Bernhard Steinmann im Restaurant Köhlerstube

Im Dezember 2019 besuchten wir die Traube Tonbach und unternahmen, wie ich es scherzhaft ausdrücken möchte, eine „Stubentour“. Wir verbrachten je einen Abend in der Bauernstube, der Köhlerstube und in der Schwarzwaldstube.

Mit großer Bestürzung haben wir die Nachricht von der entsetzlichen Brandkatastrophe im Gebäude der Schwarzwaldstube aufgenommen.

Als immer wiederkehrende Gäste haben wir eine enge, emotionale Beziehung zu dieser kulinarischen Institution aufgebaut. Die gute und tröstliche Nachricht ist, dass keine Menschenleben zu beklagen sind. 

An dieser Stelle möchte ich auf einen kleinen Text hinweisen, den die Familie Finkbeiner, auch im Namen des gesamten Teams der Traube Tonbach, am 9. Januar 2020 auf ihrer Instagramseite (https://www.instagram.com/p/B7GAnNpiX3U/) veröffentlicht hat.

Hier ein Auszug:

„Wir sind fassungslos und tief traurig über den Verlust unserer wunderschönen historischen Räume. Unser Stammhaus mit den à la carte Restaurants Schwarzwaldstube, Köhlerstube und Bauernstube gibt es nicht mehr. Zugleich ziehen wir Kraft aus der unendlichen Solidarität und Anteilnahme, die uns aus der ganzen Welt erreicht. Ein Feuer hat in der Nacht zum 5. Januar das Gebäude völlig zerstört, in dem die Traube Tonbach Ihren Ursprung nahm.

Wir sind unglaublich dankbar, dass niemand verletzt wurde und bedanken uns herzlich bei allen freiwilligen Feuerwehrleuten und allen anderen Helfern.“

Natürlich habe ich lange überlegt, ob ich meine Berichte zum Besuch der Traube Tonbach veröffentlichen soll. Letztlich habe ich mich dafür entschieden. Lesen Sie nun den Bericht zum Besuch der Köhlerstube, den ich noch im Dezember verfasst hatte und den ich unverändert gelassen habe:

Köhlerstube

Die Traube Tonbach ist nicht nur ein großes Luxushotel mit einem großen Spa-Bereich, sie beherbergt auch mehrere Restaurants. Darunter die legendäre Schwarzwaldstube mit drei Michelinsternen und u.a. die Köhlerstube. 

In der Küche der Köhlerstube fand Florian Stolte seine Bestimmung. 

Stolte, in Heidelberg geboren, absolvierte seine Ausbildung in der Traube Tonbach. Es zog ihn nach Hamburg und wieder zurück nach Tonbach in die Köhlerstube. Er wechselte in die Schwarzwaldstube als Chef de Partie um später in Österreich, Portugal und der Schweiz sein Können zu vervollständigen.

Zurück in der Traube übernahm er letztlich 2012 den Posten des Küchenchefs in der Köhlerstube.

Florian Stolte war sozusagen wieder daheim. Sein Streben nach Veränderung, sein Willen zur Fortentwicklung war jedoch ungebrochen. In meinem an gleicher Stelle mit Florian Stolte veröffentlichtem  Interview ist der Weg zum Michelinstern bereits hinreichend beschrieben worden. Ein Stern mit Ansage, so habe ich es benannt.

Dieses gezielte Unterfangen hat natürlich ein Fundament. Es ist das Wissen um die Kochkunst, großes handwerkliches Geschick, eine kreative Idee und eine Vorstellung davon, wie Kritiker aufgestellt sind, wie sie reagieren.

Doch ganz so einfach ist es nicht. Restauranttester sind nicht berechenbar. Man kann einen Stern nicht erzwingen, Anstreben, ja, einplanen, nein. 

Französische Klassik mit asiatischen Einflüssen, es scheint ein Erfolgsrezept zu sein. Florian Stolte lässt Asien sehr behutsam einfließen. Er nimmt die Stammgäste mit und bedient einen neuen Gästekreis. Was soll ich sagen, es funktioniert. 

Lachstatar

Krustentiermousse, Erbsenpraline

Ein leichtes Gericht zum Start. Das ausgebackene Gemüsebällchen ist gefällig, gut im Geschmack. Insgesamt ist das Gericht eher zurückhaltend, subtil gestaltet und eingängig.

Wachtelbrust

Gänseleber, Schwarzwurzel, Haselnuss

Ein sehr gut aufeinander abgestimmtes Gericht mit einem hervorragendem Pilzsud und geschmackvollem Pilzgelee.

Fjordforelle

Auster, Rote Bete, Meerrettich

Der angegossene Buttermilch-Meerrettichsud fügt sich vortrefflich in das komplexe Geschmacksbild ein. Es ist ein Gericht der leisen Töne. Unaufdringlich und mit großer Harmonie.

Sanft gegarter Hummer

Blumenkohl, Tom Yam Sud

Blumenkohl ist eine in Deutschland sehr beliebte Gemüsesorte, da er sehr vielseitig einsetzbar ist. Die Koalition mit Hummer klingt daher nur auf den ersten Blick gewagt, tatsächlich ergibt dies jedoch eine sehr stimmige Kombination. Blumenkohlpüree und abgeflämmte Blumenkohlröschen gefallen uns besonders gut. Ergänzt wird das Gericht mit leicht thailändischem Einflüssen.

Es ist die behutsame Vorgehensweise, mit der Stolte seine Gerichte für asiatische Einflüsse öffnet. Es gibt sozusagen einen kleinen Aha-Effekt. Das Gericht erweckt das Interesse des Gastes auf vertrautem Terrain und überrascht mit einem neuen Akzent.

Hirschrücken

Steinpilze, Mirabelle, Schupfnudeln

Die Lauch-Selleriecreme harmoniert vorzüglich mit dem insgesamt kräftigen Gericht. 

Schokoladenganache

Preiselbeere, Vanille, Trüffeleis

Starkes Trüffelaroma.

Matcha Cheesecake

Drachenfrucht, Yuzusorbet

Sehr angenehm, leichte Säure, ein schöner Abschluss.

Wein und Service:

Die Weinauswahl legten wir in die Hände von Herrn Maetzing, der folgende Wahl für uns traf:

2017, UBE, Bodega Cota 45, Cadiz, Spanien

2016, Weißburgunder „vom Muschelkalk“, Qualitätswein – trocken, Ökonomierat Rebholz, Siebeldingen, Pfalz

2018, Daint Joseph „Silice“, Jérôme Coursodon, Mauves, Rhône

2016, Malterdinger Spätburgunder, Bernhard Huber, Malterdingen, Baden

Insgesamt ist der Service aufmerksam, freundlich und genießt offensichtlich die Atmosphäre in gleichem Maße wie der Gast.

FAZIT:

Florian Stolte und sein Team präsentieren eine bodenständige Küche, weltoffen, produktorientiert, ohne Dekorationsartistik.

Nüchtern und sachlich wird alles dem Geschmack und der Qualität untergeordnet. Was will man mehr!

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