Gault Millau 2017 – Bayern

Den „vermehrt auf konzentrierte Gerichte und geschmackliche Tiefe setzenden“ Jan Hartwig, 34, vom „Atelier“ in München kürt die französische Gourmet-Bibel Gault&Millau in ihrer jetzt erscheinenden Deutschlandausgabe 2017 als „Aufsteiger des Jahres“ in Bayern, weil „alles stets handwerklich perfekt gearbeitet und aromatisch bis ins i-Tüpfelchen durchdacht ist“. Die Kritiker loben: „Kompositorische Meisterwerke gelingen ihm mit der soufflierten Wachtelbrust, die in einem Wasabi- und Zitronengrassud mit einem Ring von grünem Curry auf Salat von grüner Papaya thront und einen prachtvollen Hut aus Wasabicreme und gepufftem Reis trägt. Oder bei dem drei Tage zu geradezu buttriger Zartheit gebeizten Lammrücken, der sich mit Arganöl-Joghurt, Pistazie, mit Sumach gewürztem Couscous und einem intensiv safranisierten Sud orientalisch gibt“.
Für solche Gerichte bekommt er vom Gault&Millau, der nach dem französischen Schulnotensystem urteilt, 18 von 20 möglichen Punkten. Sie stehen für „höchste Kreativität und bestmögliche Zubereitung”. Eine höhere Note haben in Deutschland nur 13 Köche.

Auf Anhieb 17 Punkte erkocht sich für seine „überraschende, geschmacksstarke und provozierende Küche, die eine einzige Verbeugung vor der Natur seiner Heimat ist“, Felix Schneider vom „Sosein“ in Heroldsberg bei Nürnberg. Er bietet in „der spannendsten Neueröffnung des letzten Jahres eine neue deutsche Küche mit fränkischer Bodenhaftung, aber weltweiter Orientierung, wenn er aus Erbsen eine Art Misopaste für einen Gemüse-Gang erzeugt oder seinen Kohl nach koreanischer Art als Kimchi fermentieren lässt und damit den superfetten Wollschwein-Nacken von unglaublich sinnlicher Konsistenz konterkariert“. Für derartige Geschmackserlebnisse kürt ihn der Gault&Millau zur „Entdeckung des Jahres“ in Deutschland.

Auf 17 Punkte steigert sich Peter A. Strauss vom „Ess Atelier Strauss“ in Oberstdorf, der „Taubenbrust auf Buchweizen-Risotto, Steinbutt im Miso-Sud mit Gemüse und Sojabohnenpüree oder Rehfilet zwischen allerlei Rübchen und Pfifferlingen als sehenswerte Spitzenküche anrichtet oder Garnelen und Schweinebauch mit ein bisschen Show (dem in die Jahre gekommenen Raucharoma unter der Glasglocke), aufgepoppter Schwarte und Süßkartoffelpüree oberstdörflich chic präsentiert“.

15 Punkte und damit jene Klasse, in der nach dem Verständnis des Guides Kochen zur Kunst wird, erreichen erstmals
Sebastian Miller von „Millers Storchennest“ in Baiersdorf bei Erlangen, der „in seiner Aromenküche mit Akaziensamen und Kakaobohnen, Jasmin- und Orangenblüten, Hibiskus und Zimtblüte experimentiert und dem Meerrettich seiner Heimat ein eigenes Menü widmet, in dessen Dessert er Holunderblüteneis (zum saftigen Mohnkuchen) mit der scharfen Wurzel würzt“;
Mathias Achatz vom „Landgasthof Buchner“ in Niederwinkling bei Straubing, der „seinen Gerichten gern einen fernöstlichen Touch gibt: Die confierte Lachsforelle kommt im ‚Japan Style‘ lauwarm in Soja-Tapioka-Vinaigrette mit Blumenkohl, Lauchöl und asiatischem Rettich, der Thunfisch im Tapiokablatt und als Tatar mit Tapiokachip, Paprika- und Wasabicreme-Tupfen“;
Antonio Denami von der „Vecchia Lanterna“ in München, der „zu jener neuen Generation italienischer Köche zählt, die sich von den überkommenen Evergreens lösen; er überrascht durch Saiblingstatar mit Gelben Beten, Sauerampfer und Mandelmayonnaise oder Oktopuscarpaccio mit mariniertem Rotkohl und fein abgeschmeckter Currymayonnaise“;
Philip Jaeger von der „Bavarie“ in der BMW-Welt München, der „beste Produkte klassisch zubereitet und mit Witz und Stil serviert, wie gegrilltes bayerisches Kräuterferkel auf hauchdünnen Maistortillas mit Mole, der mexikanischen Sauce aus Schokolade und Chili, oder gebratenen Zander auf einem mit Blutwurst verfeinerten Graupen-Risotto mit süß-sauren weißen Rübchen“.
    
Dieselbe Note schafft auf Anhieb Florian Vogel von „Camers Schlossrestaurant“ in Hohenkammer bei Freising. Er lässt in „seiner inspirierten Küche beim Poltinger Lamm als originellem Tofuburger Asien auf Niederbayern treffen: würziges Lammhack zwischen zwei Scheiben topfrischen Tofus, dazu gibt er Tomatensugo und frischen, leichten Jasminreis“.      

Die besten Köche in Bayern
Platz 1 der kulinarischen Hitparade des Gault&Millau in Bayern verteidigt „mit seinen bei aller Geschmackstiefe auch sehr bildhaft, als Fest der Ästhetik dargebotenen Gerichten“ seit 2010 souverän Christian Jürgens vom Restaurant „Überfahrt“ in Rottach-Egern am Tegernsee. Die Tester jubilieren: „Nirgendwo bekamen wir das Thema Gänseleber ähnlich einfallsreich serviert wie hier als ‚Schaumkuss‘, eine auf weißem Porzellansockel thronende und mit Goldsprenkeln geadelte Reminiszenz an eine Süßigkeit aus Kindertagen. Man zerstört die hauchdünne Schokolade mit dem Löffel, drinnen findet sich ein Schaum von Gänseleber, Räucheraal und etwas Himbeere für die Fruchtigkeit. Eine weitere Gänselebervariante kam als täuschend echt nachgebildeter Apfel, der wie ein Bratapfel voller mollig warmer Winteraromen steckte, allerdings nicht süß, sondern in der herzhaften Variante – Apfel, Blutwurst, Gänseleber, Silberzwiebelchen, das Ganze umspielt von feinster Gänselebersauce. Solche Gerichte mit doppeltem Boden, die ihren vollen Reiz dem staunenden Gast erst auf den zweiten Biss enthüllen, entwickeln sich immer mehr zu einer typischen Jürgens-Spezialität.“

Ihm folgen wie Aufsteiger Hartwig mit jeweils 18 Punkten, die sie seit Jahren haben,
Bobby Bräuer vom „Ess.Zimmer“ in München (BMW-Welt): „Eine souveräne, konzentrierte, aromenstarke Küche, die stets auf der Höhe der Zeit ist, egal ob er Petersfisch mit Zitrusfrüchten, Sojabohnen, Erbse und Lemonpepper garniert und mit zwei  Saucenspiegeln (Verveine- und Zitrusfrüchtesud) präsentiert oder eine zunächst mit Sake und Mirin marinierte, dann im Ofen gebratene Brust vom Schwarzfederhuhn mit intensiver Tom Kha Gai-Aromatik und dem quasi als ‚Beilagensalat‘ servierten Pak Choi fest in Asien verwurzelt.“
Martin Fauster vom „Königshof“ in München: „Beim Thema Fisch hat der gebürtige Steirer die Seele eines Japaners: Er huldigt dem Produkt und weiß, wann der von ihm in der Spitzengastronomie wieder salonfähig gemachte Huchen oder der Saibling roh oder roh mariniert am besten schmeckt. Aber auch Warmes wie der Hummer Thermidor oder die Aalrutte aus der Isar sind köstlich. In der Fleischküche beeindruckt er ebenfalls mit breitem Repertoire und schmort Zickleinschulter mit grünen Bohnen, Kartoffelgemüse und Bärlauch zum wunderbar mediterran duftenden Genuss.“
Hans Haas vom „Tantris“ in München: „Hinter den betont unprätentiösen Titeln auf der Speisekarte von Haas, der hier seit 25 Jahren am Herd steht, verbergen sich meist Meisterwerke. Die kroatische Langoustine, nur ganz kurz in Öl geschwenkt, sodass sie noch fast roh ist, badet in einem Bouillabaisse-Krustentierfonds, dem Curry genau den richtigen Grad an Schärfe verleiht. Grandios auch die gelierte Kalbfleischterrine, die größte handwerkliche Fähigkeit verlangt, oder das luftige Karamellsoufflé mit Zwetschgenröster und Sauerrahmeis.“  
Andree Köthe und Yves Ollech vom Nürnberger „Essigbrätlein“: „Eine völlig neue, mutig eigenständige Küche auf der Basis heimischer Gemüse, die Fleisch und Fisch zur Nebensache macht. Sie trumpft stattdessen bei Bohne mit Birne und Zwiebeln, animierend angerichtet auf einem langen Teller: Brechbohnen blanchiert auf einem intensiven Gemüsefond, extrem rein und assoziativ grün; obenauf Birnenstückchen mit geschmorter Gemüsezwiebel und grüne Kräuter. Oder bietet Zitronensauerkraut als rasant aromatische Kombination von Gurke, Sauerkraut, Zitrone und brauner Butter, der jeder gebannt hinterherschmeckt.“
Tohru Nakamura in „Geisels Werneckhof“ in München: „Bei jedem Besuch entdeckt man neue, unbekannte Genüsse. Im Sommer etwa die
japanische Taglilie, die nur einen Tag blüht und die Nakamura von einem befreundeten Gärtner vor den Toren Münchens anbauen lässt. Sie kam in großartiger Aromenbalance mit in Butter confiertem, sehr cremigem Taschenkrebstatar, knusprigem Ingwer und Yuzu. Das originale Wagyu aus Japan serviert er nur kurz gegrillt und angebraten, so dass die luxuriösen Fleischscheibchen innen noch roh sind, mit einem Wagyu-Tatar, einer Nocke von Räucheraal und Morcheltapenade, gegrillten Tropea-Zwiebeln, einer Ochsenschwanzessenz und einem Dip von Soja, Knoblauch und Lauch.“

Mit diesen Küchenkünstlern ist Bayern das kulinarischste deutsche Bundesland, denn von den 36 deutschen Topköchen, die 18 bis 19,5 Punkte bekommen, stehen 7 in Bayern, 6 in Rheinland-Pfalz, 5 in Berlin und je 3 in Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein am Herd.

Die Tester beschreiben und bewerten dieses Jahr insgesamt 151 Restaurants in Bayern. 114 Küchenchefs zeichnen sie mit einer oder mehreren Kochmützen aus. Eine Kochmütze erhalten auch die neu eröffneten oder erstmals bewerteten Lokale „Summit“ in Elmau, „Délice“ in München sowie „Einzimmer Küche Bar“ und „ZweiSinn“ in Nürnberg (jeweils 14 Punkte).
Im Vergleich zur Vorjahresausgabe serviert der Gault&Millau in Bayern 9 langweilig gewordene Restaurants ab und nimmt 14 neu auf; 7 werden höher, 12 niedriger bewertet.

Die besten Restaurants des Gault&Millau in Bayern
19,5 Punkte
Gourmetrestaurant Überfahrt in Rottach-Egern
18 Punkte
**Atelier, Ess.Zimmer, Geisels Werneckhof, Königshof und Tantris in München
Essigbrätlein in Nürnberg
17 Punkte
***Residenz Heinz Winkler in Aschau/Chiemgau
Luce d’oro in Elmau bei Garmisch-Partenkirchen
*Sosein in Heroldsberg bei Nürnberg
Dallmayr, Les Deux und Schuhbeck in München
Eisvogel in Neunburg vorm Wald/Oberpfalz
**Ess Atelier Strauss in Oberstdorf
Storstad in Regensburg
Kastell in Wernberg-Köblitz/Oberpfalz

 *Newcomer **Aufsteiger ***Absteiger  

Der Guide erscheint im Münchner Christian Verlag (752 Seiten, 34,99 Euro),
ISBN 978-3-95961-001-8

Berichte aus den Bundesländern:
Berlin: www.gourmet-report.de/artikel/347794/Gault-Millau-2017-Berlin/
Baden-Würtemberg: www.gourmet-report.de/artikel/347795/Gault-Millau-2017-Baden-Wuertemberg/
Bayern: www.gourmet-report.de/artikel/347796/Gault-Millau-2017-Bayern/
Hessen: www.gourmet-report.de/artikel/347797/Gault-Millau-2017-Hessen/
Brandenburg: www.gourmet-report.de/artikel/347798/Gault-Millau-2017-Brandenburg/
Bremen: www.gourmet-report.de/artikel/347799/Gault-Millau-2017-Bremen/
Hamburg: www.gourmet-report.de/artikel/347800/Gault-Millau-2017-Hamburg/
Mecklenburg-Vorpommern: www.gourmet-report.de/artikel/347801/Gault-Millau-2017-Mecklenburg-Vorpommern/
Niedersachsen: www.gourmet-report.de/artikel/347802/Gault-Millau-2017-Niedersachsen/
NRW: www.gourmet-report.de/artikel/347803/Gault-Millau-2017-NRW
Rheinland-Pfalz: www.gourmet-report.de/artikel/347804/Gault-Millau-2017-Rheinland-Pfalz/
Saarland: www.gourmet-report.de/artikel/347805/Gault-Millau-2017-Saarland/
Sachsen: www.gourmet-report.de/artikel/347806/Gault-Millau-2017-Sachsen/
Sachsen-Anhalt: www.gourmet-report.de/artikel/347807/Gault-Millau-2017-Sachsen-Anhalt/
Thüringen: www.gourmet-report.de/artikel/347808/Gault-Millau-2017-Thueringen/
Schlewsig-Holsten: www.gourmet-report.de/artikel/347809/Gault-Millau-2017-Schleswig-Holstein/

Hauptbericht: www.gourmet-report.de/artikel/347793/Koch-des-Jahres-Andreas-Krolik-in-Frankfurt/

Alle Restaurants mit 15 Punkten: www.facebook.com/gourmetreport/posts/10154319696743124
Alle Restaurants mit 16 Punkten: www.facebook.com/gourmetreport/posts/10154319689593124
Alle Restaurants mit 17 Punkten: www.facebook.com/gourmetreport/photos/a.427082738123.197268.168996673123/10154319683638124/?type=3
Alles Restaurants mit 18 Punkten:
www.facebook.com/gourmetreport/photos/a.427082738123.197268.168996673123/10154319679138124/?type=3
Restaurants mit mehr als 18 Punkten – die Besten in Deutschland:
www.facebook.com/gourmetreport/photos/a.427082738123.197268.168996673123/10154319673603124/?type=3

Sende
Benutzer-Bewertung
5 (4 Stimmen)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.