Bernhard Steinmann im Restaurant Eisvogel

Zuletzt war ich ein bisschen in Bayern unterwegs. So könnte der typische Bericht eines Berliners beginnen, der sich um kleinkarierte Regionalbezeichnungen keinen Deut schert. Doch weiß ich um die Empfindlichkeiten und auch Eitelkeiten der Einwohner des Flächenstaats Bayern, Freistaat zumal. Außerdem soll man diejenigen fleißigen Leute nicht reizen, die das Land Berlin im Länderfinanzausgleich so liebevoll karitativ unterstützen. Im vergangenen Jahrzehnt hat der Freistaat Bayern mehr als 50 Mrd. € in den Länderfinanzausgleich gebuttert. Ein Großteil der Knete ist in Berlin gelandet. Aus Respekt beginne ich von vorn.

Zuletzt war ich ein bisschen in Unterfranken unterwegs und nun habe ich der Oberpfalz meine Aufwartung gemacht. Neunburg vorm Wald war mein Ziel. Tatsächlich aber bog ich vorher schon ab und habe in der Einsamkeit der Gegend das Spa & Genussressort „Der Birkenhof“ aufgesucht. Mit der Einsamkeit war es aber schnell vorbei. Der Parkplatz des Hotels war mit Fahrzeugen aus ganz Deutschland belegt. Zum Glück gab es noch eine Tiefgarage. 

Bereits auf dem wirklich sehr kurzen Fußweg zum Hotel begegneten mir Menschen in Bademänteln und dem derzeit obligatorischen Mundschutz. Ein traumhaftes Bild.

Der Empfang war freundlich, wie man es in einem Fünf-Sterne-Ressort erwarten darf und professionell, wie man es leider nicht überall erlebt. 

Das Ressort beherbergt mehrere Restaurants, darunter das Gourmetrestaurant „Eisvogel“, das eigentliche Ziel unserer Reise.

Das Restaurant bietet einen herrlichen Panoramablick über das Oberpfälzer Seenland. In der Ferne kann man Wackersdorf erahnen, der Ort, der durch die unvollendete Wiederaufarbeitungsanlage Berühmtheit erlangte. Die WAA-Gegner durften sich freuen, übrigens genauso wie die Berufstätigen in La Hague und Sellafield, die die Aufarbeitung des Materials aus Deutschland übernahmen. Doch das nur am Rande. In der Küche regieren Hubert Obendorfer und sein Sohn Sebastian. Mit Sebastian plane ich derzeit ein Interview, welches in Kürze an gleicher Stelle erscheinen wird. 

Nachdem wir unsere Plätze eingenommen hatten und die Menüwahl abgeschlossen war, wurden auch schon die obligatorischen Amuse Gueules serviert.

Erwähnen möchte ich ein Kartoffeleis mit Olivenstückchen, Pulpo in Erdbeergazpacho, ein Macaron mit japanischem Aal und Soja und ein Minisandwich mit Iberico-Schweinebäckchen und Krautsalat.

Balfegó-Thunfisch mit Litschi-Dashi-Koriander-Sauce

Der frische Blauflossenthunfisch stammt aus der Züchtung der Familie Balfegó, unweit von Tarragona im Nordosten Spaniens und ist von hervorragender Qualität. Zusammen mit der Litschi-Dashi-Koriander-Sauce taugt der Küchengruß bereits zur Vorspeise.

Selbstverständlich wurde auch Brot und Butter gereicht, was ich normalerweise nicht besonders erwähne. Olivenöl gibt es auch häufig, so auch im Eisvogel. Erwähnenswert ist allerdings die Salzauswahl aus aller Welt, für die man sich durchaus begeistern kann. Probieren Sie es einfach einmal.

Gurke – Dill / Kokos /Macadamia / Zitrone

Es wird eine Kokosmilch mit Dillöl angegossen. Das erfrischende Gericht ist cremig und intensiv.

Bretonischer Hummer – Tomate / Holunder / Passionsfrucht

Eine moderne Kreation, wenn ich das einmal so sagen darf, wobei die Tomate mit den geeisten Holunderblütenkugeln von leicht süß in ein dezentes Säurespiel mündet. Die relativ feste Konsistenz des Hummerfleisches und der eher süßliche Geschmack harmoniert dabei hervorragend mit den übrigen Begleitern. 

Carabinero – Apfel / Rettich / Chipotle

Anblick und Geschmack gehen bei dem mittelscharfen Gericht Hand in Hand.

Zander – Petersilie / Kohlrabi / Boudin noir

Der Schwarzachtaler Zander war von hervorragender Qualität. Zunächst war ich versucht den Geschmack als harmonisch zu bezeichnen. Der intensive Petersiliengeschmack dominierte jedoch das Gericht und war somit zwar nicht spannungsfrei, ohne allerdings den guten Gesamteindruck zu beschädigen. 

Zwischengang: Bananen-Estragon-Eis

Schaufelstück vom Wagyu – Kartoffel / Paprika / Zwiebelgewächs / Poverade

Allmählich gewinne ich den Eindruck, dass sobald ich mich hinsetze, jemand ein Stück Wagyu serviert. Vor vielen Jahren wurde ich von Rochenflügeln verfolgt, was heute wieder seltener geworden ist. Auch Tomaten bereicherten als Zwischengang zu einer bestimmten Zeit eine große Anzahl von Menüs. Nun also Wagyu. Was soll ich sagen, keine schlechte Wahl. Das Schaufelstück, das Obendorfer zubereitet hat, ist dabei in der Rangfolge der Wagyugerichte recht weit oben. Schönes Wortspiel.

Für die Sauce wurde Paprika geräuchert, was uns sehr gut gefallen hat, die kleine Unterart der Artischocke wurde am Tisch nicht von allen goutiert. Das hat aber eher mit persönlichen Vorlieben und Abneigungen zu tun und weniger mit der Kreation an sich.

Stachelbeere – Staudensellerie / Haferflocken / Sauerklee

Die von mir ungeliebte Stachelbeere hat mich in diesem Dessert überzeugt. Die Stachelbeere wird etwa so groß wie eine Süßkirsche, ist jedoch geschmacklich deutlich sauer ausgerichtet. Es gibt auch eine süße Variante, die allerdings in meinen Kindheitserinnerungen nicht vorkommt.

Ananas – Pistazie / Roter Shiso / Zitronengras

Ein sehr erfrischendes Dessert, bei dem der Säureanteil nicht an die Oberfläche trat.

FAZIT:

Die Küche ist hoch dekoriert. Zwei Michelinsterne und gar fünf Hauben des Grossen Restaurant- und Hotel-Guides geben deutliche Hinweise zur Einordnung. Kochen wird von wohlmeinenden Kritikern gerne zur Kochkunst erhoben, wenn überbordende Kreativität attestiert wird oder der Kritiker die Gerichte nicht gerade rasch versteht. 

Meiner Meinung nach ist der Erfolg der Küche Obendorfers zunächst ein überaus gelungenes und grandios präsentiertes Handwerk. 

Ich weiß, dass die Einordnung als Kreativkünstler so manchen Koch glücklicher macht, doch ohne eine stabile Basis und das ist nun mal das Handwerk, kommt ein Koch nicht aus. 

An dieser Stelle möchte ich Hans Sachs aus Richard Wagners Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“ zitieren: 

„Verachtet mir die Meister nicht

und ehr mir ihre Kunst!

Was ihnen hoch zum Lobe spricht,

fiel reichlich Euch zur Gunst“.

Und schon haben wir den Bezug zur Kunst hergestellt.

Die Küche ist darüber hinaus sicher in der Kombination von Geschmacksrichtungen und Aromen ohne übertriebenen Aufwand in Schäumchen, Gemüse- oder Saucenstraßen zu verschwenden. Sachlichkeit überwiegt und dennoch ist eine gewisse küchentechnische Brillanz nicht zu übersehen.

Zusammenfassung

Bernhard Steinmann im Restaurant Eisvogel: In der Küche regieren Hubert Obendorfer und sein Sohn Sebastian. Mit Sebastian plane ich derzeit ein Interview, welches in Kürze an gleicher Stelle erscheinen wird.

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