Hunger entscheidet darüber, welche
Frauentypen für Männer gerade interessant sind. Zu diesem Schluss kommt
ein britisches Forscherteam
in der jüngsten Ausgabe des
Wissenschaftsmagazins British Journal of Psychology
http://www.bps.org.uk . Eine Studie an 61 männlichen Probanden hat
gezeigt, dass Liebe scheinbar wirklich durch den Magen geht.
Hungrige Männer schenkten den kurvenreichen Figuren weniger
Aufmerksamkeit und beurteilten dickere Frauen als attraktiver. Obwohl es
nicht geklärt ist, wie Hunger über Attraktivität entscheiden kann,
räumen die Forscher natürlich auch soziale, kulturelle und
psychologische Faktoren als wesentliche Kriterien ein. In einigen
Kulturen, in denen Lebensmittel nur schwer zu bekommen waren – wie etwa
in der Südsee – galten dickere Menschen als besonders attraktiv, während
hingegen in Regionen, in denen die Nahrungsressourcen weniger knapp
waren, dünnere Frauen eher dem Schönheits- bzw. Attraktivitätsideal der
Männer entsprechen. Evolutionspsychologen glauben, dass es sich dabei um
eine Überlebenspräferenz handelt: Männer suchen nach den Sexpartnern,
die die gesündesten Nachkommen zur Welt bringen. Und dabei haben
stärkere Frauen in den Gegenden, in denen Nahrung schwerer zu bekommen
ist, die besseren Voraussetzungen.
Die Frage, welche Körpermasse als normal und akzeptabel gilt, ist stark
davon abhängig, was in der Werbung gezeigt wird. Und offensichtlich
unterliegt das raschen Änderungen, wie Psychologen an städtischen
Migranten vom Land feststellen konnten. In der Stadt entwickelten die
ehemaligen Landbewohner eine größere Präferenz für geringeres Gewicht.
Viren Swami vom University College in London und Martine Tovee von der
Newcastle University http://www.ncl.ac.uk glauben, dass allerdings auch
biologische Faktoren am Werk sind. „Kognitive Wahrnehmung, Antrieb und
Interessen sind von der Physiologie, den Blutzuckerwerten, dem
Hormonstatus abhängig. Und diese Werte stehen wiederum in engem
Zusammenhang mit dem Hunger.“
In einem Versuch, bei dem die Probanden auf einer Skala zuerst ihren
Hungergrad eintragen mussten und danach 50 verschiedene Frauen und in
eng anliegenden Kleidern oder Leggings beurteilten, fiel das Urteil sehr
deutlich aus: Hungrige Männer bevorzugten molligere Frauen. „Das macht
deutlich, wie sehr die Physiologie unsere Empfindungen und Denkprozesse
beeinflusst“, so der Psychologe. Das Ergebnis spiegle zudem folgende
Tatsache wider: In mageren Zeiten werden die molligeren Frauen zum
Ideal.
Eines räumen die Forscher jedoch ein: In Zeiten, in denen immer mehr
Menschen Mahlzeiten auslassen und teilweise immer hungriger werden, gebe
es eine Verschiebung der Präferenzen. Umgekehrt wollen die
Wissenschaftler nun untersuchen, wie Frauen auf Männer reagieren. Tovee
kann sich vorstellen, dass dieses Bild sich stark von dem der Männer
unterscheide. „Wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge ist die
Fähigkeit von Frauen, den eigenen, aber auch den Body-Mass-Index BMI
eines anderen zu beurteilen, davon abhängig, wie sie sich selbst sieht.“
In diesen Untersuchungen könnte sich auch ein Schlüssel zur Bekämpfung
von Essstörungen, aber auch von Fettleibigkeit finden lassen. „Wenn wir
in einer Gesellschaft leben, in der alle anderen dick sind, wird unsere
Vorstellung des normalen Körpergewichts wahrscheinlich verändert“, so
der Forscher. Wolfgang Weitlaner