Das Verbraucherinformationsgesetz (VIG), das heute
vom Bundestag verabschiedet werden soll, stärkt nach Einschätzung von
foodwatch die Rechte der Verbraucher nicht und zieht keine Lehre aus
den Gammelfleischskandalen. „Das Gesetz ist Augenwischerei und ein
Skandal. Statt den Bürgern ihr Recht auf Information zu geben,
schützt es Panscher und Betrüger“, sagte Thilo Bode, Geschäftsführer
der Verbraucherorganisation. Nach wie vor dürften Verbraucher nicht
erfahren, welche Unternehmen Ekelfleisch auf den Markt gebracht oder
bei Lebensmittelkontrollen schlecht abgeschnitten hätten. Zahlreiche
Ausnahmeregelungen, unzumutbar lange Fristen und hohe Gebühren würden
dazu führen, dass die Bürger weiterhin nicht als mündige
Marktteilnehmer handeln könnten.
„Informationsrechte sind Bürgerrechte, die der Bundestag mit der
Absegnung dieser Mogelpackung sehenden Auges missachtet“, kritisierte
Bode. Seinem Mandat, die Interessen der Bürger durchzusetzen, komme
das Parlament mit der Verabschiedung dieses Gesetzes nicht nach. Die
beschlossenen Änderungen seien reine Kosmetik, die den Verbrauchern
in der Praxis nichts nützten.
So wurden zum Beispiel die Bearbeitungsfristen auf einen Monat
verkürzt. Dennoch kann sich eine Behörde oder ein Unternehmen
jederzeit auf einen der zahlreichen „Ausschluss- und
Beschränkungsgründe“ des VIG berufen (in Paragraph 2). Der
Verbraucher muss die Berechtigung seines Auskunftsanspruchs dann
gerichtlich klarstellen lassen, was mehrere Jahre dauern kann.
Unternehmen können jede für ihr öffentliches Ansehen ungünstige
Information als „wettbewerbsrelevant“ und damit einem „Betriebs- oder
Geschäftsgeheimnis vergleichbar“ einstufen (gemäß Paragraph 2 Nr.2c).
Dadurch können nach der Einschätzung von foodwatch nahezu alle
berechtigten Auskunftsansprüche von Bürgern abgewehrt oder auf Jahre
verschleppt werden.
Auf Grund der Gammelfleischskandale hatten SPD und CDU/CSU im
Koalitionsvertrag vom 11.11.2005 vereinbart, dass Verbraucher mittels
eines VIG zukünftig ein Recht auf Informationen bekommen sollten. Den
Entwurf zum Verbraucherinformationsgesetz hatten sie im Mai dieses
Jahres in den Bundestag eingebracht. „Doch statt die Transparenz zu
erhöhen und Hersteller dazu anzuhalten, die Regeln einzuhalten,
knickt die Koalition vor der Wirtschaftslobby ein“, urteilte Bode.
Die Wirtschaft habe offensichtlich Angst davor, dass die Verbraucher
erfahren, was in der Lebensmittelbranche vor sich geht.
Laut Behördenangaben wird allein in Bayern jede dritte amtliche
Verdachtsprobe von Frischfleisch beanstandet, die Hälfte davon stellt
sich als gesundheitsschädlich heraus. Aus Niedersachsen sind ähnliche
Zahlen bekannt. Das vorliegende VIG verpflichtet die Behörden nicht,
diese Ergebnisse unter Nennung von Produkt- und Herstellernamen
zeitnah zu veröffentlichen. Obwohl dies in anderen europäischen
Ländern wie Großbritannien, Dänemark, Schweden und Irland längst
Standard ist.
In den vergangenen Monaten hatte es breiten Protest von der
Opposition, zahlreichen Verbänden und zuletzt auch aus den
Bundesländern gegen das Gesetz gegeben, das auf
Bundesverbraucherminister Horst Seehofer zurück geht. Allein
foodwatch hat seit Ende Februar über 10.000 Protestunterschriften
gesammelt.