Mit der eher rückläufigen Preisentwicklung für Milch- und Fleischprodukte
gewinnt der „Fitnesskomplex“ in der Rinderzucht zunehmende Bedeutung. Damit nähern sich
die Zuchtziele von konventionellen und biologisch wirtschaftenden Betrieben einander an.
Ein Vortrag auf der Österreichischen Fachtagung für biologische Landwirtschaft 2006
ging der Frage nach, ob spezielle züchterische Strategien für die Bio-Rinderzucht
notwendig sind.
Der „ökonomische Gesamtzuchtwert“ (GZW), der einen maximalen wirtschaftlichen
Gesamtnutzen anstrebt, kombiniert alle wirtschaftlich wichtigen Merkmale. Die Gewichtung
der einzelnen Merkmale richtet sich nach Rasse und Zuchtziel. Fitnessmerkmale, deren
Heritabilität nur zwischen 2 und 15 % liegt, gehen mit ca. 50 % Gewichtung in den GZW
ein. Die relativ niedrige Heritabilität zeigt an, dass ein sichtbarer Zuchtfortschritt
im Fitnessbereich nur langsam zu erzielen ist. Durch Optimierung der Umwelt lässt sich
die Fitness der Tiere schneller verbessern.
Ein Vergleich der Rinderdaten von
konventionell und biologisch wirtschaftenden Fleckviehbetrieben in Österreich 2005 ergab
für die konventionellen Betriebe höhere Milchleistungen bei höheren Fett- und
Eiweißgehalten. Für die Biobetriebe wurde eine um ca. drei Monate verlängerte
Nutzungsdauer, bessere Fruchtbarkeit und weniger Schwer- und Totgeburten festgestellt.
Eine Analyse der Zuchtwerte von Kühen und Belegstieren bestätigte, dass die besseren
Fitnesswerte weniger genetisch, sondern mehr vom Management beeinflusst waren.
Modellrechnungen mit variierender Gewichtung für Fitnessdaten ergaben, dass eine
„Ökologisierung“ beispielsweise durch Verdopplung der Gewichtung „Nutzungsdauer“, diese
pro Generation um 55 Tage verlängern und die Milchleistung verringern würde. Eine
Erhöhung der Gewichte der Fitnesswerte um 50 % (gegenüber dem GZW) gilt als vertretbar,
da hierbei keine nennenswerten gesamtwirtschaftlichen Einbußen zu erwarten sind.
Eine „Bio- Zuchtrichtung“ für Österreich wird derzeit nicht angestrebt, da die
vorhandenen Stiere noch ausreichend Auswahlmöglichkeiten bieten. Im biologischen Landbau
ergibt sich jedoch ein Druck zu Alternativen, da die EU-Verordnung neben dem Verbot des
Embryotransfers auch weiteren Rückgang der künstlichen Besamung fordert.
(aid, Dr. Sigrid Baars)