Deutscher Designernachwuchs ausgezeichnet

Zum 15. Mal wurde jetzt in Hamburg der mit 12.000 Euro dotierte
Lucky Strike Junior Designer Award verliehen. Die Jury der Raymond
Loewy Foundation zeichnete 2006 insgesamt 26 von über 200
eingereichten Abschlussarbeiten deutscher Designstudenten aus. Neben
dem Hauptpreis, der in diesem Jahr zweimal vergeben wurde, erhielten
zusätzlich 24 junge Nachwuchsdesigner besondere Anerkennungen. Die
ausgezeichneten Studenten kommen von 19 Hochschulen und
Designausbildungsstätten aus dem gesamten Bundesgebiet. Sie
dokumentieren mit ihren Arbeiten erneut die große Breite und hohe
Qualität der deutschen Designstudiengänge.

Gewinner des Lucky Strike Junior Designer Award 2006 sind Martin
Hilpoltsteiner von der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt und Jonas
Kartenbeck von der Fachhochschule Trier.

Hilpoltsteiner entwickelte für seine Abschlussarbeit im
Studiengang Gestaltung unter dem Titel „Recreating Movement“ ein
interaktives Designwerkzeug zur Untersuchung von Filmsequenzen im
dreidimensionalen Raum, wodurch neue Einblicke in die Struktur von
Filmmaterial und insbesondere Bewegungsabläufe ermöglicht werden.

Kartenbeck, der Kommunikationsdesign studiert, hat am Beispiel von
neun, heute noch utopisch scheinenden Objekten seine Überlegungen zu
Problemlösungen des Alltags beschrieben und gestaltet. Dabei wendet
er sich bewusst und mit einer Prise Humor gegen allzu pessimistische
und bedrohliche Zukunftseinschätzungen. Frei nach dem Motto: was
heute denkbar ist, wird morgen machbar sein, betitelt er seine Arbeit
mit „heutemorgen oder die Wiederentdeckung des optimistischen
Zukunftbildes.“

Eingefrorene Momente
Oft nur Bruchteile einer Sekunde lang ist die Filmsequenz eines
Aufschlages beim Tennis oder des Aufpralls eines Autos beim
Crash-Test. Doch dahinter verbirgt sich ein komplexer Bewegungsablauf
mit hunderten von Einzelbildern. Das von Martin Hilpoltsteiner im
Rahmen seiner Abschlussarbeit neu entwickelte Computerprogramm
ermöglicht mit Hilfe verschiedener Filter und Einstelloptionen die
Extraktion dieser Einzelbilder und ordnet sie in einem
dreidimensionalen Raum hintereinander an. Es entsteht ein
schlauchartiger Komplex von Bildern, der eine bestimmte Zeitspanne
des Films sozusagen einfriert.

Der Betrachter kann mit Hilfe der
Computertastatur durch die Bildfolge wandern, jede beliebige Ansicht
der Bildfolge wählen und über eine eingeblendete Menüleiste direkten
Einfluss auf die Darstellung nehmen. So können beispielsweise
Farbbereiche eines Bildes entfernt und damit das Hauptmotiv
freigestellt werden. Ein komplexer Bewegungsablauf wird damit zu
einer Informationsgrafik, die dem Designer neue Einblicke in Fo
rmen und ihre Veränderung gewährt. Jurymitglied Prof. Laubersheimer,

Fachhochschule Köln, betonte in seiner Laudatio, dass es der Jury
nicht schwer gefallen sei, diese „überzeugende und sehr innovative
Arbeit“ zu den herausragenden zu erklären. „Es entstehen völlig
eigenständige Welten, die zwar in dem jeweiligen Stück Film implizit
sind, aber eben nur implizit. Und mit Hilpoltsteiners Tool werden sie
eben explizit zur Verfügung gestellt.“

Wenn Utopia Gestalt annimmt
Die fluoriszierende Pflanze „Glühblüh“ als Wohnzimmerlampe? Ein
ICE, der wahlweise zum Airbus und damit zum „Flugzug“ mutiert? Jonas
Kartenbeck hat mit einem Augenzwinkern solch‘ phantastischen Ideen in
seiner Diplomarbeit Gestalt gegeben. Auch wenn entsprechende
Machbarkeitsstudien sicherlich noch einige Zeit auf sich warten
lassen, so möchte Kartenbeck mit seinen Vorschlägen vor allem eines:
Hoffnung machen durch einen positiven Gegenentwurf zu so düsteren und
bedrohlichen Zukunftsvisionen, wie sie heute in
Science-fiction-Filmen wie „Matrix“ oder „The day after tomorrow“ zum
Ausdruck kommen. Entstanden sind dabei traumhafte Lösungen für das
wachsende Bedürfnis nach Mobilität und Kommunikation, aber auch die
damit einhergehenden großen und kleinen Probleme.

So könnte ein
„Apparkment-Haus“, ein kombiniertes Park- und Hochhaus, das den
eigenen Pkw mit Hilfe eines außen angebrachten Fahrstuhlsystems auch
noch im obersten Stock vor der Wohnungstür parken lässt, künftige
Architekten begeistern. Oder die Automob ilindustrie rüstet demnächst
ihre Modelle mit einem zusätzlichen „Air-Bag“ aus, der im wahrsten
Sinne des Wortes als Ballon über einer möglichen Unfallstelle
schwebt, sie auch aus weiter Entfernung sichtbar macht und damit das
gute alte Warndreieck ersetzt. Für die Jury würdigte Jürgen Plüss,
Leiter Marketing Miele & Cie GmbH & Co., Gütersloh, Kartenbecks
Arbeit, „weil sie sich gekonnt, phantasiereich, elegant und wohltuend
optimistisch vom derzeitigen Zeitgeist abgrenzt, in dem die Krise zum
Mittelpunkt der Wahrnehmung und des Denkens geworden ist.“

24 besondere Anerkennungen dokumentieren Qualität und Breite der
Designausbildung in Deutschland

2006 erhalten – neben den beiden Hauptpreisen – 24 der
eingereichten Abschlussarbeiten eine besondere Anerkennung durch die
Jury der Raymond Loewy Foundation. Die so gewürdigten Arbeiten
belegen den hohen Qualitätsstandard der Ausbildung in Deutschland.
Die Bandbreite reicht von Textil-, Mode- und Schmuckdesign über
Industrie- und Produktdesign bis hin zu verschiedenen Anwendungen von
Kommunikationsdesign. So wurden multifunktionale Pkw- und
Flugzeugstudien vorgestellt, ein Küchenkonzept und eine Trittleiter
für die Generation 50plus entwickelt oder das komplette Corporate
Design für eine fiktive Sushi-Restaurantkette in Europa gestaltet.
Die Studenten machten sich über die visuelle Gestaltung von
Formularen ebenso Gedanken wie über die Konzeption eines
Gesellschaftsmagazins.

Im Bereich Mode wurden beispielsweise
experimentelle und klassische Schnitttechniken in der Kollektion für
ein junges Designer-Label verbunden, das bewusst breite
Käuferschichten ansprechen soll. Alle Arbeiten überzeugten durch
Ideenreichtum wie auch ein hohes Maß an Fachwissen.

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