Gebackener Ziegenkäse auf Ruccola-Salat, kross gebratenes Zanderfilet mit Chili-Couscous, geschmorte Kaninchenkeulen mit Rahmpolenta und fruchtige Mango-Mousse – schon die Menüfolge macht Appetit. Aber im Stuttgarter Hof kann man sich die Spezialitäten nicht nur auf der Zunge zergehen lassen. Sternekoch Markus Semmler führt auch vor, wie sie zubereitet werden. Jeden Mittwochabend von 18 bis 22 Uhr lädt er Interessierte zum After Work Cooking ein, um mit ihnen ein viergängiges Dinner zu kochen. Erst werden bei einem Glas Prosecco die Gerichte besprochen, dann die Küchenschürzen verteilt und schon stehen alle um den Herd des Berliner Meisterkochs herum. Dabei brauchen sie keineswegs in Ehrfurcht zu erstarren. Vielmehr ist auch aktive Mithilfe erwünscht. Zum Beispiel, wenn es darum geht, die kleinen Ziegenkäse-Stückchen in hauchdünnen Teig zu rollen. Wenn sie knusprig braun gebraten und zusammen mit Salat und dreizehn Jahre altem Balsamico angerichtet sind, wird natürlich auch getafelt und das Gelingen des ersten Gangs mit passendem Wein begossen. Wie überhaupt das After Work Cooking in erster Linie eine gesellige Angelegenheit ist. Wer dabei auf den Geschmack gekommen ist, kann sich dann zum einmal monatlich stattfindenden Grundkurs anmelden. Oder zu einem ganz speziellen Semmler-Abend, bei dem die Teilnehmer auf besonders hohem Niveau für ebenso viele von ihnen geladene Gäste kochen.
Vom Zwiebelschneiden bis zur Haute Cuisine
Was für ein Vergnügen das Kochen und Essen in geselliger Runde sein kann, lässt sich natürlich auch andernorts erfahren. Die Zeiten, in denen man einfach nur ein Steak „in die Pfanne haute“, sind vorbei. Stattdessen liegen Kochkurse und Küchenpartys im Trend. Und an der Spree kommen besonders viele Restaurants, Hotels, Kochstudios, ja sogar Bio-Märkte der steigenden Nachfrage nach Koch-Veranstaltungen nach. Vom kulinarischen Salon in Charlottenburg, in welchen Nicole Ludwig Interessierten die moderne Anti-Aging-Küche mit Sushi und Thai-Currys schmackhaft macht, bis zum Fischers Fritz am Gendarmenmarkt, wo man Sterne-Koch Christian Lohse bei der Zubereitung eines Lauch-Cannellono mit geeistem Taschenkrebs, kleinen Tintenfischen und schwarzer Vinaigrette helfen darf, öffnen sich die Küchen der Hauptstadt für Hobbyköche, Profis und neugierige Beobachter.
Zunächst gibt es Kurse, die ganz praktisch angelegt sind. Da werden Neulinge in die Grundlagen von unkomplizierten Pasta-Gerichten eingewiesen, Kindern die Angst vorm dreigängigen Menü genommen oder Berufstätigen gezeigt, wie sie schnell und preiswert zu einer gesunden Mahlzeit kommen. Sowohl an Einsteiger und Singles als auch an Fortgeschrittene und Profis richtet sich beispielsweise das Angebot des Event-Kochstudios in Charlottenburg. Hier werden auf verschiedenen Niveaus Klassiker der deutschen Küche wieder belebt. Auf unterschiedliche Zielgruppen abgestimmt sind auch die Kurse von Bio-Lueske in Lichterfelde. In dem Laden, der gerade zum besten Bio-Supermarkt Deutschlands gekürt wurde, können sie lernen, wie brandenburgische Spezialitäten, Saucen – „die heimlichen Stars“ – oder eine raffinierte Wok-Küche zubereitet werden. Vom Zwiebelschneiden bis hin zur Haute Cuisine bewegen sich außerdem die Schulungen von Marco Müller, dem Küchenchef der Rutz-Weinbar. Mal steht die leichte Sommerküche auf dem Programm, mal die Winterküche mit Wild und Schokolade, ein anderes Mal geht es um Schmoren, Braten, Pochieren oder Räuchern. Selbst Lieblinge der Hausmannskost greift Müller auf oder führt vor, wie man – nach dem Motto „Jetzt kann nichts mehr schief gehen“ – ein kompliziertes Festessen zustande bringt.
Private Kochkurse und Küchenpartys
Bei vielen Kursen sind auch die „blutigen Anfänger“ willkommen. Doch kann es gerade bei einschlägigen Feinschmecker-Adressen nicht schaden, wenn die Teilnehmer eigene Koch-Erfahrungen mitbringen. Sonst dürfte es schwierig werden, einem Michael Hoffmann im Margaux bei der Zubereitung von Glattbutt in Badoitgelee oder Entenstopfleber-Parfait mit Ingwer-Aprikosen-Confit zu folgen. Das gilt auch für die Kurse von Meisterkoch Franz Raneburger, die in der Remise vom Schloss Glienicke regelmäßig Hobbyköche mal in die regionale, mal in die euroasiatische Küche oder aber in die Geheimnisse von Fisch und Krustentieren einweihen.
Wer mit einer größeren Gruppe kommen und im kleinen privaten Kreis unter sich bleiben möchte, kann in vielen Häusern einen individuellen Kochkurs buchen. Während beispielsweise im art´otel berlin city center west Gruppen von zehn bis 25 Personen in Thai-Kochkursen ein asiatisches Vier-Gang-Menü kochen, werden im Jolly Hotel Vivaldi bis zu vier Interessierte in die traditionelle italienische Küche mit Antipasti, Fleisch- und Fischgerichten sowie Nachspeisen eingewiesen. Das Hotel Bleibtreu richtet sich dagegen bei den kulinarischen Themen nach der jeweiligen Jahreszeit sowie den Wünschen der Teilnehmer – je nachdem, ob sich eine Architektengruppe anmeldet oder ein Damenclub. Ebenso im e.t.a. Hoffmann im Hotel Riehmers Hofgarten, im Hilton am Gendarmenmarkt oder im Maritim pro Arte in der Friedrichstraße, wo das Restaurant Atelier Gruppen von zwölf bis zwanzig Personen zum gemeinsamen Kochen und Tafeln offen steht.
Der Ablauf – Empfang bei Sekt und Fingerfood, Vorstellung des Menüs, Kochkurs und anschließendes Dinner – ist fast immer derselbe. Neben allerlei wertvollen Tipps und Tricks erhalten die Gäste meist auch Küchenschürzen und Rezepte zum Nachkochen. Im Abacus Tierpark Hotel bekommen sie gegen Aufpreis sogar Kochmützen und – schürzen mit ihrem eigenen Namen. Außerdem werden die schönsten und lehrreichsten Augenblicke des Abends auf Fotos fest gehalten. Im Restaurant ALvis, das sich im Hotel Albrechtshof befindet, stehen demgegenüber nicht nur die Termine aller Kochkurse fest, sondern auch die Drei-Gang-Menüs für die jeweiligen Abende. Werden zum Beispiel am 2. Juni Weißweinsüppchen mit gebackenen Krebsschwänzen, Lammrücken im Kartoffelrösti und Mousse von Bitterschokolade zubereitet, sind vier Wochen später Kalbsnieren in Dijonsenf, Hummer „Thermidor“ und Erdbeer-Joghurt-Terrine mit Himbeermark an der Reihe.
Sterne- und Haubenköchen über die Schulter schauen
Bezeichnenderweise finden die meisten Kochkurse in Hotelküchen statt. Kein Wunder – sind hier doch einige der ambitioniertesten Köche Berlins am Werk. Auch die Gastro-Päpste von Michelin über Gault Millau bis zum Feinschmecker bescheinigen vor allem den Chefs der hiesigen Hotelrestaurants besondere Kochkünste. Da wollen sich viele Gäste nicht mehr mit dem reinen Genuss begnügen. Stattdessen entwickeln sie den Ehrgeiz, auch zu Hause auf dem Niveau einer hauptstädtischen Sterne-Küche zu brutzeln. Außerdem träumt manch einer davon, einmal neben einem Sternekoch wie Matthias Buchholz am Herd zu stehen, der regelmäßig acht bis zehn Personen zu Küchenpartys und Kochkursen im first floor im Palace Hotel begrüßt. Oder soll es vielleicht der mit Stern und allerlei Hauben ausgezeichnete Thomas Kammeier vom Hugos im Hotel Intercontinental sein, der Kreationen wie glacierte Gänseleber mit Pattaya-Mango oder Langostinos mit Paprikacreme und kandierten Oliven im Repertoire hat? Wer sich einen ersten Eindruck von seiner „Grande Cusine der Metropole“ verschaffen will, sollte an einem Schnupperkurs teilnehmen, Mutigere können ihm bei einem erweiterten Kochkurs in den Gourmet-Himmel von Berlin folgen. Sternekoch Christian Lohse will im Frühjahr unterdessen mit Interessierten eine Komposition aus Spargel, Lachs und Erdbeeren kreieren, „die ihresgleichen sucht“. Ob sie tatsächlich hält, was der Chef verspricht, wird sich beim anschliessenden Verzehr im noblen Fischers Fritz zeigen, zu dem auch nicht kochende Gäste willkommen sind. In die Töpfe einer Schlossküche schauen darf man wiederum im Schlosshotel im Grunewald, wo Jörg Behrend sich mit den Teilnehmern entweder Schalen- und Krustentiere oder Risotto und Ravioli vornimmt.
Zur Austernklasse ins Desbrosses
Auch aus Kartoffeln und Trü
ffeln lassen sich wahre Wunderwerke zaubern. Wie es geht, lässt sich unter anderem bei Thomas Kellermann erlernen. Wobei dem Chef des Vitrum im Ritz Carlton Berlin auch Saucen, Kräuter und Geschmortes am Herzen liegen. Die Brasserie Desbrosses im selben Haus bittet stattdessen hin und wieder zur Austernklasse. Kein Kurs im eigentlichen Sinn, sondern ein Chef´s Table ist das Küchen-Event, das das benachbarte Marriott-Hotel für maximal acht Personen veranstaltet. Vor den Augen der Gäste zaubert Dominique Smart aus marktfrischen Zutaten ein Fünf-Gang-Menü, das an Ort und Stelle mit den korrespondierenden Weinen eingenommen wird. In die offene Showküche darf außerdem im gegenüberliegenden Vox geschaut werden. Sous Chef Andreas Bärenklau weiht dort die Teilnehmer seiner Kurse nicht nur in köstliche Kombinationen von Spargel und Morcheln (oder Fonds und Saucen) ein. Er legt auch großen Wert darauf, dass sie ihm bei raffinierten Desserts aus Erdbeeren, Pfirsich und Schokolade zur Hand gehen. Wer schließlich die neue Metropolitan Kitchen von Holger Zurbrüggen kennen lernen will, ist im Balthazar an der richtigen Adresse. Gerade hat sich der frühere Küchenchef des Louis im Hotel Steigenberger mit einem eigenen Restaurant in der Nobelherberge Louisa´ s Place am Kurfürstendamm selbständig gemacht. Und in die Wirkungsstätte hat er auch ein neues Konzept mit gebracht. „Von der japanisch-italienischen Küche bin ich etwas abgerückt“, erklärt Zurbrüggen. „Inzwischen habe ich mich auf vielfältigen Reisen, zum Beispiel in Thailand, inspirieren lassen.“ Das Ergebnis sind Kompositionen wie gebackener Ochsenschwanz mit Tintentisch-Tatar oder marinierter Tunfisch mit Schafskäse und Schalotten-Marmelade. Ob sie erlernbar oder vielmehr unnachahmlich sind, das zu beurteilen bleibt den Schülern seiner Kochkurse überlassen.
Adressen unter www.kochschule.info