Kulinarisches Weimar

Weimar verbindet man in erster Linie mit Kultur. Goethe, Schiller, Bach, Liszt und Gropius – sie stehen für die Geschichte der thüringischen Stadt und prägen sowohl das Stadtbild als auch das Image. Weimar steht aber auch für Genuss, wie zwei Beispiele zeigen.

Tradition und Moderne: Der Elephant

Das Hotel Elephant Weimar gehört zu den ältesten Hotels in Deutschland, bereits 1696 gründete dort der fürstliche Mundschenk Christian Andreas Barritig das Wirtshaus Elephant. Heute befindet sich das Haus im Besitz von Hirmer, das Management verantwortet arcona Hotels & Resorts. Vor Ort geführt wird es von Hoteldirektor Stefan Schwind. Der ehemalige Kempinski-Mann blickt auf über 30 Jahre Luxushotellerie zurück und hat seit seiner Ausbildung zum Hotelfachmann in den Schweizer Stuben bei Dieter Müller in eine ausgeprägte Leidenschaft für die gehobene Gastronomie. Schon im Kempinski Gravenbruch sorgte Schwind für kulinarisches Aufsehen, als er Drei-Sterne-Koch Juan Amador für das Restaurant Sra Bua engagierte. Der erste Michelinstern folgte rasch. Seit rund drei Jahren ist Stefan Schwind nun in Weimar am Ruder. Die Corona-Pausen boten viel Zeit für neue Konzepte, wie etwa die Veranstaltungsreihe Elephant‘s Finest. Zusammen mit Küchenchef Johannes Wallner, der im Erfurter Restaurant Clara mit einem Michelinstern dekoriert wurde, laden Spitzenköche wie Dieter Müller, Stefan Marquard oder Franz Keller zur Geschmackssache ein. Die Events locken Gäste aus ganz Deutschland an, mittelfristig scheint die Ausrichtung des Restaurants AnnA deutlich auf einen Stern ausgerichtet zu sein. Für Schwind und Wallner sollte das kein Problem sein, Können und Erfahrung sind reichlich vorhanden. Zudem legte General Manager Schwind mit Sommelière Anna-Maria Beckert selbst Hand an der Weinkarte an, die jüngst vom Restaurantführer Gault&Millau mit vier roten Trauben in der Kategorie Sommeliers Best ausgezeichnet wurde.

Seit 1696 am Platz: Das Hotel Elephant.

Kein klassisches Hotelrestaurant

Ein netter Auftakt ist die Caviar Edition „Elephant“, 15 Gramm Oisettra Kaviar aus Frankreich gereicht mit gehacktem Ei, Schnittlauch, Schmand und Blinis. Sommerlich leicht mit balanciertem Süße-Säure-Spiel der Spargel mit Himbeeren, Schnittlauch und Wildschinken. Der Hauptgang liest sich eher wuchtig, überraschenderweise ist das „Acquerello“ Risotto mit Sommertrüffel, Parmesan, Spargel und Kalbsfilet nicht so schwer wie man es von einem Risotto vermuten würde. Auch hier merkt man die handwerkliche Fähigkeit des Küchenchefs, nicht nur sind die Komponenten auf den Punkt, sondern sehr harmonisch auf einander abgestimmt und abgeschmeckt. Das Dessert ist einfach und klassisch gehalten, es besteht aus weißer Schokolade, Waldbeeren, Basilikum und einem Champagnercremesorbet von erstaunlicher Cremigkeit. Fazit: Nicht umsonst ist das Restaurant nicht nur mit Hotelgästen gefüllt, das AnnA ist in Weimar und Umgebung längst etablierter Hotspot für Genussmenschen.

Konzept der Zukunft: Weinbar Weimar

Weniger hundert Meter vom Elephant befindet sich die Weinbar Weimar, die von Philipp Heine und Anna Koller betrieben wird. Sie ist der wunderbare und bestmögliche Prototyp einer Weinbar, wie sie mittlerweile öfter in Deutschland zu finden ist – und nicht nur in Großstädten. Eine Nische, die in der Individualgastronomie zukünftig eine noch größere und wichtigere Rolle spielen dürfte und sollte. Seit vergangenem Jahr kocht Marco Ferrieri dort und setzt deutliche Akzente mit einer handwerklich gekonnten Küche, die lässig und entspannt daherkommt, aber dennoch sehr präzise und spannend ist. Die Weinkarte ist ordentlich kuratiert und umfasst 100 offene Weine. Heine, der eigentlich mit der Schauspielerei liebäugelte, eröffnete mit seiner Lebensgefährtin Anna Koller die Weinbar 2017 und sorgte relativ schnell für Furore. Seitdem sammeln die beiden nicht nur viel Lob, sondern auch diverse Auszeichnungen. Im aktuellen Gault&Millau ist die Weinbar Weimar mit einer roten Kochmütze dekoriert, die Weinkarte mit fünf von fünf möglichen Trauben in der Kategorie Best National Selection ausgezeichnet.

Hot-Spot für Genießer: Die Weinbar Weimar.

Produkt steht im Mittelpunkt

Die Macher der Weinbar legen großen Wert auf gute Produkte, das gilt für Weine und alle verwendeten Lebensmittel. Der Gast erfährt auf der Speisekarte die Namen sämtlicher Lieferanten – eine sehr schöne Geste. Den Auftakt des Abends bildet ein gebackenes Bio-Eigelb mit Kartoffel-Espuma und Algen-Kaviar, gefolgt von den Kaltgerichten Gurke, Erbsenschoten, Ziegenkäse-Eis und Holunder sowie einem Tatar vom Dry-Aged Rinderfilet. „Kaltgerichte“ deshalb, weil die Speisekarte in Apéro, Kalt, Pasta und Warm gegliedert ist. Ebenfalls aus der Abteilung Kalt die konfierten bayerischen Garnelen mit Krustentier-Öl und Büffelmozzarella. Hier merkt man besonders die Produktverliebtheit, schließlich zeichnen sich die aus Bayern stammenden Garnelen in Sashimi-Qualität nicht nur durch einen besonders süßlichen und nussigen Geschmack aus, sondern sie werden ohne Zugabe von Antibiotika gezüchtet und haben einen minimalen CO2-Footprint. Weiter geht es aus der Abteilung Warm: Die Rote Bete harmoniert herrlich gut mit dem Blauschimmelkäse, die Sommertrüffel benötigen jedoch augenscheinlich leichte Unterstützung durch Trüffelöl. Die Drei-Komponenten-Philosophie des Hauses funktioniert gerade bei diesem Gericht hervorragend, allein der eher schwache Sommertrüffel könnte überdacht werden. Ebenfalls warm kommen die hausgemachten Auberginen-Ravioli mit Tomaten, Pinienkerne, Apfel und geräuchertem Hirschschinken aus Thüringen daher. Was für ein Gericht! Perfekt gewürzt, sehr schöne Säure, absolut perfekt. Das gilt auch für den nächsten Gang, der ein Renner der Karte sein dürfte: Gebratener Oktopus mit Romana-Salat, Kräutern und Knoblauch. So muss Oktopus sein! Vereinfacht gesagt: Innen weich, außen knusprig. Der beste Oktupus seit langer Zeit, ein Gericht zum Niederknien.

Was nun? Wein oder Essen?

Für eine klassische Weinbar stellt sich nur ganz kurz die Frage, wo der Fokus eigentlich liegen soll – auf dem Essen oder auf Weinen? Die Antwort ist einfach: Auf beidem. Denn in beiden Segmenten ist eine hohe Kompetenz und vor allem Leidenschaft vorhanden. Die zeigte sich auch bei der Weinbegleitung, die auf Wunsch des Autors in Richtung autochthone Rebsorten gehen sollte. Philipp Heine läuft bei solchen Wünschen zur Hochform auf und liefert ordentlich ab. Den Abschluss des Abends gestaltete er klassischerweise frisch und knackig mit einem 2022er Bockstein Kabinett von Nik Weis. So geht ein perfekter Abend!

Kulinarisches Weimar

Zusammenfassung

Kulinarisches Weimar: Weimar verbindet man in erster Linie mit Kultur. Goethe, Schiller, Bach, Liszt und Gropius – sie stehen für die Geschichte der thüringischen Stadt und prägen sowohl das Stadtbild als auch das Image. Weimar steht aber auch für Genuss, wie zwei Beispiele zeigen.

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