Bernhard Steinmann im Restaurant KUNO 1408

Natürlich kennen Sie alle das Münchner Oktoberfest oder die Cannstadter Wasen. Vielleicht auch noch den Dürkheimer Wurstmarkt?Diese Art kultureller Veranstaltungen nennt man Volksfest. Volksfeste sind im Brauchtum verankerte regional typische Feste, die meistens eine sehr lange Tradition besitzen. Wobei die Bezeichnung „regional“ etwas breiter ausgelegt werden muss, ähnlich wie bei so manchen regional ausgerichteten Restaurants mit Anleihen aus weiter entfernten Regionen.

Vom Würzburger Kiliani-Volksfest hatte ich noch nie gehört und dabei wäre es vielleicht auch geblieben, hätte ich in diesem Jahr nicht unmittelbar nach dem Volksfest Würzburg aus kulinarischen Gründen aufgesucht. Das heißt, wahrscheinlich wäre es mir dennoch entgangen, doch eine bundesweit beachtete Realsatire katapultierte das Festchen tagelang in die überregionale Presse.

Was war passiert. Ein, so wie ich finde, perfekt für eine Kirmes geeignetes Gröl-Lied mit dem Titel „Layla“ und eingängigem Refrain (DJ Robin & Schürze) sollte die zart besaiteten Würzburger nicht verunsichern.

„Es wird sichergestellt, dass das Lied künftig nicht mehr gespielt wird“, zitiert die „Mainpost“ einen Sprecher der Stadt. Und schon war der Song und das Volksfest einschließlich Festzelt in aller Munde. Längst ist das Thema bundesweit ausgeschlachtet. Genau mein Humor. Nun melden sich alle, die nach 15 Minuten Ruhm suchen und Verdammnis predigen. Den hauptberuflich Empörten und Vertretern eines neuen Spießertums ist scheinbar jedes Thema recht um sich in den Vordergrund zu spielen. Mündige Individuen bilden sich ihre eigene Meinung. Es scheint ja keine anderen Probleme zu geben.

Nun bin ich also in Würzburg. Eine schöne Stadt mit vielen Gebäuden im Barock- und Rokokostil. So möchte ich sie auch in Erinnerung behalten. Leider geistert aber jededsmal dieses „La-la-la-la-la-la-la-Layla“ durch meinen Kopf.

Dabei kam ich hierher um etwas zu entspannen und mir die Kochkunst im Restaurant Kuno 1408 anzuschauen. Das ist besonders mutig. Bitte nicht falsch verstehen. Es ist nicht mutig ins Restaurant zu gehen, sondern in dieser Zeit zu verreisen, so um den 20. Juli, wo eine unglaubliche Hitzewelle das beste Deutschland aller Zeiten erfasst hat. So transpiriere ich mich, noch einmal, so transferiere ich mich im Taxi vom Hotel ins Restaurant und hoffe auf eine funktionsfähige Klimaanlage.

Küchenmeister Daniel Schröder präsentiert eine „französisch inspirierte fränkische Feinschmeckerküche“. Ich freue mich immer, wenn ich solche Beschreibungen lese. Sie klingen so eingängig und doch kann man sich nun wirklich nichts darunter vorstellen. Es sei denn, man ist französischer Franke.

Schröder absolvierte seine Ausbildung im Hotel zum Löwen in Duderstadt. Es folgten eine Reihe weiterer Stationen. U.a. war er 2014 bei Helmut Thieltges im Waldhotel Sonnora, 2016 bis 2018 war er Souschef bei Harald Rüssel in Rüssels Landhaus in Naurath. Seit Anfang 2020 ist er nun in Würzburg. 

Gänseleberpraline, geräucherte Forelle

Daniel Schröder präsentiert einen feinen, geschmacklich kräftigen Einstieg in das Menü. Es ist immer wieder verblüffend, was Köche alles aus so kleinen Einstimmungen herausholen. Dadurch werden natürlich Erwartungen geweckt, so auch diesmal. 

Lachsforelle, Gurke, Sonnenblumenkerne, Rettich 

Die köstliche Lachsforelle wird von der berühmten Frankfurter Grüne Soße begleitet, die als Drop und Öl Verwendung findet. Gurkensud und eine Rettichschlaufe vervollständigen das Gericht.

Mehrere Komponenten auf der Gabel vereinigt ergeben ein wundervolles Geschmacksbild. Doch auch einzeln gefallen die Teile.

Kaisergranat, Erbse, Frühlingslauch, Möhre

Bei häufigen Restaurantbesuchen kann man den Eindruck gewinnen, dass ein bestimmtes Produkt unbedingt in ein Menü gehört und daher überall  auftaucht. Vor Jahren wurde ich einmal von Rochenflügeln regelrecht verfolgt. Sehr beliebt sind auch Tomaten, nicht als Beilage, sondern als eigener Gang, ebenso wie Eier, die in unglaublichen Variationen einzelne Gänge beherrschen. Nun scheint mich die Erbse zu verfolgen. Fast kann man meinen, dass der Schmetterlingsblütler, der keine hohen Ansprüche an die Nährstoffversorgung des Bodens stellt, gerade erst entdeckt wurde. Die letzten 10 Jahre, so kommt es mir vor, hatte ich keine einzige Erbse auf dem Teller und nun werde ich geradezu damit beworfen.

Schröders Erbsen kommen gebeizt und als Püree zur Geltung, dazu gebt es Schlaufen von gepickelter Karotte, glasierte Babykarotten, gebratenen Frühlingslauch, gepickelte Buchenpilze und eine atemberaubend gute Krustentiersoße.

Ein durch und durch stimmiger Gang.

Büffelmozzarella, Tomate, Olivenöl, Basilikum

Da ist sie ja endlich, die Tomate. Genauer gesagt handelt es sich um Teile einer Ochsenherztomate. Damit kann ich auch gleich ein Geheimnis offenbaren. Die Ochsenherztomate heißt so, weil sie in Form und Größe an Ochsenherzen erinnert. Wer hat schon mal ein Ochsenherz gesehen?

Die wohl bekannteste Ochsenherztomate dürfte die ‘Coeur de Boeuf’ aus Frankreich sein. Andere berühmte Herkunftsländer sind derzeit nicht so en vogue.

Die Ochsenherztomatenscheibe sehen wir im Bild deutlich, darüber hinaus bereichert sie das Gericht als Chutney, Schaum, Chip und Knusper. Die Tomatenessenz mit Basilikumöl sei ebenfalls noch erwähnt.

Ein sehr schönes, kreatives und geschmackvolles Gericht. Bis hierhin ist das Menü auf einem kreativ hohem Niveau und das Restaurant liegt deutlich über den Bewertungen der Restaurantführer.

Secreto, Bärlauch, Bohne, Sauerkraut

Maultasche, Dicke Bohnen, Sauerkraut, Radieschensalat, Bärlauchmayonnaise

Auch in diesem Gericht ist die gute Idee erkennbar, die Ausführung ist aber deutlich zu mächtig, auch wenn das Foto dies so nicht abbildet. Die Maultasche hat es echt in sich. Darüber hinaus ist die salzige Note zu deutlich. 

Nierenzapfen, Pfifferling, Wilder Brokkoli, Kartoffel

Wir sehen gepickelte Perlzwiebeln, Holunderblütenkapern, Pommes Pont Neuf und grünen Pfefferjus.

Die Benennung der Pommes erfolgt in Anlehnung an die Pfeiler der Seinebrücke Pont-Neuf in Paris. Entscheidend ist ein Querschnitt von 1 cm²

Die Prise Salz aus dem vorherigen Gericht wird noch einmal deutlich erhöht. Nun bin ich bei Salz etwas eigen. Grundsätzlich bin ich damit überaus zurückhaltend, während der durchschnittliche Deutsche wohl eher zuviel davon aufnimmt. Über die richtige Menge kann man trefflich streiten und auch eine zu geringe Aufnahme von Salzen hat seine Tücken.

Bei all der Mühe, die man sich bei diesem Gericht zweifellos gegeben hat, kann man mich damit nicht abholen.

Lamm, Aubergine, Knoblauch, Kichererbse

Hauptdarsteller sind zweifelsohne die Schulter und der Rücken vom Lamm, begleitet von Aubergine als Püree und geschmort. Hinzu kommen mit Hummus gefüllte Auberginenröllchen, Falafel, Salat von roter Zwiebel,  Papadam und Jus vom schwarzen Knoblauch.

Ein opulentes Hauptgericht. Nach der Hälfte musste ich leider passen.

Cheesecake, Beere, Holunderblüte

Käsekuchencreme, Holunderblüte als Schwamm, Gel und Baiser, Erdbeerchip, Zitronenmelisseparfait, Walderdneersorbet.

FAZIT:

Daniel Schröder ist erstaunlich kreativ, arbeitet mit Produkten ansprechender Qualität und hat uns im ersten Teil des Menüs geradezu begeistert. Die Produkte waren gut inszeniert und optimal zubereitet.

Der zweite Teil, das möchte ich noch einmal klarstellen, war ebenfalls geschmackvoll und entsprach durchaus den Erwartungen die man nun mal in ein Sternerestaurant setzt. Aber drei Fleischgänge müssen es nicht unbedingt sein. 

Fotos: Bernhard Steinmann

Zusammenfassung

Daniel Schröder ist erstaunlich kreativ, arbeitet mit Produkten ansprechender Qualität und hat uns im ersten Teil des Menüs geradezu begeistert. Die Produkte waren gut inszeniert und optimal zubereitet.

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