Der neue Gault&Millau würdigt Kevin Fehlings Veränderungen im Küchenstil mit 19 Punkten – Marco D’Andrea ist „Pâtissier des Jahres“
„Weil das coole Showcooking, die vielen Tupfen auf Tellern, die Schälchen als Beigabe zu jedem Gang und die Miniportionen zugunsten raffinierter, konzentrierter Gerichte mit überraschenden Geschmackskombinationen verschwanden und die Produkte hochwertiger denn je sind,“ kürt die internationale Gourmet-Bibel Gault&Millau den 43-jährigen Kevin Fehling vom Restaurant „The Table“ in der Hafencity zum Aufsteiger des Jahres in Hamburg.
In ihrer jetzt erscheinenden Deutschlandausgabe 2020 kommentieren die Tester: „Innovative Kombinationslust in Vollendung, Raffinement und Aromentiefe demonstriert die Küche auch beim spanischen Blauflossenthunfisch, der aufs Glücklichste mit würziger Seeigelcreme, großkörnigem Lachs-Kaviar und in Yuzu eingelegtem Rettichwürfel liiert ist. Eskortiert wird diese Konsistenzen- Inszenierung von würzigen Nori-Algen und Oysterleafs, als sensorisch reizvoller Coup bringen sich leuchtende Wasabi-Perlen ein. Subtil austariert zum mürben Rehrücken in Walnuss-Pfeffer-Kruste ist die Entourage aus Sherryessig-Hollandaise, fermentiertem Blaubeer-Gel und Polentanocke sowie elegant reduzierter Rosmarinjus als sanftem Kick.“
Für solche Gerichte voller Finesse bekommt Fehling in dem Guide, der nach dem französischen Schulnotensystem urteilt, 19 von 20 möglichen Punkte. Sie stehen für „prägende Küche, führend in Kreativität, Qualität und Zubereitung”. Höher sind nur 8 Köche in Deutschland bewertet.
Auf 16 Punkte und damit in jene Klasse, in der nach dem Verständnis des Guides Kochen zur Kunst wird, steigert sich Boris Kasprik vom „Petit Amour“ in Ottensen, auf „dessen Tellern man das Bemühen um Klarheit und Sinnlichkeit spürt, bei der fünffachen, warmen und kalten Variation von Hummer und Erbse ebenso wie beim Rehfilet mit Haselnuss-Cannellono, jungen Rübchen, Cassis- Püree und klassischer Wildjus“.
Pâtissier des Jahres für Kirschblüte und Apfelkuchen
In der Kunst, am Ende eines Menüs die Gäste „aufrüttelnd und verführerisch zu begeistern, brillierte dieses Jahr der Chefpâtissier des Hotels ‚The Fontenay‘, Marco D’Andrea, der dem Hause auch nach der Schließung des Gourmetglanzstücks ‚Lakeside‘ erhalten bleibt“. Der Gault&Millau kürt ihn als „Pâtissier des Jahres“ in Deutschland. Chefredakteurin Patricia Bröhm in ihrer Laudatio: „Mit Esprit und Experimentierlust kreiert er verführerisch-detailreiche Kunststücke, bei denen er besonders gerne mit Obst und Kräutern spielt: So inszeniert er mal die japanische Kirschblüte bildschön mit Sauerkirsche, Topinambur und Getreide, mal fährt er zu den Apfelbauern ins Alte Land und kommt zurück mit der Idee für eine köstliche Neuinterpretation der Apfeltarte: Auf einem Ring aus Schokolade begeistern Apfel und Haselnuss mit Spielarten von Creme und Crumble bis zum erfrischenden Fruchtsorbet und leicht fermentiertem Apfelsud.“
Die besten Köche in Hamburg
In Platz 1 der kulinarischen Hitparade des Gault&Millau in der Hansestadt teilen sich nun Fehling und Christoph Rüffer vom „Haerlin“ im Hotel „Vier Jahreszeiten“. Dessen Gerichte „bleiben bei aller Komplexität stets sinnlich und sind oft von einem Ebenmaß, dass man andächtig wird. Den leicht angegrillten Thunfischbauch zieren Kaviar, Gurkensorbet und zwei Cremes: die eine aus Avocado und Jalapeños, die andere aus Meerrettich und Yuzu. Die Basis gab diesem Brückenschlag von Japan nach Mexiko der gänzlich unerwartbare angegossene Spitzkohlsud. Er brachte deutsche Bodenständigkeit in das exotische Aromenspiel. Immer neuen Gesprächsstoff am Tisch liefern auch eine Ferkel- ‚Menage à trois‘ mit der Pikanterie von Rettich, Majoran, Bieressig und Zwiebelöl oder der peruanisch inspirierte Taschenkrebs im Bett von Pisco Sour und Lima-Crème“. Rüffer, der „in dem prunkvollen Restaurant den Kohlkopf genauso aufwendig in Szene setzt wie die Premiumprodukte“, erhält wieder 19 Punkte.
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Auf Platz 2 stehen mit je 17 Punkten
• Karlheinz Hauser vom „Seven Seas“ auf dem Süllberg, der „sehr aufwendige Haute Cuisine mit ausgefallenen Aromenspielen verbindet, so beim Hummer mit Mais und Rosmarinasche oder beim in Tomaten-Teriyaki glasierten Loup de mer mit Spitzpaprika, Chorizo und Ziegenmilch“;
• Thomas Martin im „Jacobs“ an der Elbchaussee, dessen Küche „in ihrer immensen Bandbreite so gar nichts Bemühtes hat, wenn sie schottischen Räucherlachs mit Avocadocreme, Nori-Algen-Pulver und einem Sud aus Grapefruit und Sternanis zu einer aromatischen Weltreise verbindet oder von der knusprig gebratenen jungen Vierländer Ente zuerst die Brust ‚regional‘ und dann die Keule ‚à la chinoise‘ schickt“;
• Cornelius Speinle vom (Mitte November 2019 schließenden) „Lakeside“ des Hotels „The Fontenay“, der „in seinen filigranen Gerichten auch den kleinsten intensiven Tupfen mit größtem Bedacht setzt und zur Taubenbrust einen Hauch von grüner Coulis wie einen ganzen Dschungel aus Koriander schmecken lässt und die geschmorte Keule mit der geballten orientalischen Aromenvielfalt von Ingwer bis Purple Curry begleitet“;
• Wahabi Nouri vom „Piment“ in Eppendorf, der „klassisch französische Kochkunst mit den Aromen Marokkos und unerschöpflichem Ideenreichtum vejüngt. So gart er Spargel in Süßholzwasser, verwandelt Schmorjus in Sorbet und bereichert pikantes Kalbstatar um Pilzeis, Blaubeersphären und angefrorenen Waldmeistersud. Oder püriert Calamari mit Zitrone, weil er findet, das schmecke nach einem Sommer am Meer…“
Diesem Trio folgen neben Aufsteiger Kasprik weitere drei Köche, die ihre 16 Punkte aus dem Vorjahr dank inspirierter Gerichte verteidigen:
• Matteo Ferrantino vom „Bianc“ in der Hafencity („von den Blüten aus exakt ausgerichteten Nordseekrabben mit einem Klecks Ingwer-Gel als Kelch bis zum Ibérico-Schweinefilet mit Tintenfisch sagt hier alles erfrischend unbescheiden: Schaut her, was wir können!“);
• Kirill Kinfelt vom „Trüffelschwein“ in Winterhude („Rehragout in einem Schaumbad von der Petersilie auf einem großen, mit Tatar von Topinambur und Berberitzen gefüllten Raviolo“);
• Heinz Otto Wehmann im „Landhaus Scherrer“ an der Elbchaussee („Languste mit Kalbskopf, Gemüse, fermentierten Knoblauchkugeln und delikater Sauce américaine“).
Der Guide beschreibt und bewertet dieses Jahr insgesamt 46 Restaurants in Hamburg. 36 Küchenchefs zeichnet er mit einer oder mehreren Kochmützen aus, die ab 13 Punkten verliehen werden. 5 Restaurants werden neuaufgenommen, bester Einsteiger ist das „Heimatjuwel“ in Eimsbüttel mit 14 Punkten. Der Guide erscheint im Münchner ZS Verlag (704 Seiten, 39.99 €).
Die besten Restaurants des Gault&Millau in Hamburg
19 Punkte
Haerlin im Hotel Vier Jahreszeiten
*The Table in der Hafencity
17 Punkte
Jacobs im Hotel Louis C. Jacob in Nienstedten
Lakeside in Rotherbaum (schließt Mitte November 2019)
Piment in Eppendorf
Seven Seas auf dem Süllberg
16 Punkte
Bianc in der Hafencity
Landhaus Scherrer in Ottensen
*Petit Amour in Ottensen
Trüffelschwein in Winterhude
15 Punkte
Anna Sgroi in Pöseldorf
Fischereihafen in Altona
100/200 in Rothenburgsort
Nikkei Nine im Hotel Vier Jahreszeiten
Osteria da Francesco in Pöseldorf
Rive in Altona
Se7en Oceans in der City
Tschebull in der City
*Aufsteiger
Der Gault&Millau über das kulinarische Hamburg:
Gerade das Wasser nährt wohl die Liebe zur Bodenständigkeit. Die Hamburger Gastronomie glänzt weder mit ambitionierten Fischlokalen noch mit raffinierten Ethno- Restaurants (von wegen Tor zur Welt). Selbst die Neue Nordische Küche kommt erst allmählich an. Was man umso häufiger antrifft, sind handwerklich ausgezeichnete, kreativ bedächtige Köche, die französische Technik mit regionalen Produkten verbinden. Viele der besten Restaurants findet man wie ganz früher in den Luxushotels. Hier wird eine Vornehmheit zelebriert, die man anderswo als verstaubt empfände. In den vergangenen Jahren ist die Stadt aber auch kulinarisch bunter geworden. Seit der Eröffnung der Elbphilharmonie entstand in der Hafencity eine ganz eigene gastronomische Szene, neuerdings zieht diese Aufbruchstimmung sogar kulinarische Talente aus dem Ausland an. Mittlerweile reicht das Hamburger Spektrum von Nose to tail in der Werkshalle bis zu Tiradito im Glitzerkeller. Berühmt ist Hamburg nicht zuletzt für seine Fernsehköche, denen man zugutehalten muss, dass sie sich nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen, sondern unermüdlich neue Konzepte entwickeln. Trotzdem schön, dass Hamburgs größte Talente am Herd von den Kameras einen gesunden Abstand halten.
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Gault Millau 2020: Tohru Nakamura ist Koch des Jahres, Gastgeber des Jahres: David Breuer, Aufsteiger des Jahres: Christian Eckhardt, Entdeckung des Jahres: Dustin Dankelmann, Sommelier des Jahres: Nina Mann, Pâtissier des Jahres: Marco D’Andrea, Bester deutscher Koch im Ausland: Heinz Beck
Summary
Der Guide beschreibt und bewertet dieses Jahr insgesamt 46 Restaurants in Hamburg. 36 Küchenchefs zeichnet er mit einer oder mehreren Kochmützen aus, die ab 13 Punkten verliehen werden. 5 Restaurants werden neuaufgenommen, bester Einsteiger ist das „Heimatjuwel“ in Eimsbüttel mit 14 Punkten – Die besten Restaurants in Hamburg 2020