Erika Bergheim ist bereits seit 1997 durchgehend im Schlosshotel Hugenpoet tätig. Sie erkochte über mehrere Jahre einen Michelinstern im Restaurant „Nero“ und später im Restaurant „Laurushaus“.
Bei meinem Besuch im Schlosshotel Hugenpoet hatte ich das Vergnügen das nachfolgende Interview mit der engagierten Küchenchefin zu führen:
Bernhard Steinmann (B.St.): Mit Erscheinen des Guide Michelin 2018 wurde das Laurushaus mit einem Michelinstern ausgezeichnet. Wie groß war die Freude bei Ihnen und den Kollegen?
Erika Bergheim (E.B.): Die Freude war riesengroß. Es war für das ganze Haus eine große Freude. Wir haben ja mit dem Laurushaus ein neues Restaurantkonzept verwirklicht und schon nach relativ kurzer Zeit diese Auszeichnung erhalten.
Das Restaurant hat eine familiäre Atmosphäre und wird von den Gästen sehr gut angenommen.
B.St.: War auch etwas Erleichterung dabei? Immerhin hatten Sie bis 2013 einen Stern für das Restaurant Nero erkochen können.
E.B.: Ja, Erleichterung war sicher auch dabei. Aber die Freude hat eindeutig überwogen.
Da das Restaurant nur an drei Tagen geöffnet ist, haben wir beschlossen noch einen vierten Service anzubieten. Für eine Bewertung durch den Guide Michelin sind vier Services das Minimum. Daher haben wir an Samstagen auch Mittags geöffnet.
B.St.: Der Restaurantführer Schlemmer Atlas hat Sie zur „Köchin des Jahres 2019“ gewählt. Wie wichtig sind solche Ehrungen für Sie aber auch für das Hotel?
E.B.: Das ist eine hohe Auszeichnung für mich.
Ich weiß natürlich wer diese Auszeichnung schon bekam. Beispielsweise Iris Bettinger, die vor mir Köchin des Jahres war. Eine solche Auszeichnung ist natürlich auch wichtig für die Wahrnehmung bei den Gästen.
Selbstverständlich geht es aber nicht nur um mich. Ich koche nicht alleine, bin auf meine Mitarbeiter angewiesen. Deshalb gilt diese Ehrung auch meinen Mitarbeitern.
B.St.: Sie sind schon sehr lange im Haus. Haben Sie Ihren Kochstil beibehalten oder im Laufe der Zeit verändert? Wie würden Sie Ihren Stil beschreiben?
E.B.: Grundsätzlich modern, klassisch mit modernen Elementen und vielleicht auch etwas puristisch. Wir sind neugierig auf alles, was um uns herum passiert und entwickeln uns ständig weiter. Die Ideen kommen nicht nur von mir. Mein Sous Chef Martin Glanz macht tolle Reisen und bringt immer neue Ideen mit.
B.St.: Haben Sie auch Möglichkeiten bei Kollegen Essen zu gehen und Anregungen einzuholen?
E.B.: Selten, aber es kommt schon mal vor. Sarah Henke in Andernach habe ich beispielsweise schon besucht.
B.St.: Wie wichtig ist Ihnen eine regionale und saisonale Ausrichtung?
E.B.: Im Winter ist das etwas schwierig, aber ich freue mich, wenn es jetzt wieder los geht.
Wir haben gerade einige japanische Gäste, darunter einen Veganer. Daher dachte ich, mal schauen, wie der Bärlauch sich im Garten entwickelt oder der Sauerampfer. Vielleicht kann ich das schon in die Menüs einbinden.
B.St.: Werden Sie häufig nach vegetarischen Menüs oder gar veganen Menüs gefragt?
E.B.: Vegetarische Menüs bieten wir vor allem im HUGENpöttchen an. Vegane Menüs eher nicht, die werden weniger nachgefragt.
B.St.: Sie sind auch für das bei den Gästen beliebte HUGENpöttchen verantwortlich. Machen Sie sich Konkurrenz im eigenen Haus?
E.B.: Nein, nein. Vor 15 Jahren wurde das HUGENpöttchen als Bistro konzipiert.
Nachdem das „Nero“ geschlossen wurde, haben wir es hier im Haus integriert und an sieben Tagen geöffnet. Mit dem Umzug wurde es vom Bistro zum Restaurant. Die Gerichte sind aufwändiger geworden.
Leider haben wir jetzt den Bib Gourmand verloren, da die Preisstruktur in dem Monat, in dem wir getestet wurden, nicht ganz passte. Grundsätzlich ist die HUGENpöttchen-Karte strukturiert mit allem, was Spaß macht – Rotbarsch und Schweinebauch stehen gleichberechtigt neben Hummer und Bison, teure Produkte neben günstigen. Eine abwechslungsreiche Karte mit hohem Spannungsbogen.
B.St.: Laktoseintoleranz, Fructoseintoleranz, Histaminintoleranz oder eine allgemeine Nahrungsmittelallergie. Die Anforderungen an die Küche wachsen. Haben Sie damit viel zu tun?
E.B.: Gäste mit Gluten- und Laktoseintoleranzen hatten wir auch schon, aber es kommt nicht sehr häufig vor. Fructoseintoleranz ist schon etwas problematischer. Wir gehen selbstverständlich auf die Gäste ein, doch man muss auch wissen, dass wir keine Diätköche sind.
B.St.: Haben Sie Lieblingsprodukte, die Sie besonders gerne verarbeiten?
Nein, ich bin da völlig frei. Ich habe auch kein Lieblingsgericht. Ich bin offen und wechsele gerne.
B.St.: Wie häufig wechseln Sie die Karte, beispielsweise nach der Saison, oder entwickeln Sie diese behutsam fort?
E.B.: Im Laurushaus wechseln wir alle vier bis sechs Wochen. Allerdings nicht alles auf einmal.
Jetzt wächst der Bärlauch. Den nehmen wir dazu und demnächst wird es wieder etwas anderes geben oder etwas dazukommen. Das geht alles sehr behutsam.
Im HUGENpöttchen wechseln wir etwa alle drei Monate. Hinzu kommt, dass wir dort ein Monatsmenü anbieten. Gerade haben wir einen Krustentier-Februar abgeschlossen, jetzt bereiten wir eine Märzkarte mit US Beef vor. Im April kommt selbstverständlich Spargel an die Reihe.
Außerdem haben wir von Montag bis Freitag einen wechselnden Business Lunch im HUGENpöttchen.
B.St.: Events mit Gastköchen sind groß in Mode. Planen Sie auch solche Veranstaltungen?
E.B.: Ja, das haben wir auch schon gemacht. In letzter Zeit allerdings nicht so häufig. Auch ich bin schon mal als Gastköchin unterwegs.
Im Laurushaus veranstalten wir neuerdings auch Weinevents.Da können Winzer ihre Weine vorstellen. Das macht sehr viel Spaß.
B.St.: Essen hat mehr als 500 000 Einwohner und gerade mal zwei Sternerestaurants. Sind wir in einem kulinarischen Entwicklungsgebiet?
E.B.: Nein, das würde ich nicht sagen. Da gibt es sehr gute Leute. Zum Beispiel Süßkind im Südviertel oder Hannappel, großartig und schon lange dabei. Essen hat eine sehr interessierte Kundschaft, die zu würdigen weiß, was wir hier machen.
B.St.: Ein schönes Schlusswort, vielen Dank Frau Bergheim