650 Gramm am Tag!

Als 1911 die Vitamine entdeckt wurden, rückte eine bis dahin eher
als nebensächlich betrachtete Nahrungsmittelgruppe in den Blickpunkt
des Interesses: Obst und Gemüse. Seither diskutieren Wissenschaftler
über die gesundheitlichen Effekte einer obst- und gemüsereichen
Ernährung – eine Diskussion, die fast 100 Jahre später und einige
hundert, wenn nicht gar tausend Studien weiter, noch immer im Fluss
ist. Einigkeit besteht in jedem Falle darin, dass Obst und Gemüse dem
Körper gut tun und man ausreichend, das heißt täglich etwa 650 Gramm,
Obst und Gemüse zu sich nehmen sollte. Schwieriger gestaltet sich die
Antwort auf die Frage, ob und warum ein hoher Obst- und Gemüseverzehr
bestimmten Erkrankungen vorbeugen kann. Dies zeigten die ersten
wissenschaftlichen Beiträge anlässlich der derzeit stattfindenden 10.
Karlsruher Ernährungstage, die am Sonntag in Karlsruhe begonnen
haben.

Zu geringer Obst- und Gemüseverzehr kommt teuer zu stehen

Was die Herz-Kreislauf-Erkrankungen anbelangt, erlaubt der
aktuelle Forschungsstand eine klare Aussage: Ein hoher Obst- und
Gemüseverzehr senkt für diese Erkrankungen das Risiko. Dr. Lydia
Bazzano von der Tulane University in New Orleans, die eine Vielzahl
von Studien zusammengetragen und analysiert sowie eigene Versuche
durchgeführt hat, stellt zusammenfassend fest: „Die Ergebnisse
insbesondere prospektiver Kohortenstudien, also Untersuchungen, die
die Ernährungsgewohnheiten und den Gesundheitszustand größerer
Gruppen über einen längeren Zeitraum begleitend beobachten, zeigen,
dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen umso seltener auftreten, je mehr
Obst und Gemüse verzehrt wird.“ Die Mischung macht’s: Der hohe Gehalt
an Kalium, Antioxidantien, Ballaststoffen und Folat sowie ein
niedriger glykämischer Index von Obst und Gemüse reduzieren das
Risiko für koronare Herzerkrankungen und Schlaganfall und wirken sich
positiv auf die Cholesterinwerte des Blutes aus. Da
Herz-Kreislauf-Erkrankungen weltweit die Hauptursache für
Erkrankungen und Todesfälle sind, können die Auswirkungen dieser
Effekte gar nicht hoch genug angesetzt werden. Schließlich geht es –
das belegen Berechnungen der Weltgesundheitsorganisation WHO – um
Millionen Menschenleben, die Jahr für Jahr gerettet werden könnten
beziehungsweise Erkrankungen, die erst gar nicht auftreten müssten.

Allein die geringeren Krankheitszahlen könnten die Gesundheitssysteme
deutlich entlasten: Die Kosten für die Behandlung von
Herz-Kreislauf-Erkrankungen beliefen sich laut Statistischem
Bundesamt in Deutschland in 2002 auf mehr als 35 Milliarden Euro, das
entspricht 15 Prozent der Gesamtausgaben von 232 Milliarden.

Diabetes und Übergewicht – welche Rolle spielen Obst und Gemüse?

Ganz anders stellt sich der derzeitige Forschungsstand über den
Zusammenhang eines hohen Obst- und Gemüseverzehrs in Bezug auf
Diabetes Typ 2 dar. Die vorliegenden Studien ermöglichen es nicht, so
Dr. Matthias Schulze vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung,
einen direkten kausalen Zusammenhang zwischen einer obst- und
gemüsereichen Ernährung und einem geringeren Diabetes Typ 2-Risiko
auszumachen. Jedoch, so Schulze, könnten Obst und Gemüse, da sie
ballaststoff- und volumenreich sind, dazu beitragen, der Entwicklung
von Übergewicht vorzubeugen beziehungsweise beim Abnehmen zu
unterstützen. Eine Absage an die Ernährungsempfehlung 5 am Tag also?
Weit gefehlt: Diese hält Schulze angesichts der überzeugenden
Datenlage in Bezug auf die schützende Wirkung von Obst und Gemüse vor
Herz-Kreislauf-Erkrankungen und des Gesamtbildes der positiven
Effekte nach wie vor für richtig und wichtig.

Laut 5 am Tag-Empfehlung sollte man täglich 600 bis 650 Gramm Obst
und Gemüse essen. Diese Empfehlung wird von zahlreichen
Gesundheitsorganisationen unterstützt. Die gleichnamige Kampagne wird
mit Mitteln der Europäischen Union gefördert.

www.5amtag.de

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