Körpermaße und Dickdarmkrebs-Risiko

Ein großer Taillen-/Hüftumfang-Quotient (WHR*) und eine große Körperlänge
sind sowohl bei Frauen als auch bei Männern mit einem erhöhten Risiko
verbunden, an Dickdarmkrebs zu erkranken. Dagegen ist ein großer
Body-Mass-Index (BMI) nur bei Männern deutlich mit einem erhöhten
Dickdarmkrebs-Risiko assoziiert. Eine Risikobeziehung zwischen dem Auftreten
von Mastdarmkrebs und den untersuchten Körpermaßen besteht jedoch nicht.

Dies sind die Ergebnisse der europaweiten EPIC (European Prospective
Investigation into Cancer and Nutrition)-Studie, die Tobias Pischon vom
Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) und
seine Kollegen am 5. Juli in der Zeitschrift Journal of the National Cancer
Institute publizierten.

„Unsere Ergebnisse unterstützen die Hypothese, dass besonders die
Bauchfettmenge für die Dickdarmkrebs-Entstehung entscheidend ist. Hierzu
passt unsere Beobachtung, dass sich der BMI als Vorhersageparameter bei
Frauen eher nicht eignet, da letztlich der Zusammenhang zwischen BMI und
Bauchumfang bei ihnen nicht so eng ist wie bei Männern. Dieses ist
vermutlich darauf zurückzuführen, dass sich Körperfett bei Männern generell
eher in der Bauchgegend anlagert, während es sich bei Frauen naturgemäß auch
an anderen Stellen ansammelt“, so Heiner Boeing, Leiter der Potsdamer
EPIC-Studie.

„Warum eine größere Bauchfettmenge das Dickdarmkrebs-Risiko
erhöht, wissen wir derzeit noch nicht. Möglicherweise spielt eine mit dem
Übergewicht verbundene Insulinresistenz und eine daraus folgende
Insulinspiegelerhöhung eine Rolle. Weitere Mediatoren, die eventuell
beteiligt sind, sind das Leptin und das Adiponectin. Derzeit untersuchen wir
innerhalb der EPIC-Studie diese und andere Biomarker hinsichtlich eines
möglichen Zusammenhangs mit der Darmkrebs-Entstehung.“

Neben dem DIfE ist das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg als
zweites deutsches Studienzentrum an EPIC beteiligt.

Die Epidemiologen kamen zu folgenden Ergebnissen: Frauen mit einer WHR von
über 0,85 hatten im Vergleich zu ihren Geschlechtsgenossinnen mit einer WHR
unter 0,73 ein um 52 Prozent erhöhtes Risiko, an Dickdarmkrebs zu erkranken.
Fast gleiche Werte waren bei Männern zu beobachten. Bei ihnen stieg das
Risiko von der Gruppe (Quintil) mit der niedrigsten WHR ( <0,89) zur Gruppe mit der höchsten WHR (=0,99) um 51 Prozent an.

Die Körperlänge war ebenfalls bei beiden Geschlechtern relativ stark mit dem
Erkrankungsrisiko assoziiert. Frauen, die größer waren als 167,5 cm, hatten
im Vergleich zu kleinen Frauen ( <156,0 cm) ein um 79 Prozent erhöhtes Dickdarmkrebs-Risiko. Bei Männern stieg das Risiko zwischen der Gruppe mit der kleinsten ( <168 cm) und der mit der größten Körperlänge (=180,5 cm) um 40 Prozent an.

Geschlechtsspezifische Unterschiede waren dagegen beim BMI zu erkennen. Im
Vergleich zu schlanken Männern mit einem BMI unter 23,6 hatten Männer mit
einem BMI über 29,4 ein um 55 Prozent erhöhtes Dickdarmkrebs-Risiko. Bei
Frauen ließ sich zwischen den entsprechenden Gruppen nur eine Risikoerhöhung
um maximal 6 Prozent nachweisen.

*WHR = Waist Hip Ratio, sie ist ein Masstab für die Fettverteilung am
Körper, ein großer WHR-Wert deutet auf viel Bauchfett hin

Zusätzliche Hintergrundinformation:
Der Body Mass Index (BMI) berechnet sich aus dem Körpergewicht [kg]
dividiert durch das Quadrat der Körpergröße [m2].

Eine große Körperlänge ist mit einem erhöhten Dickdarmkrebs-Risiko
verbunden. Eine mögliche Ursache hierfür ist die größere Anzahl der
Körperzellen an sich. Je mehr Zellen vorhanden sind, desto größer ist die
Wahrscheinlichkeit, dass eine dieser Zellen mutiert. Außerdem sind große
Menschen vermutlich einem relativ starken Einfluss von
Wachstum-regulierenden Hormonen (Wachstumshormon, insulin-ähnlicher
Wachstumsfaktor und Insulin) ausgesetzt, die wiederum mit der
Krebsentstehung in Zusammenhang stehen.

Zahlen:
Schätzungsweise erkranken weltweit pro Jahr etwa 1 Million Menschen neu and
Dickdarm- oder Mastdarmkrebs, wobei die Anzahl der Erkrankungen in den
letzten 30 Jahren deutlich zugenommen hat. In Westeuropa sind Dickdarm- und
Mastdarmkrebs für etwa 13 Prozent aller Krebstodesfälle verantwortlich. In
Deutschland sterben jährlich ca. 31.000 Menschen an Darmkrebs. Bezogen auf
die Neuerkrankungsrate ist Dickdarmkrebs die zweithäufigste Krebsform
innerhalb Deutschlands.

Näheres unter www.leibniz-gemeinschaft.de

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