Thomas Platt besucht das neue Verōnika by Fotografiska

Genuss am Bau – eine Restaurantkritik von Thomas Platt, zum neuen Restaurant Veronica by Fotografiska im Tacheles, Berlin – Restaurantkritik Verōnika by Fotografiska

Thomas Platt besucht das neue Verōnika by Fotografiska

Restaurantkritik Verōnika by Fotografiska

Das Essen fügt sich. Gelingen kann das im neuen Restaurant Verōnika, weil seine Urheber um den Pierre Gagnaire-Schüler Roel Lintermans keine Risiken eingehen, weder unnötige noch nötige. Also gedeihen die klassische Gemüse-Charlotte mit Palisaden aus Möhren und Schwarzwurzeln, einem Deckel aus Rosenkohlblättchen sowie Quinoa im Innern und eine Zitronen-Garnelen Milanese oder aber die Heilbuttschnitte unter einer Mütze aus Sauerampfer-Beurre blanc auf jenem beharrlich konventionellen Feld, das in ähnlicher Weise auch von Luxushotels und Vorstandskantinen bestellt wird.

Auch Milchkalb-Tatar, bei dem Meerrettich und Schnittlauch genauso ohne Wirkung bleiben wie die Mandarinen-Vinaigrette zur Charlotte, oder das Huhn & Pommes frites sind mindestens so interessant wie sie ohne besondere Bedeutung bleiben. Bei den Desserts – eine Ausnahme bildet das frische Passionsfruit & Cream in einer chicen weißen Dose, gefertigt aus Baiser – wirkt es so, als wollte die Patisserie der Küche beim Versuch nachfolgen, die Zubereitungstechniken (inklusive Wärmelampen-Effekt) vom aromatischen Gehalt der Speisen abzukoppeln. Zumindest besteht zwischen Volumen und Geschmack auch hier eine deutliche Diskrepanz. Lediglich die durchweg präzise verarbeiteten Gemüse sprechen für einen zuverlässigen Entremetier.

Das auffälligstes Charakteristikum des Verōnika ist der mustergültige Service. Seinem professionellen, fast einstudiert wirkenden Elan ist stets eine Prise persönlichen Ausdrucks beigemischt. Sein effektzugekehrter Schwarz-in-Schwarz-Look in asymmetrischem Uniformschnitt bringen die Augen immer wieder dazu, jedem Schritt durch das aus unterschiedlichen Materialien komponierte Ambiente zu folgen. Zusammen mit den Gästen, von denen nicht wenige sich in Abendgarderobe geworfen haben, ergibt sich beinahe so etwas wie eine geschlossene Veranstaltung, ja sogar eine theatralische Aufführung.

Derweil gelingt es selbst so manch rustikalem Getöse auf dem Teller nicht recht, sich wirkungsvoll ins Geschehen einzuschalten. Das Publikum erweckt den Eindruck, diese Früchte elaborierter Banalität zu sich zu nehmen, ohne ihren Geschmack zu missbilligen. In der Bar im fünften Stock öffnet sich ihm hernach die Chance, die Stunde hinauszögern, in der es wieder den eigenen Problemen ins Auge schauen muss. Und manchmal ist es bereits der letzte Drink, der einen an all das erinnert, was man zu vergessen versucht hatte.

Thomas Platt – „Der Kritikator“

Damit hat der weitgehend fertiggestellte Tacheles-Komplex auf dem gramerfüllten Gebiet der zeitgenössischen Architektur nun – zumindest vorläufig – einen Anziehungspunkt, wenn nicht ein Zentrum bekommen. Als Teil des wiederbelebten Torhauses an der Oranienburger Straße kann es wenigstens Geschichte für sich in Anspruch nehmen, während draußen auf dem zumeist menschenleeren Areal eine Art Zukunftssentimentalität herrscht; schräg in den Himmel laufende Vorsprünge und Neigungen an den Fassaden versuchen dort, von den nüchtern kubischen Baukörpern abzulenken. Nach dem Erlebnis der typisierten Gerichte im 4. Stock hegt man den Verdacht, auch sie möchten innen weniger bedeutend sein als es ihr äußerer Anblick vermuten lässt.

Verōnika by Fotografiska, Oranienburger Str. 54/4OG, 10117 Berlin-Mitte, Tel.: 030 400698200, www.veronikaberlin.com. Geöffnet von Dienstag bis Samstag von 17 bis 24 Uhr

Auch Bernd Matthies vom Tagesspiegel besuchte das Veronica: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/genuss/restaurantkritik-veronika-teller-konfektion-mit-bisschen-bling-bling-11017345.html

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Restaurantkritik Verōnika by Fotografiska in Berlin von Thomas Platt

Zusammenfassung

Genuss am Bau – eine Restaurantkritik von Thomas Platt, zum neuen Restaurant Veronica by Fotografiska im Tacheles, Berlin

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1 Antwort auf „Thomas Platt besucht das neue Verōnika by Fotografiska“

  1. Thomas Platt .. eine herrliche Kritik .. wie schon immer in den letzten 38? Jahren .. aber inhaltlich und stilistisch humorvoll-gelassen stetig weiterentwickelt.

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