Bernhard Steinmann interviewt Jörg Lawerenz

Im 5 Sterne Superior Hotel Regent Berlin am Gendarmenmarkt leitet Küchendirektor Jörg Lawerenz seit Januar 2018 das Küchenteam des Luxushotels. Zudem zeichnet er verantwortlich für das kulinarische Konzept des Restaurants, das nach erfolgtem Umbau wieder eröffnet wurde.

Nach Stationen im „First Floor“ in Berlin war Jörg Lawerenz unter anderem Küchenchef im Romantikhotel „Walk´sches Haus“, für das er einen Michelinstern erkochte. Der Wechsel in das Drei-Sterne Gourmetrestaurant im Schlosshotel Lerbach in Bergisch Gladbach als Souschef war bestimmt seine wichtigste Station. Vor allem auch wegen der Zusammenarbeit mit Nils Henkel und Dieter Müller. Zuletzt arbeitete er als Executive Chef im Schlosshotel Kronberg im Taunus.

Im Restaurant „Charlotte & Fritz“ führte ich mit ihm das nachfolgende Interview:

Bernhard Steinmann (B.St.): Herr Lawerenz, wir befinden uns hier im „Charlotte & Fritz“, dem ehemaligen „Fischers Fritz“ im 5 Sterne Superior Hotel Regent Berlin. Den Namen des Restaurants haben die Gäste bestimmen dürfen. Recht ungewöhnlich, oder?

Jörg Lawerenz (J.L.): Ja, das ist schon ungewöhnlich. Für mich war es auch das erste Mal, dass Gäste den Namen eines Restaurants bestimmen. Ich fand die Idee aber von vornherein sehr gut.

Den Namen finde ich darüber hinaus sehr passend, sowohl zur Lage des Restaurants als auch zum Interieur und auch im Zusammenhang zu dem, was früher hier war.

B.St.: Gab es Vorgaben oder durften die Gäste sich Namen ausdenken?

Jörg Lawerenz (© Bernhard Steinmann)

J.L.: Es wurden vier Namen vorgegeben und die Gäste konnten den für sie passenden Namen aussuchen und auf einer Karte ankreuzen. Die Aktion lief drei Wochen lang. Danach wurde ausgewertet.

B.St.: Das „Fischers Fritz“ war unter Christian Lohse mit zwei Michelinsternen ausgezeichnet und auch Sie sind schon reichlich mit Sternen in Berührung gekommen, u. a. im Schlosshotel Lerbach mit Dieter Müller und Nils Henkel. Sieht das Konzept des Casual Dining Restaurants einen Michelinstern als Ziel vor?

J.L.: Der Michelinstern ist eine tolle Auszeichnung. Ich komme aus diesem Bereich, die Mannschaft ebenso. Oberstes Ziel für uns ist natürlich, für unsere Gäste alles so gut wie möglich zu machen.

Insofern ist es nicht unsere erste Prämisse, alles dem Stern unterzuordnen. Wir wollen unsere Gäste glücklich machen und wenn es einmal eine Auszeichnung geben sollte, nehmen wir die natürlich gerne mit.

B.St.: Französische Klassik, modern interpretiert, das klingt sehr unbestimmt. Wie würden Sie Ihre Stilistik beschreiben?

J.L.: Das was ich erlernt habe, geht natürlich in die klassisch französische Richtung. So war meine Ausbildung. Natürlich lernt man viel dazu, aber ich komme gerne immer wieder darauf zurück.

Manche Saucen entschlacke ich, koche sie ein bisschen einfacher, was aber auch mit der Jahreszeit zusammenhängt. Wir braten, wir schmoren, wir poelieren. Wir garen natürlich auch mit Niedrigtemperatur. Wir nutzen alle bekannten Möglichkeiten, je nachdem was gerade für die Speisen erforderlich ist und Sinn macht. Es ist zum Beispiel auch einmal schön, Geflügel auf einer Carcasse zu braten. Das mag ich sehr. Wir setzen unsere Saucen teilweise aus Knochen, teilweise aus Fleisch an. Da kommt es darauf an, welches Gericht geplant ist.

B.St.: Haben Sie schon ein Gericht, das Sie als Signature Dish bezeichnen würden?

J.L.: Ich habe in den letzten Jahren sehr gute Erfahrungen mit einem Kotelett vom Ochsen gemacht, das für zwei Personen gedacht ist und am Tisch tranchiert wird.

Seit ich Küchenchef bin, habe ich das immer auf der Karte, jeweils mit wechselnden Beilagen, je nach Saison. Dieses Gericht findet großen Zuspruch.

Mein Metzger beliefert mich damit bereits seit zwölf Jahren. Das ist sehr schön. Es kommen sogar Gäste aus Karlsruhe oder Frankfurt, wo ich früher gearbeitet habe, und freuen sich auf das Ochsenkotelett.

B.St.: In Berlin, man kommt um das Thema nicht mehr herum, gibt es einen, meiner Meinung nach, Trend zur kulinarisch limitierten radikalen Regionalität.

Sie sind etwas weltoffener eingestellt. Doch spielt bei den Produkten die Region immer eine wichtige Rolle.

J.L.: Die Region ist immer wichtig. Wir suchen ständig nach kleinen, regionalen Händlern. Doch wenn man am Abend 80 bis 90 Gäste hat, dann kann nicht jeder Händler in einer ausreichenden Menge liefern, zumindest nicht über einen längeren Zeitraum.

Natürlich versuchen wir, so viel wie möglich regional einzukaufen. Bei der Fischqualität kann es dabei schon einmal zu Engpässen kommen. Beim Fleisch ist es etwas einfacher und auch Käse bekommt man in sehr schöner Qualität in der Region.

Das Gemüse beziehen wir häufig aus der Uckermark, aus dem Brandenburger Umland, aber wir müssen auch schon mal, um unseren Qualitätsanspruch zu halten, aus anderen Gegenden dazukaufen.

Wir ordnen der Regionalität nicht alles unter. Entscheidend ist, dass wir die entsprechende Qualität bekommen.

B.St.: Nicht nur Foodblogger, auch andere Gäste fotografieren gerne das Essen. Muss man die Gestaltung der Teller danach ausrichten?

J.L.: Wir haben zum Glück sehr viele Gäste und demgemäß wenig Zeit am Pass. Natürlich richten wir ansprechend an, aber Tellergemälde machen wir nicht. Bei den Vorspeisen kann man aber durchaus schon etwas filigraner arbeiten.

B.St.: Stehen Sie denn nur am Pass oder arbeiten Sie noch an einer Station?

J.L. Ich stehe am Pass und greife natürlich schon mal ein. Wir haben ja nicht nur das Restaurant, sondern auch eine große Bankett- und Frühstücksabteilung. Nebenbei muss man auch noch seine administrativen Aufgaben erledigen. So bin ich nicht nur in der Küche, sondern überall im Hause unterwegs.

B.St.: Herr Lawerenz, Sie haben Familie, drei Kinder. Sie bieten hier Lunch und Dinner an. Das bedeutet ein ziemlich anstrengendes Zeitmanagement.

J.L.: Also, es ist schon eine große Herausforderung. Unser Bankettgeschäft hat stark zugenommen. Das Restaurant ist zwar an Sonn- und Montagen geschlossen. Dafür hatten wir zum Beispiel  am letzten Montag acht Veranstaltungen im Hotel. Dafür brauche ich dann die komplette Mannschaft, die eigentlich frei hätte. Natürlich muss ich den Mitarbeitern danach auch den zweiten freien Tag in der Woche gewähren. Es ist nicht immer einfach, alles unter einen Hut zu bringen.

Insofern: Ja, das ist ein sehr anspruchsvolles Zeitmanagement (lacht). Das läuft keineswegs immer nur zur Zufriedenheit meiner Frau. Aber wir gehen in wenigen Tagen in den Urlaub und dann versuche ich, die Wogen zu glätten.

B.St.: Vielen Dank, Herr Lawerenz, für dieses Gespräch.

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