Frisch statt Fast – Amerika für Feinschmecker

Im Bundesstaat Washington im äußersten Nordwesten der USA hat sich aus den
reichhaltigen und facettenreichen Angeboten an Nahrungsmitteln eine
spezielle Gourmetküche entwickelt, die man als „Pacific Northwest Cuisine“
bezeichnet – eine äußerst nahrhafte und gesunde Küche, die sich all der
frischen Zutaten bedient, die Land und Meer hier in Hülle und Fülle
hergeben.

Natürlich lässt sich solche Frische nicht exportieren: den
authentischen Gourmetgenuss kann man nur vor Ort unverfälscht erleben.
Eine Reise nach Washington ist zu jeder Jahreszeit ein Genuss. Nicht nur die
abwechslungsreiche Landschaft bietet jahraus, jahrein ein faszinierendes
Bild: Jede Jahreszeit ist auch Fang- oder Erntezeit für die eine oder andere
Spezialität der Region. Auf einer Reise durch Washington ist niemand
gezwungen, sich von einem Fast-Food-Restaurant zum nächsten
durchzuschlagen – hier lernt man Amerika von einer ganz anderen Seite
kennen.

In einem Küstenstaat wie Washington spielt freilich das Meer mit all dem,
was man im Englischen kurz und knapp als „seafood“ bezeichnet, eine große
Rolle: Austern, Krabben, Lachs, Thunfisch, Heilbutt und Kabeljau sind nur
einige der Köstlichkeiten, die frisch aus dem Ozean in den Restaurants
entlang der Pazifikküste landen, wo man sie auf vielfältige und
einfallsreiche Weise zubereitet. Schon die Indianer wussten die
reichhaltigen Fischgründe zu schätzen, und so ernährte die Fischerei die
Bewohner dieser Region, die heute den Staat Washington bildet, bereits lange
vor der Ankunft der Siedler aus dem Osten des Kontinents.
Heute ist der Pike Place Market- www.PikePlaceMarket.org in Seattle nicht
nur der älteste Bauern- und Fischmarkt der USA, sondern auch eine beliebte
Besucherattraktion.

Weltbekannt ist er insbesondere für seinen „fliegenden
Fisch“: Die Fischverkäufer von „Pike Place Fish“ lassen ihren Fisch nicht
nur zu den stets zahlreich versammelten Kunden und anderen Neugierigen
„sprechen“, sondern werfen ihn sich auch gegenseitig zu.
Doch Washington besteht nicht nur aus seiner langen Meeresküste. Das
fruchtbare Hinterland eignet sich hervorragend für die Viehzucht. Im großen
Stil begannen erst die Pioniere mit dieser Art der Landnutzung. Heute
besteht ein Drittel der Landfläche des Staates Washington aus Weideland. Die
„glücklichen Rinder“ werden zum Teil zu leckeren Steaks verarbeitet, zum
Teil hält man sie als Milchvieh. Aus der Milch dieser Kühe entstehen unter
anderem originelle Käsesorten, die man zum Teil nur in dieser Gegend findet
und die bei Käsekennern weit über die Grenzen Washingtons geschätzt werden.

Neben dem Weideland eignet sich der fruchtbare vulkanische Boden Washingtons
aber auch sehr gut für den Anbau von Getreide, Obst und Gemüse. Die Hälfte
aller Äpfel, die in den USA verzehrt werden, wächst im Staat Washington:
mehr als hundert Millionen Kisten! Damit ist der Apfelanbau der bedeutendste
Zweig der einheimischen Landwirtschaft. Die Erntezeit reicht von Mitte
August bis Anfang November.

Die „Washington Apple Commission“ in Wenatchee,
das ziemlich genau in der Mitte des Bundesstaates liegt, bietet sogenannte
„agricultural tours“ an, bei denen man einiges über den Anbau dieses Obstes
erfährt. Berühmt sind aber zum Beispiel auch die Kran- oder Preiselbeeren
(„cranberries“). Hier lohnt sich auch der Besuch des „Cranberry Museum“ mit
der angeschlossenen „Demonstration Farm“ in der Küstenstadt Long Beach im
äußersten Südwesten des Staates.
Daneben werden in Washington Kirschen, Pflaumen, Aprikosen, Birnen und
anderes Obst angebaut. Sehr viele Obstfarmen („fruit farms“ oder „orchards“)
kann man besuchen und besichtigen. Hinweise auf solche Bauernhöfe findet
man – ebenso wie größere oder kleinere Obststände – oft am Straßenrand, wenn
man nicht nur auf den Schnellstraßen unterwegs ist. Ansonsten hat auch in
den Städten auf einem der zahlreichen Bauernmärkte („farmers‘ markets“) die
Möglichkeit, Obst und Gemüse direkt vom Erzeuger zu kaufen. Das
Landwirtschaftsministerium des Staates Washington fördert übrigens den
sogenannten „biologischen“ Anbau von Lebensmitteln durch ein eigenes
„Organic Food Program“.

Wenn man von Früchten spricht, darf man selbstverständlich die Trauben nicht
vergessen, die hier prächtig gedeihen. Bereits 1825 begann in Washington der
Anbau von Weintrauben. Trotzdem zeigen sich Besucher oft überrascht, wenn
sie hören, dass der Staat als Weinproduzent unter allen Bundesstaaten der
USA an zweiter Stelle rangiert. Die Gründe sind leicht nachvollziehbar: Das
Klima ist mild und die Weinberge liegen auf der gleichen geographischen
Breite wie die legendären Weinbauregionen Bordeaux und Burgund in
Frankreich.

Washingtons Winzer bauen in 240 Weingütern auf einer
Gesamtfläche von fast 12.000 Hektar neben exotischen Neuschöpfungen auch
vertraute und vielfach preisgekrönte Rebsorten wie Chardonnay, Cabernet
Sauvignon, Merlot, Sauvignon Blanc oder Riesling an, aber auch „Neulinge“
wie Shiraz. Viele dieser Weingüter können besichtigt werden. Natürlich kann
man die Weine bei dieser Gelegenheit auch kosten und gleich beim Erzeuger
ein köstliches Mitbringsel aus Wash
ington erstehen. Nähere Informationen dazu gibt es im Internet unter
www.WashingtonWine.org .

Was für den Rebensaft gilt, trifft auch auf den Gerstensaft zu. Überall in
Washington findet man nämlich auch kleine private Brauereien, sogenannte
„Microbreweries“, die vor rund zwanzig Jahren aus dem Bedürfnis nach
Abwechslung vom Einheitsgebräu der großen Konzerne entstanden. Dem
Engagement einiger Bierliebhaber ist es zu verdanken, dass in Washington
heute wieder ähnliche Verhältnisse herrschen wie einst in den Pioniertagen,
als nahezu jedes Fischerdorf und jede Holzfällersiedlung eine eigene
Brauerei besaß. Obwohl die Neubrauer zunächst gar nicht kommerziell dachten
und nur für den „Hausgebrauch“ produzieren wollten, konnte man kaum
verhindern, dass sich die Qualität des guten Gerstensafts herumsprach. Und
so findet man heute neben nahezu jeder Mikrobrauerei auch einen Ausschank –
„brewpub“ genannt. Inzwischen werden sogar organisierte Brauereitouren mit
Besichtigungen angeboten. Wer mehr über die kleinen Brauereien erfahren
möchte, kann im Internet die www.BrewPubZone.com besuchen. Anschriften findet man auch auf der Website der
Bierbrauergilde, www.WashingtonBrewersGuild.org .

Deutsche Besucher, die sich
nicht an einheimische Sorten mit etwas eigentümlichen Bezeichnungen wie
„Moose Drool“ („Elchgeifer“) heranwagen möchten, können auf „alte Bekannte“
zurückgreifen: Pilsner, Helles, Kölsch oder Hefeweizen stehen in Washington
hoch im Kurs – unter ihren vertrauten deutschen Namen.

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