Deutschlands führende Fluggesellschaften wollen ihre gemeinsamen Interessen
gegenüber Politik und anderen Wirtschaftszweigen künftig massiver vertreten.
Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Luftfahrtunternehmen (ADL) wurde in den
Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften (BDF) umgewandelt.
Ihm
gehören die Unternehmen Air Berlin, Condor, dba, Eurowings (und damit auch
Germanwings), Germania, Hamburg International, Hapagfly, LTU und Lufthansa
an.
Die BDF-Mitglieder gehören weltweit zu den sichersten Fluggesellschaften.
Sie befördern mit ihren 500 Flugzeugen jährlich nahezu 100 Millionen
Passagiere und beschäftigen 100.000 Mitarbeiter. Direkt und indirekt leben
in der Bundesrepublik eine Million Menschen vom Luftverkehr.
BDF-Präsident
Joachim Hunold, der CEO von Air Berlin, erklärte am Montag anlässlich eines
Pressegesprächs in Berlin: „Wir verstehen unser Engagement auch als
Vertretung für den Standort Deutschland. Der Luftverkehr ist eine der
wenigen Wachstumsbranchen in unserem Land, in der auch noch neue
Arbeitsplätze entstehen.“
Airline-Beteiligung an der DFS als „Akt der Notwehr“
Kritik übte Hunold an der geplanten Privatisierung der Deutschen
Flugsicherung (DFS): „Wir befürchten, dass dadurch auf uns – und damit
letztlich auf unsere Gäste – erhebliche Mehrkosten zukommen. Die
Bundesregierung will mit dem Verkauf offensichtlich nur Kasse machen. Die
insgesamt rund 1,2 Milliarden Euro Pensionsverpflichtungen der DFS sollen
weitgehend auf die neuen Eigentümer abgewälzt und nicht wie bei der
Privatisierung von Bahn und Post vom Bund übernommen werden. Von einer
Effizienzsteigerung der DFS ist keine Rede. Vielmehr sollen für die nächsten
15 Jahre jährliche Gehaltssteigerungen von drei Prozent festgeschrieben
werden. Das passt nun überhaupt nicht in die Landschaft.“ Hunold bezeichnete
das von mehreren deutschen Airlines geplante Engagement bei der DFS als
„einen Akt der Notwehr, mit dem verhindert werden soll, dass branchenfremde
Investoren auf Kosten der Nutzer Profite machen.“ Das derzeitige
Privatisierungskonzept der Bundesregierung werde von den Fluggesellschaften
jedenfalls als wenig sinnvoll erachtet. Es bedürfe noch einer
weiterführenden Diskussion.
Nebengeschäfte der Flughäfen anrechnen
Im Fokus des BDF steht auch die Gebührenentwicklung an den deutschen
Flughäfen. BDF-Geschäftsführerin Dr. Tanja Wielgoß erklärte dazu: „Während
sich die Airlines in einem privatisierten Markt bewegen, befinden sich die
Flughäfen noch immer in einem geschützten Bereich. Sie reichen ihre Kosten
einfach an die Fluggesellschaften weiter. Deswegen steigen die pro Passagier
erhobenen Entgelte unaufhörlich. Seit dem Jahr 2001 sind das 21 Prozent. Und
das, obwohl die Verkehrszunahme um 18 Prozent eigentlich zu einer
Kostensenkung pro Fluggast hätte führen müssen. Die Infrastruktur-Kosten
werden hundertprozentig an die Airlines weitergereicht, die Einnahmen aus
Retailing und Parken stecken die deutschen Airports jedoch in die eigene
Tasche. In Großbritannien hingegen kommen diese Nebeneinnahmen auch den
Airlines zugute. Sie bringen dem Flughafen schließlich auch die Kunden.“
Der BDF fordere anstelle der bisher aus rund 50 Bausteinen bestehenden
Tariftabelle einen festen Preis pro Passagier. Und darüber hinaus einen
verantwortungsvollen Umgang mit den Kapazitäten. Frau Dr. Wielgoß: „Das
heißt, dass Airlines für große und volle Maschinen weniger zahlen sollen als
für kleine und spärlich besetzte. Die Fluggesellschaften wollen künftig an
dem von ihnen geschaffenen Verkehrswachstum partizipieren.“
„Verlogene Debatte um Ticketabgabe“
Die derzeit in Deutschland und in der EU stattfindende Debatte um eine
Ticketabgabe bezeichnete BDF-Präsident Hunold als „eine verlogene
Diskussion“. Bisher haben Frankreich, Großbritannien, Luxemburg und Zypern
einer solchen Ticketabgabe zugestimmt. Dazu Hunold: „Frankreich hat einen
total abgeschotteten Markt, in dem ausländische Konkurrenz kaum zugelassen
wird. Die Briten haben einfach eine bestehende Abgabe umgewandelt – und
Luxemburg und Zypern besitzen gar keine nationale Luftfahrtindustrie.“
Bezeichnend sei, dass die Entwicklungsländer die Ticketabgabe ablehnten,
weil sie dadurch einen Rückgang im Tourismus befürchteten. Widerstand
seitens der Airlines kündigte Hunold gegen eine Verschärfung des
Fluglärmgesetzes an: „Die noch unter der rot-grünen Bundesregierung
beschlossene Gesetzesvorlage basiert auf einem Kompromiss mit den Airlines
und den Flughäfen. Es kann nicht angehen, dass die Umweltlobby dieses Paket
jetzt wieder aufschnüren will.“
Emissionshandel nur global sinnvoll
Zurückhaltend äußerten sich die BDF-Vertreter hinsichtlich der Diskussion
über den Emissionshandel. Dazu Joachim Hunold: „Auch wir wollen die
Emissionen begrenzen. Deshalb arbeiten wir auf diesem Sektor mit den
europäischen Luftfahrt-Verbänden zusammen. Es kann aber nicht angehen, dass
die EU ein geschlossenes System schafft, in dem kein Wachstum mehr möglich
ist. Emissionshandel in der Luftfahrt kann nur global stattfinden, sonst
kommt es zu Wettbewerbsverzerrungen.“
Der BDF, so erläuterte Frau Dr. Wielgoß, setze auf ein Vier-Säulen-Programm:
1. Technologische Maßnahmen: Einsatz immer leiserer und sparsamer
Triebwerke.
2. Verbesserung der Infrastruktur: Überlastete Flughäfen wie z. B. Frankfurt
müssten schneller ausgebaut, d. h. die Genehmigungsverfahren verkürzt
werden. Dadurch entfielen dann viele umweltschädliche Warteschleifen.
3. Operative Verbesserungen: Anstelle von derzeit 60 Kontrollbereichen soll
es in Europa einen einheitlichen Luftraum („Single Sky“) geben.
4. Emissionshandel: Dieser muss allerdings weltweit eingeführt werden, um
Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern. Auch darf er Wachstum nicht
verhindern. Sauber und sparsam fliegende Airlines müssen belohnt werden.