von Bernhard Steinmann
Vor einem Jahr eröffnete Kevin Fehling in der Hamburger Hafen-City das Restaurant „The Table“. Foodjournalisten und Foodblogger überboten sich gegenseitig mit Superlativen. Die Einrichtung, die offene Küche, pinzettenbewehrtes Personal welches mit konzentriertem Blick um Teller cheerleaderte, das alles stand für viele im Mittelpunkt der Betrachtung.
Jetzt, nach einem Jahr der Eingewöhnung, fällt es wieder leichter, den Blick auf die Teller, das Wesentliche, zu richten.
Der Star ist eben nicht das Restaurant. Schon eher die Gesamtkonzeption. Und darin spielen die Speisen die Hauptrolle. So soll es auch sein.
„ Aber kein Genuss ist vorübergehend, denn der Eindruck, den er hinterlässt, ist bleibend.“ Diese Einsicht haben wir dem wohl bedeutendsten deutschen Dichter Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) zu verdanken.
Und so erweisen wir den Kochkünstlern den notwendigen Respekt und konzentrieren uns auf das Menü.
Das Tor zur Welt
Das ist mal eine Ansage.
Die „Friee un Hansestadt Hamborg“ muss sich diesen Titel nun mit Fehlings Menü teilen. Treffend ist der Name allemal. Und eine Herausforderung für alle regional ausgerichteten Joghurt- und Selleriefans unter den Gourmets. Fehling ist ein weltoffener und weitgereister Koch und weltoffen sind auch seine Menüs. Hier ein Auszug:
Pastramibrötchen
Den Sandwich-Klassiker durfte ich schon in New York verkosten. Die New Yorker würzen die aus Rumänien stammende und der koscheren Küche zugeordnete Speise etwas intensiver als im Rest der USA.
Fehling serviert die Miniatur mit den notwendigen Zutaten auf dem bekannten Holztisch.
Dieser wird in der deutschen Hochküche eines Tages den Bekanntheitsgrad des Wohlfahrtschen Vierertellers übertreffen.
Es folgen weitere Einstimmungen:
Krabbencocktail
mit Tomatentatar, Krabbencrokat und Dillperlen,
Spargel, Pistazie & Kirsche –
mit Kartoffelespuma und Estragonperlen
Soft-Shell-Crab „Marokko“ –
Couscous, Granatapfel und Krustentiervinaugrette
und
Indian-Summer-Bun,
geschmortes Rind, süß-saure Gurke und Tandoori.
Das waren die Einstimmungen.
Lachs von den Faröer-Inseln
mit Passionsfrucht, Yuzu, Miso & Champonzusud
Ich muss lange nachdenken um mich zu erinnern, wann ich zuletzt in Deutschland ein so hervorragendes Lachsgericht genießen durfte. Es ist wahrlich schon ein Weilchen her.
Hinzu kommt ein Sudmix, der grandioser nicht schmecken kann. Dashi, Yuzu, Soja, Ponzu.
Eine abgeflämmte Gurke, man konnte in der offenen Küche den Vorgang sehr gut nachverfolgen, Jasminreiscreme, Kaviar und Misoperlen vervollständigen das Gericht.
Jakobsmuschel „Guatemala“ –
mit Tamarillo, Avocado, Salsa & Taco
Da Kevin Fehling kürzlich ein paar Tage in Guatemala verbracht hat, durfte ein Hinweis im Menü darüber natürlich nicht fehlen.
Die norwegische Jakobsmuschel, ein überragendes Produkt, war meisterhaft gegart und von außergewöhnlichem Geschmack. Hinzu gesellte sich ein Krustentierfond mit etwas Rum und braunem Zucker, der die Muschel ebenbürtig begleitete. Auf einem Extrateller wurde ein kleiner Taco gereicht.
Rehrücken
mit Thaicurrycreme, Ingwer-Hollandaise, Mango & Basilikumjus
Jasminreis, Thaimango, Sanddorn, sind weitere Zutaten für ein grandioses Gericht.
Der Rehrücken, für sich alleine genommen, ist schon tadellos. Hinzu kommen gekonnt ausbalancierte Frucht- und Säurenoten sowie etwas Schärfe, die dem Gericht eine besondere Vielschichtigkeit verleihen.
FAZIT:
Um Kevin Fehling gerecht zu werden, muss man etwas ausholen, mit zwei, drei Worten ist dies nicht getan.
Der Hang zum Perfektionismus, ist sicherlich nicht verwunderlich sondern eher erwartbar. Erkennbare Detailverliebtheit, ohne sich in Kleinteiligkeit zu ergehen und eine doppelte Prise Leidenschaft, so könnte man Kevin Fehling charakterisieren.
Er lässt sich gerne auf Reisen inspirieren, was jedesmal meine Erwartungen und Neugier steigert und er scheut auch keine Experimente bei der Zusammenstellung seiner Kreationen.
Die Produktqualität ist tadellos. Eine Selbstverständlichkeit, die eigentlich einer besonderen Erwähnung nicht bedarf. Nur beste Zutaten garantieren einen Genuss, der sich dem Neuling ebenso leicht erschließt wie dem weitgereisten Gourmet.
Auch das innovative Raumkonzept, man kommt so einfach nicht daran vorbei, trägt zum entspannten Genuss bei und fördert die Kommunikation mit den Tischnachbarn.
Den vollständigen und bebilderten Bericht gibt es wie immer auf www.bsteinmann-gourmet-unterwegs.de