Übergewicht geht oft mit einer chronischen
Entzündung einher, die das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen,
Typ-2-Diabetes und Krebs erhöht. Ein Wissenschaftlerteam um Krasimira
Aleksandrova und Fabian Eichelmann vom Deutschen Institut für
Ernährungsforschung (DIfE) hat nun 29 wissenschaftliche Arbeiten
ausgewertet, welche die Effekte einer pflanzenbetonten Kost auf die
Entzündungsmarker-Spiegel übergewichtiger Menschen untersuchten. Wie
die in der Fachzeitschrift Obesity Reviews publizierte Meta-Analyse*
zeigt, sanken unter einer pflanzenreichen Ernährung im Vergleich zu
einer Kontrolldiät die Werte des Entzündungsmarkers C-reaktives Protein
(CRP) um durchschnittlich 0,55 mg/l und die Werte für Interleukin-6 um
0,25 ng/l.
„Unsere Ergebnisse weisen somit darauf hin, dass übergewichtige
Menschen durch eine pflanzenbetonte Ernährung ihr
Entzündungsmarker-Profil deutlich verbessern und hierdurch
möglicherweise selbst viel dazu beitragen können, sogenannten
Volksleiden wie Herzinfarkt und Diabetes vorzubeugen“, sagt
Studienleiterin Aleksandrova. „Eine pflanzenbetonte Kost ist so
definiert, dass sie hauptsächlich auf Lebensmitteln wie Gemüse,
Getreide, Hülsenfrüchten und Obst basiert. Zudem enthält sie gar kein
oder nur sehr wenig Fleisch, kann aber moderate Mengen an Eiern,
Milchprodukten und Fisch mit einschließen“, erklärt Erstautor
Eichelmann.
Warum fördert Übergewicht Entzündungsreaktionen?
Die körpereigenen Fettdepots speichern nicht nur Energie, sondern
setzen auch Botenstoffe frei. Da einige dieser Substanzen entzündliche
Prozesse im Körper fördern, sind die Entzündungsmarker-Werte im Blut
übergewichtiger Menschen häufig erhöht. Ein Zustand, der wiederum mit
einem deutlich erhöhten Risiko für Stoffwechselkrankheiten einhergeht.
Da nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit die Zahl der
krankhaft übergewichtigen (adipösen) Menschen beständig steigt, suchen
Forscher und Mediziner auch nach wissenschaftlich basierten
Ernährungsstrategien, die dabei helfen, trotz eines übermäßigen
Körpergewichts gesund zu bleiben.
Warum eine Meta-Analyse?
Beobachtungs- und Interventionsstudien** weisen zwar seit Langem darauf
hin, dass eine pflanzenbetonte Ernährung übergewichtsbedingten
Entzündungsreaktionen entgegenwirkt. Oftmals sind in
Interventionsstudien die Teilnehmerzahlen jedoch relativ gering, sodass
die beobachteten Effekte manchmal nur schwach ausgeprägt sind. „Daher
haben wir eine umfangreiche, systematische Literaturanalyse durchgeführt
und die Einzelergebnisse entsprechender Interventionsstudien erstmals zu
einem Gesamtergebnis zusammengefasst. Hierdurch lässt sich die
Effektstärke einer solchen Ernährungsweise auf das Entstehen
chronischer Entzündungen besser beurteilen. Eine wichtige Voraussetzung,
um Empfehlungen abzuleiten“, sagt Erstautor Eichelmann.
Studiengrundlage
In der aktuellen Analyse untersuchten die Forscher alle in Frage
kommenden Ernährungsstudien, die von Januar 1946 bis Januar 2016 in
Medline, EMBASE sowie im Cochrane central register of Controlled
Trials erschienen waren. Von ursprünglich 2.583 identifizierten Studien
erfüllten nur 29 Publikationen, mit Daten von insgesamt 2.689
Studienteilnehmern im Alter zwischen 28 und 68 Jahren, die für die
Meta-Analyse gestellten Auswahlkriterien. Zu den Einschlusskriterien
gehörten:
● Es handelt sich um eine Interventionsstudie.
● Die Studienteilnehmer waren älter als 18 Jahre.
● Als Interventions-Diät wurde eine pflanzenbetonte Kost verzehrt,
die aber auch kleine Mengen Fleisch, Fisch und Milchprodukte enthalten
durfte.
● Vorhandensein einer ausreichend großen Datenmenge, die
Unterschiede in den Entzündungsmarker-Spiegeln zwischen Interventions-
und Kontrollgruppe erfassen lässt.
Quelle: F. Eichelmann, L. Schwingshackl, V. Fedirko and K.
Aleksandrova: Effect of plant-based diets on obesity-related
inflammatory profiles: a systematic review and meta-analysis of
intervention trials; Obesity Reviews 2016; DOI: 10.1111/obr.12439;
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/obr.12439/epdf
* Bei Meta-Analysen fassen Forscher die Einzelergebnisse mehrerer
Studien zu einem Gesamtergebnis zusammen, um eine gemeinsame Aussage
bezüglich einer Fragestellung zu finden.
** Bei einigen Interventionsstudien werden dieselben Teilnehmer vor und
nach einer Intervention (Behandlung) untersucht, beispielsweise vor
einer bestimmten Diät und hinterher. In anderen Interventionsstudien
untersuchen Wissenschaftler die Studienteilnehmer im sogenannten
cross-over design. Die möglichst per Zufallsprinzip ausgesuchten
Studienteilnehmer werden dabei auf zwei Teilnehmergruppen aufgeteilt.
Während eine Gruppe die zu untersuchende Diät (z. B. pflanzenbetonte
Kost) erhält, muss die zweite Gruppe eine Kontrolldiät einhalten. Nach
der Hälfte der Studiendauer wechseln die Gruppen. Die
Interventionsgruppe erhält die Kontrolldiät und umgekehrt.
Übergewicht: Die Zahl der übergewichtigen und adipösen Erwachsenen ist
weltweit auf mehr als 1,9 Milliarden angestiegen und nimmt weiterhin zu.
Allein in Deutschland sind mehr als die Hälfte der Frauen und Männer
übergewichtig, fast jeder vierte Erwachsene ist laut Robert
Koch-Institut adipös. Aber nicht nur in Europa und den USA sind viele
Menschen zu dick, auch Länder wie Afrika sind betroffen. Mit dem
Übergewicht steigt auch die Zahl der Menschen, die unter chronischen
Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes leiden. Schätzungsweise 6 Millionen
Menschen in Deutschland sind zuckerkrank. Effektive Gegenstrategien zu
entwickeln, erscheint daher mehr als notwendig.
Quellen:
● World Health Organization: Obesity and overweight Fact sheet;
Updated June 2016 http://www.who.int/mediacentre/factsheets/fs311/en/
● Global, regional, and national prevalence of overweight and
obesity in children and adults during 1980–2013: a systematic analysis
for the Global Burden of Disease Study 2013
http://www.thelancet.com/pdfs/journals/lancet/PIIS0140-6736(14)60460-8.pdf