Vitaminpillen auch nutzlos gegen Schlaganfall und Herzinfarkt

Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamine und Mineralien senken nicht das Risiko, an einem Hirninfarkt oder einer Herzkrankheit zu sterben. So lautet das Ergebnis einer aktuellen Übersichtsstudie mit mehr als zwei Millionen Teilnehmern. Verbraucher sollten ihr Geld deshalb lieber in einen Sportverein investieren und auf eine gesunde Ernährung achten, raten Experten der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG).

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Jeder vierte deutsche Verbraucher schluckt sie, doch die wenigsten brauchen sie: Mit Nahrungsergänzungsmitteln wie Vitamin A, C, D und E, mit Kalzium, Magnesium oder Eisen setzte der Handel im Jahr 2015 laut Verbraucherzentrale Bundesverband rund 1,1 Milliarden Euro um. Dass dieses Geld schlecht angelegt ist, bestätigt nun eine Metaanalyse zum Einsatz der Präparate gegen Schlaganfall und Herzinfarkt.

Insgesamt 3249 Studien aus den Jahren 1970 bis 2016 haben US-Mediziner um den Kardiologen Dr. Joonseok Kim, Juniorprofessor an der University of Alabama in Birmingham, für die Metaanalyse berücksichtigt. Um zu klären, wie die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln das Risiko für Schlaganfälle und Herzerkrankungen beeinflusst, analysierten die Forscher 18 besonders hochwertige Studien, an denen insgesamt mehr als zwei Millionen Menschen teilgenommen hatten.

Sterblichkeit ist mit und ohne Nahrungsergänzung gleich

„Das Ergebnis ist ernüchternd und lautet, dass es keinen Nutzen einer solchen Maßnahme für die Gesamtbevölkerung gibt“, sagt Professor Dr. Peter Berlit, DGN-Generalsekretär und ehemaliger Chefarzt der Klinik für Neurologie am Alfried Krupp Krankenhaus in Essen. Fasst man die Sterblichkeit für alle Herz-Kreislauf-Erkrankungen zusammen, so war das relative Risiko (RR) bei der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln exakt 1,00. Das bedeutet: Es machte keinen Unterschied, ob die Teilnehmer eine Extradosis Vitamine, Mineralstoffe oder Spurenelemente einnahmen oder nicht. Zum gleichen Ergebnis kamen die Forscher – im Rahmen der statistischen Schwankungen – bei der separaten Betrachtung von Herzsterblichkeit (RR 1,02), Tod durch Schlaganfall (RR 0,95) und der Häufigkeit von Schlaganfällen (RR 0,98).

Lediglich das Risiko für Herzerkrankungen schien mit einem RR von 0,88 für Nahrungsergänzungsmittel zu sprechen. Es besteht aber auch hier kein Zusammenhang: Zieht man lediglich die höherwertigen, sogenannten randomisierten und kontrollierten Studien zur Berechnung heran, ergibt sich ein relatives Risiko von 0,97. „Zu diesem unbefriedigenden Resultat kommt noch das alarmierende Ergebnis einer systematischen Metaanalyse von 78 randomisierten Studien aus dem Jahr 2012 durch die Cochrane Collaboration, wonach die Nahrungsergänzung mit Antioxidantien nicht nur nicht hilft, sondern sogar die Sterblichkeit erhöht!“, so Professor Berlit.

Dabei hatten die Forscher sich in der aktuellen Studie die größte Mühe gemacht, auch Untergruppen zu erkennen, die möglicherweise doch von Nahrungszusätzen profitieren könnten. Das Ergebnis blieb jedoch stets negativ, egal, wie lange die Präparate eingenommen wurden, wie alt die Studienteilnehmer waren, ob Mann oder Frau, Raucher oder Nichtraucher, sportlich oder nicht.

Es gibt bessere Investitionen in die Gesundheit

„Mit Multivitamin-Tabletten werden jährlich Milliardenumsätze gemacht, die Metaanalyse zeigt jedoch klar, dass diese Pillen weder Schlaganfälle verhindern noch die Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken“, fasst der 1. Vorsitzende der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG), Professor Dr. Armin Grau, zusammen: „Von diesen Pillen profitieren nur Hersteller und Verkäufer. Es ist hingegen eindeutig erwiesen, dass Salat, Obst und Gemüse Gefäßerkrankungen entgegenwirken. In Salat, Obst und Gemüse kommen Vitamine in ihrer natürlichen Umgebung vor. Fünf Portionen am Tag gelten als optimal.“ Weitere effektive Maßnahmen, die sogar den Geldbeutel schonen, sind der Verzicht aufs Rauchen und auf größere Mengen von Alkohol sowie regelmäßige körperliche Bewegung.

Gesünder Essen – leckeres Obst hilft!

„Wenn man schon Geld ausgeben will, dann ist es ist viel lohnenswerter, in einen Sportverein oder ein Fitnessstudio zu investieren als in Vitamine und Mineralstoffe“, rät Professor Berlit.

Quelle
Kim J et al.: Association of Multivitamin and Mineral Supplementation and Risk of Cardiovascular Disease: A Systematic Review and Meta-Analysis. Circ Cardiovasc Qual Outcomes. 2018 Jul;11(7):e004224. doi: 10.1161/CIRCOUTCOMES.117.004224.

Kurzfassung

Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamine und Mineralien senken nicht das Risiko, an einem Hirninfarkt oder einer Herzkrankheit zu sterben. So lautet das Ergebnis einer aktuellen Übersichtsstudie mit mehr als zwei Millionen Teilnehmern

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3 Antworten auf „Vitaminpillen auch nutzlos gegen Schlaganfall und Herzinfarkt“

  1. Die European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition:
    Darin lesen wir als ersten Satz – den die Elite von Europas Ernährungsforschern formuliert hat: „Es wird allgemein angenommen, dass man Krebs durch eine hohe Aufnahme von Obst und Gemüse vorbeugen kann. Leider haben die uneinheitlichen Ergebnisse vieler Studien es nicht erlaubt, eine inverse Beziehung zwischen dem Obst- und Gemüsekonsum und dem allgemeinen Krebsrisiko zu etablieren.“ Will sagen, die Studienlage war immer diffus und es gab nie Beweise für den allerorten verkündeten Schutz vor Krebs durch artiges Essen. Die Fünf-am-Tag-Kapagne war also nicht eine Gesundheitsmaßnahme, sondern eine Marketingidee mit ungewissem Ausgang.
    Nun verweisen die Betreiber dieser sündteuren Studie darauf, dass es zwar mit dem Krebs nix war, aber Obst und Gemüse könnten ja vor anderen Krankheiten schützen – und da gäbe es schon in anderen Studien entsprechende Hinweise. Aha. Warum nehmen die Spezialisten nicht gleich ihre eignen Daten? Damit könnten sie das ja unschwer belegen. Man braucht doch nur zu gucken, ob Personen, die viel Obst und Gemüse gegessen eher gestorben sind oder länger lebten als diejenigen, die das aßen, was ihnen bekam. Diese Daten haben die Forscher natürlich. Aber sie fehlen.
    Bofetta P et al: Fruit and vegetable intake and overall cancer risk in the European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC). Journal of the National Cancer Institute 2010; 102: 529-537
    Willett WC: Fruits, vegetables, and cancer prevention: Turmoil in the produce section. Journal of the National Cancer Institute 2010; 102: 510-511
    Anon; Obst und Gemüse schützen (kaum) vor Krebs. Deutsches Ärzteblatt 7. April 2010
    Gaskins AJ et al: Effect of daily fiber intake on reproductive function: the BioCycle Study. American Journal of Clinical Nutrition 2009; 90: 1061-1069

  2. „Von diesen Pillen profitieren nur Hersteller und Verkäufer. Es ist hingegen eindeutig erwiesen, dass Salat, Obst und Gemüse Gefäßerkrankungen entgegenwirken. In Salat, Obst und Gemüse kommen Vitamine in ihrer natürlichen Umgebung vor. Fünf Portionen am Tag gelten als optimal.“

    Nö, ist auch falsch, die allergrößte Studie der EU aller Zeiten hat herausgefunden, dass Obst und Gemüse keine ernsthafte Krankheit verhindert, kein Krebs, kein Schlaganfall, keinen Herzinfarkt, gar nichts. Und, die DGE gibt selbst bekannt, dass die Vorgabe von fünf Portionen O&G wissenschaftlich nicht gedeckt ist.
    Auch die Hypothese der Antioxidantien löste sich in Luft auf.

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