Aus der gleichen Ära stammt auch Lubitschs Stummfilm-
Komödie Die Austernprinzessin. Beim Jazzfest wird die belgische Großformation Flat Earth Society
die Aufführung mit Live-Musik begleiten.

Das JazzFest Berlin widmet sich jedes Jahr mit einem oder mehreren Schwerpunkten nationalen oder
regionalen europäischen Musikszenen. 2006 werden es die Alpenländer Schweiz und Österreich sein.

Aus der Schweiz kommen, Alphörner inklusive, das Jazzkabarett von Erika Stucky, außerdem die
Grooves von Nik Bärtsch’s Ronin. Neu aufgelegt hat auch der Österreicher Wolfgang Puschnig
seine Alpine Aspects, bei denen die Blaskapelle der Amstettner Musikanten u. a. auf den Funk-Bass
von Jamaaladeen Tacuma aus Philadelphia trifft. Zudem reist das Max Nagl Ensemble an und das
Radio String Quartet stellt sein Mahavishnu for Strings-Programm vor, für Streicher überarbeitetes
Material von John McLaughlins berühmter Jazzfusion-Gruppe.

Aus Musikern beider Länder setzt sich
die Neuauflage des erfolgreichen Trios Depart zusammen.

Als der Hurrikan Katrina im letzten Sommer über New Orleans tobte, wurden 1.200 Menschen getötet
und 60.000 Häuser zerstört. 800.000 Menschen wurden obdachlos. Den Überlebenswillen und die
Lebensfreude der Stadt, den sie nicht zuletzt aus ihrer unvergleichlichen Musikszene zieht, konnte die
Katastrophe freilich nicht zerstören. Beim Festival in Berlin wird die Jazzwiege durch zwei lebende
Legenden vertreten: die Pianisten Allen Toussaint und Eddie Bo.

Außerdem reisen die New Birth
Brass Band und der junge Saxophonist John Ellis an.
Ein besonderer Höhepunkt: Alex von Schlippenbachs legendäres, europäisch dimensioniertes
Großprojekt der improvisierten Musik, das Globe Unity Orchestra, feiert 2006 sein 40jähriges
Bestehen. Begangen wird dieses Jubiläum mit einem Auftritt beim Berliner Jazzfest, bei welchem das
Ensemble schon in seinem Gründungsjahr 1966 spielte.

Zum ersten Mal dagegen präsentiert sich die
Big Band des Hessischen Rundfunks auf dem Jazzfest. Als Solisten wirken Billy Cobham am
Schlagzeug und Jerry Goodman an der Violine unter der Leitung von Colin Towns an dem Mahavishnu
Orchestra-Programm Birds of Fire mit.

www.berlinerfestspiele.de

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