Süßstoff: Mythen und Vorurteile

Süßstoffe haben einen schlechten Ruf. Das zeigt auch der Ernährungsreport 2019, in dem lediglich sieben Prozent der Befragten den Einsatz von Süßstoffen anstelle von Zucker befürworten. Auch Bundesernährungsministerin Julia Klöckner erklärte im Interview mit der Bildzeitung, dass der mögliche Ersatz von Zucker durch Süßstoffe ein Grund dafür sei, die Zuckersteuer abzulehnen („Eine Zuckersteuer wäre ein Vermehrungsprogramm für künstliche Süßstoffe, und das ist nicht gesünder.“).

Süßstoff
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Anja Krumbe, Ökotrophologin und zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit des Süßstoff-Verbands, erklärt, welche Mythen sich besonders hartnäckig halten und wie der Verband mit Vorurteilen aufräumen möchte.

Warum ist es Zeit, mit Vorurteilen gegen Süßstoffe aufzuräumen?

Krumbe: Süßstoffe sind kalorienfrei und absolut unbedenklich. Im Hinblick auf die Übergewichtsdebatte können Süßstoffe sogar, neben einer ausgewogenen Ernährung und mehr Bewegung, ein zumindest kleiner Teil der Lösung sein: Schließlich ermöglichen sie denjenigen, die nicht vollständig auf Süße verzichten möchten, süßen Genuss ohne zusätzliche Kalorien.

Wie will der Süßstoff-Verband mit diesen Vorurteilen aufräumen?

Krumbe: Der Süßstoff-Verband e. V. wurde 1966 mit dem Ziel gegründet, „die Forschung auf dem Gebiet der Süßstoffe und die Verbreitung (Veröffentlichung) der Forschungsergebnisse sowie die Information der Öffentlichkeit zu fördern“ (§ 3 der Verbandssatzung). Wie das aussehen kann, zeigt unser „Mythen-Checker“ (bestellbar unter so-suess-wie-du.de). Als Teil der Kampagne „So süß wie Du.“ nutzen wir dieses Heft erfolgreich, um Verbraucher und Multiplikatoren leicht verständlich und prägnant aufzuklären. Darüber hinaus setzt sich unser Verband für eine ausgewogene und faktenbasierte Berichterstattung zum Thema „Süße“ in den Medien ein. Auch im politischen Raum vertreten wir die Interessen von Süßstoffherstellern und -verwendern mit Sitz in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Süßstoffmythen: eine Auswahl

Mythos 1:

Süßstoffe regen den Appetit an bzw. lassen den Insulinspiegel steigen, sodass man am Ende Heißhunger bekommt, viel mehr isst und doch zunimmt.

Anja Krumbe: Süßstoffe haben keinen Einfluss auf Blutzucker und Insulinspiegel und sie verursachen auch keinen Heißhunger. Aber Achtung: Da Süßstoffe den Blutzuckerspiegel weder senken noch anheben können, können sie natürlich auch nicht für einen Sättigungseffekt sorgen. Sie haben nur einen Effekt: sie sorgen für einen süßen Geschmack – und das ohne Kalorien! Zur Gewichtsreduktion gehört allerdings mehr, als nur Zucker gegen Süßstoff einzutauschen. Süßstoffe sind keine Wundermittel, die automatisch schlank machen.

Mythos 2:

Süßstoffe führen dazu, dass man sich an den süßen Geschmack gewöhnt und dann nur noch Süßes essen will.

Krumbe: Die Vorliebe für den süßen Geschmack ist uns evolutionsbedingt in die Wiege gelegt und entwickelt und verändert sich im Laufe des Lebens. Wie süß es uns schmeckt, ist individuell sehr unterschiedlich. Umwelt und Erziehung können zwar dafür sorgen, dass man weniger süß isst, aber die individuelle Süßschwelle (d. h., wie süß man es mag und wann es zu viel wird) wird dabei kaum beeinflusst. Studien zeigen, dass Süßstoffkonsum nicht automatisch dazu führt, dass die Lust auf Süße gesteigert wird.

Mythos 3:

Süßstoffe werden auch in der Schweinemast eingesetzt, um Ferkel dick zu machen.

Krumbe: Süßstoffe werden nicht eingesetzt, um Ferkel fett zu bekommen, sondern – wenn überhaupt – um das Futter für die Ferkel nach der süßen Muttermilch schmecken zu lassen.

Mythos 4:

Süßstoffe können in der Schwangerschaft Frühgeburten auslösen und sollten daher von Schwangeren überhaupt nicht konsumiert werden.

Krumbe: Von Frühgeburt spricht man, wenn die Babys vor der
37. Schwangerschaftswoche (SSW) zur Welt kommen. Die Ursachen können ganz unterschiedlich sein. In vielen Fällen lässt sich gar kein Auslöser für die vorzeitigen Wehen finden. Zu den möglichen Gründen zählen:

– Fruchtwasserinfektionen
– Erkrankungen der Mutter während der Schwangerschaft – Mehrlingsgeburten
– seelischer Stress
– unzureichende Versorgung des Kindes durch die Plazenta – Muttermundschwäche
– Rauchen (passiv und aktiv)

Für einen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Süßstoffen und Frühgeburten lassen sich hingegen keine begründeten Hinweise finden.

Mythos 5:

Aspartam ist künstlich, da es im Labor hergestellt wird und nicht in der Natur vorkommt.

Krumbe: Aspartam kommt in der Natur nicht vor, aber es besteht aus natürlich vorkommenden Aminosäuren, die miteinander verknüpft

werden, sodass eine süß schmeckende Substanz entsteht. Phenylalanin und Asparaginsäure kommen in der gleichen Form auch in zahlreichen anderen Lebensmitteln vor, u. a. Milch, Fleisch, bestimmte Obst- und Gemüsesorten.

Mythos 6:

Aspartam schadet dem Körper und ist nicht sicher. Beim Abbau entsteht Alkohol (Methanol, der Auslöser für Krebs sein soll).

Krumbe: Bei der Spaltung entstehen neben 50 % Phenylalanin und 40 % Asparaginsäure auch 10 % Methanol, ein Alkohol, der von Natur aus in zum Teil deutlich höherer Konzentration auch in Säften und Obst vorkommt. So nimmt der Mensch täglich aus verschiedenen Lebensmittelgruppen freies und gebundenes Methanol auf.

Mythos 7:

Wenn man viele Lightprodukte konsumiert, liegt man schnell über dem täglich empfohlenen Aufnahmewert.

Krumbe: Unter dem ADI-Wert (Acceptable Daily Intake) versteht man die Menge eines Zusatzstoffes, die bezogen auf Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht täglich über die gesamte Lebenszeit ohne Gesundheitsrisiko konsumiert werden kann. Zusätzlich enthält der ADI-Wert einen 100- fachen Sicherheitszuschlag. Bei normalen Konsumgewohnheiten ist es fast unmöglich, den ADI-Wert täglich und lebenslang zu überschreiten.

Mythos 8:

Wenn die EFSA Aspartam schon wieder überprüft, scheint doch an den Zweifeln etwas dran zu sein?

Krumbe: Nicht wegen Zweifeln an der Sicherheit von Aspartam, sondern um dem „Spuk“ um Aspartam endgültig ein Ende zu setzen, hat die EU- Kommission entschieden, die Reevaluierung des Süßstoffs Aspartam – anders als ursprünglich geplant – schon ab 2012 voranzubringen und seine Sicherheit zu bestätigen.

Mythos 9: Warum gibt es so viele Studien, die belegen, dass Aspartam und andere Süßstoffe doch nicht sicher sind und z. B. in Tierversuchen Krebs auslösen?

Krumbe: Alle seriösen und nach wissenschaftlichen Standards durchgeführten Studien zeigen, dass es keine Krebsgefahr durch Süßstoffe gibt. Sonst würde eine Zulassung nicht möglich sein. Verschiedene Aspekte, einschließlich des angewandten Verfahrens der Studien, die negative Effekte nachgewiesen haben wollen, wurden von unabhängigen Toxikologen scharf angegriffen, weil sie nicht den international anerkannten Regeln für die Durchführung von Laborexperimenten entsprachen.

Mythos 10:

Süßstoffe sind für Kinder ungesund.

Krumbe: Süßstoffe sind auch für Kinder gesundheitlich kein Problem, wenn sie – wie alles – in Maßen verzehrt werden. Als Faustregel gilt: nur so viel süßstoffgesüßte Produkte für Kinder verwenden, wie auch für zuckergesüßte Produkte empfohlen wird. Ein besonderer Vorteil der Süßstoffe: Sie sind zahnfreundlich. Das fällt vor allem bei Bonbons und Lutschern ins Gewicht, da sie einen langen Kontakt zu den Zähnen haben.

Süßstoffe sind kalorienfrei und absolut unbedenklich. Im Hinblick auf die Übergewichtsdebatte können Süßstoffe sogar, neben einer ausgewogenen Ernährung und mehr Bewegung, ein zumindest kleiner Teil der Lösung sein

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Süßstoffe sind kalorienfrei und absolut unbedenklich. Im Hinblick auf die Übergewichtsdebatte können Süßstoffe sogar, neben einer ausgewogenen Ernährung und mehr Bewegung, ein zumindest kleiner Teil der Lösung sein

 

 

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